diesen dreyen Dimensionen der Aufmerksamkeit eine gewisse und ziemlich bestimmte Größe nicht überschrei- tet, und bald bey jedem Menschen auf einen beson- dern Grad gesetzet ist.
§. 408.
Wir finden ferner, daß wir besonders bey fort- dauernden Empfindungen, wenn die äußere Ursache in gleichem Grade bleibt, das Bewußtseyn derselben verlieren, theils, weil die Empfindlichkeit der Sin- nen abnimmt, theils, weil wir uns daran gewöhnen. So z. E. verlieren wir das Bewußtseyn des Unter- schiedes der Wärme und Kälte der äußern Luft, wenn wir uns eine Zeitlang darinn aufhalten, und aus diesem Grunde ist der Grad der Wärme, welche wir temperirt nennen, an sich betrachtet, oder nach dem Thermometer gemessen, des Sommers größer, als des Winters. Unser Urtheil von der Helligkeit än- dert sich ebenfalls vom frühen Aufwachen an bis zum Abend, weil die Empfindlichkeit des Auges unter Tagen abnimmt, und auf diese Art kommen uns glei- che Stufen der Morgen- und Abenddämmerung un- gleich helle vor. Das Gehör und die übrigen Sin- nen haben ähnliche Abwechslungen, und wir haben Mühe, selbst die Gedanken lange auf eben dieselbe Sache zu richten, ohne Abwechslungen mit einzu- nehmen.
§. 409.
So fern nun bey allem diesem das Bewußtseyn, dessen Stärke, Ausdehnung und Dauer, theils von den Fibern des Gehirnes, theils von den Empfin- dungsnerven abhängt, oder damit in einer bestän-
digen
XIII. Hauptſtuͤck.
dieſen dreyen Dimenſionen der Aufmerkſamkeit eine gewiſſe und ziemlich beſtimmte Groͤße nicht uͤberſchrei- tet, und bald bey jedem Menſchen auf einen beſon- dern Grad geſetzet iſt.
§. 408.
Wir finden ferner, daß wir beſonders bey fort- dauernden Empfindungen, wenn die aͤußere Urſache in gleichem Grade bleibt, das Bewußtſeyn derſelben verlieren, theils, weil die Empfindlichkeit der Sin- nen abnimmt, theils, weil wir uns daran gewoͤhnen. So z. E. verlieren wir das Bewußtſeyn des Unter- ſchiedes der Waͤrme und Kaͤlte der aͤußern Luft, wenn wir uns eine Zeitlang darinn aufhalten, und aus dieſem Grunde iſt der Grad der Waͤrme, welche wir temperirt nennen, an ſich betrachtet, oder nach dem Thermometer gemeſſen, des Sommers groͤßer, als des Winters. Unſer Urtheil von der Helligkeit aͤn- dert ſich ebenfalls vom fruͤhen Aufwachen an bis zum Abend, weil die Empfindlichkeit des Auges unter Tagen abnimmt, und auf dieſe Art kommen uns glei- che Stufen der Morgen- und Abenddaͤmmerung un- gleich helle vor. Das Gehoͤr und die uͤbrigen Sin- nen haben aͤhnliche Abwechslungen, und wir haben Muͤhe, ſelbſt die Gedanken lange auf eben dieſelbe Sache zu richten, ohne Abwechslungen mit einzu- nehmen.
§. 409.
