Arten von Größen durch Figuren und krumme Linien vor, ungeachtet diese an sich betrachtet in die Geome- trie gehören, und eben so kann man z. E. die Lehr- sätze von dem Mittelpuncte der Schwere da gebrau- chen, wo von Kräften und Gleichgewicht gar nicht, oder höchstens nur auf eine metaphorische Art, die Rede ist, wie etwann bey der Berechnung der Argu- mente in der Lehre von der Wahrscheinlichkeit, oder bey der Bestimmung des Mittels aus mehrern Ob- servationen, die sämmtlich vom Wahren mehr oder minder abweichen etc.
§. 822.
Die erst erwähnten Classen aber sind vornehmlich folgende. 1°. Jst mit der wirkenden Ursache zugleich auch die Wirkung größer oder kleiner. Man muß aber hiebey zu demjenigen, was man als die wirken- de Ursache ansieht, und welche den ersten Anfang machet, noch alles mitnehmen, was sich theils in den Umständen, theils in der Sache selbst befindet, in welcher die Wirkung vorgeht (§. 594.), weil man sonst leicht mehr in der Wirkung findet als in der Ursache war, und zuweilen, wo nämlich durch besondere Um- stände die Kraft der Ursache unwirksam gemacht wird, eine größere Wirkung erwartet, als in der That erfolget. Man hat diese Betrachtung beson- ders auch als einen Grund mit angegeben, warum man sich mit der bloß philosophischen Erkenntniß nicht so schlechthin begnügen könne, sondern die mathema- tische mitnehmen, und dazu gebrauchen müsse, sich von der Richtigkeit und Vollständigkeit der philoso- phischen zu versichern, (§. 681.). Denn die Ursachen müßten nicht nur in der That Ursachen, sondern be- sonders auch in Absicht auf die Größe, Stärke und
Dauer
XXVIII. Hauptſtuͤck.
Arten von Groͤßen durch Figuren und krumme Linien vor, ungeachtet dieſe an ſich betrachtet in die Geome- trie gehoͤren, und eben ſo kann man z. E. die Lehr- ſaͤtze von dem Mittelpuncte der Schwere da gebrau- chen, wo von Kraͤften und Gleichgewicht gar nicht, oder hoͤchſtens nur auf eine metaphoriſche Art, die Rede iſt, wie etwann bey der Berechnung der Argu- mente in der Lehre von der Wahrſcheinlichkeit, oder bey der Beſtimmung des Mittels aus mehrern Ob- ſervationen, die ſaͤmmtlich vom Wahren mehr oder minder abweichen ꝛc.
§. 822.
Die erſt erwaͤhnten Claſſen aber ſind vornehmlich folgende. 1°. Jſt mit der wirkenden Urſache zugleich auch die Wirkung groͤßer oder kleiner. Man muß aber hiebey zu demjenigen, was man als die wirken- de Urſache anſieht, und welche den erſten Anfang machet, noch alles mitnehmen, was ſich theils in den Umſtaͤnden, theils in der Sache ſelbſt befindet, in welcher die Wirkung vorgeht (§. 594.), weil man ſonſt leicht mehr in der Wirkung findet als in der Urſache war, und zuweilen, wo naͤmlich durch beſondere Um- ſtaͤnde die Kraft der Urſache unwirkſam gemacht wird, eine groͤßere Wirkung erwartet, als in der That erfolget. Man hat dieſe Betrachtung beſon- ders auch als einen Grund mit angegeben, warum man ſich mit der bloß philoſophiſchen Erkenntniß nicht ſo ſchlechthin begnuͤgen koͤnne, ſondern die mathema- tiſche mitnehmen, und dazu gebrauchen muͤſſe, ſich von der Richtigkeit und Vollſtaͤndigkeit der philoſo- phiſchen zu verſichern, (§. 681.). Denn die Urſachen muͤßten nicht nur in der That Urſachen, ſondern be- ſonders auch in Abſicht auf die Groͤße, Staͤrke und
Dauer
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XXVIII. Hauptſtuͤck.
Arten von Groͤßen durch Figuren und krumme Linien
vor, ungeachtet dieſe an ſich betrachtet in die Geome-
trie gehoͤren, und eben ſo kann man z. E. die Lehr-
ſaͤtze von dem Mittelpuncte der Schwere da gebrau-
chen, wo von Kraͤften und Gleichgewicht gar nicht,
oder hoͤchſtens nur auf eine metaphoriſche Art, die
Rede iſt, wie etwann bey der Berechnung der Argu-
mente in der Lehre von der Wahrſcheinlichkeit, oder
bey der Beſtimmung des Mittels aus mehrern Ob-
ſervationen, die ſaͤmmtlich vom Wahren mehr oder
minder abweichen ꝛc.
§. 822.
Die erſt erwaͤhnten Claſſen aber ſind vornehmlich
folgende. 1°. Jſt mit der wirkenden Urſache zugleich
auch die Wirkung groͤßer oder kleiner. Man muß
aber hiebey zu demjenigen, was man als die wirken-
de Urſache anſieht, und welche den erſten Anfang
machet, noch alles mitnehmen, was ſich theils in
den Umſtaͤnden, theils in der Sache ſelbſt befindet, in
welcher die Wirkung vorgeht (§. 594.), weil man ſonſt
leicht mehr in der Wirkung findet als in der Urſache
war, und zuweilen, wo naͤmlich durch beſondere Um-
ſtaͤnde die Kraft der Urſache unwirkſam gemacht
wird, eine groͤßere Wirkung erwartet, als in der
That erfolget. Man hat dieſe Betrachtung beſon-
ders auch als einen Grund mit angegeben, warum
man ſich mit der bloß philoſophiſchen Erkenntniß nicht
ſo ſchlechthin begnuͤgen koͤnne, ſondern die mathema-
tiſche mitnehmen, und dazu gebrauchen muͤſſe, ſich
von der Richtigkeit und Vollſtaͤndigkeit der philoſo-
phiſchen zu verſichern, (§. 681.). Denn die Urſachen
muͤßten nicht nur in der That Urſachen, ſondern be-
ſonders auch in Abſicht auf die Groͤße, Staͤrke und
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/456>, abgerufen am 21.11.2024.
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