So fern nun bey allem dieſem das Bewußtſeyn, deſſen Staͤrke, Ausdehnung und Dauer, theils von den Fibern des Gehirnes, theils von den Empfin- dungsnerven abhaͤngt, oder damit in einer beſtaͤn-
digen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0046"n="38"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XIII.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/>
dieſen dreyen Dimenſionen der Aufmerkſamkeit eine<lb/>
gewiſſe und ziemlich beſtimmte Groͤße nicht uͤberſchrei-<lb/>
tet, und bald bey jedem Menſchen auf einen beſon-<lb/>
dern Grad geſetzet iſt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 408.</head><lb/><p>Wir finden ferner, daß wir beſonders bey fort-<lb/>
dauernden Empfindungen, wenn die aͤußere Urſache<lb/>
in gleichem Grade bleibt, das Bewußtſeyn derſelben<lb/>
verlieren, theils, weil die Empfindlichkeit der Sin-<lb/>
nen abnimmt, theils, weil wir uns daran gewoͤhnen.<lb/>
So z. E. verlieren wir das Bewußtſeyn des Unter-<lb/>ſchiedes der Waͤrme und Kaͤlte der aͤußern Luft, wenn<lb/>
wir uns eine Zeitlang darinn aufhalten, und aus<lb/>
dieſem Grunde iſt der Grad der Waͤrme, welche wir<lb/>
temperirt nennen, an ſich betrachtet, oder nach dem<lb/>
Thermometer gemeſſen, des Sommers groͤßer, als<lb/>
des Winters. Unſer Urtheil von der Helligkeit aͤn-<lb/>
dert ſich ebenfalls vom fruͤhen Aufwachen an bis zum<lb/>
Abend, weil die Empfindlichkeit des Auges unter<lb/>
Tagen abnimmt, und auf dieſe Art kommen uns glei-<lb/>
che Stufen der Morgen- und Abenddaͤmmerung un-<lb/>
gleich helle vor. Das Gehoͤr und die uͤbrigen Sin-<lb/>
nen haben aͤhnliche Abwechslungen, und wir haben<lb/>
Muͤhe, ſelbſt die Gedanken lange auf eben dieſelbe<lb/>
Sache zu richten, ohne Abwechslungen mit einzu-<lb/>
nehmen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 409.</head><lb/><p>So fern nun bey allem dieſem das Bewußtſeyn,<lb/>
deſſen Staͤrke, Ausdehnung und Dauer, theils von<lb/>
den Fibern des Gehirnes, theils von den Empfin-<lb/>
dungsnerven abhaͤngt, oder damit in einer beſtaͤn-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">digen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[38/0046]
XIII. Hauptſtuͤck.
dieſen dreyen Dimenſionen der Aufmerkſamkeit eine
gewiſſe und ziemlich beſtimmte Groͤße nicht uͤberſchrei-
tet, und bald bey jedem Menſchen auf einen beſon-
dern Grad geſetzet iſt.
§. 408.
Wir finden ferner, daß wir beſonders bey fort-
dauernden Empfindungen, wenn die aͤußere Urſache
in gleichem Grade bleibt, das Bewußtſeyn derſelben
verlieren, theils, weil die Empfindlichkeit der Sin-
nen abnimmt, theils, weil wir uns daran gewoͤhnen.
So z. E. verlieren wir das Bewußtſeyn des Unter-
ſchiedes der Waͤrme und Kaͤlte der aͤußern Luft, wenn
wir uns eine Zeitlang darinn aufhalten, und aus
dieſem Grunde iſt der Grad der Waͤrme, welche wir
temperirt nennen, an ſich betrachtet, oder nach dem
Thermometer gemeſſen, des Sommers groͤßer, als
des Winters. Unſer Urtheil von der Helligkeit aͤn-
dert ſich ebenfalls vom fruͤhen Aufwachen an bis zum
Abend, weil die Empfindlichkeit des Auges unter
Tagen abnimmt, und auf dieſe Art kommen uns glei-
che Stufen der Morgen- und Abenddaͤmmerung un-
gleich helle vor. Das Gehoͤr und die uͤbrigen Sin-
nen haben aͤhnliche Abwechslungen, und wir haben
Muͤhe, ſelbſt die Gedanken lange auf eben dieſelbe
Sache zu richten, ohne Abwechslungen mit einzu-
nehmen.
§. 409.
So fern nun bey allem dieſem das Bewußtſeyn,
deſſen Staͤrke, Ausdehnung und Dauer, theils von
den Fibern des Gehirnes, theils von den Empfin-
dungsnerven abhaͤngt, oder damit in einer beſtaͤn-
digen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/46>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.