Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XXVII. Hauptstück.
wie wir dieses bereits in dem §. 685. angemerket ha-
ben. Unterläßt man dieses, so kann man sich leicht
Möglichkeiten einbilden, wo keine sind, und z. E.
nach Anleitung des in dem §. 697. angeführten Sa-
tzes von der Bewegung den Schluß ziehen, daß die
Bewegung eines Körpers desto größer sey, nach je
mehrern Directionen oder Gegenden derselbe zugleich
läuft, oder daß eine Kraft größere Wirkung hervor-
bringe, welche zugleich mehr als einmal angewandt
wird. Solche Schlüsse aber sind bloß symbolisch und
ohne Bedeutung.

§. 787.

Es löset sich aber die Frage von dem, was aus-
meßbar ist, eigentlich in die erst erwähnten einfa-
chern Fragen auf, weil, wo diese vorkommen, theils
eine bloße Abzählung, theils auch eine wirkliche Aus-
messung vorkommen kann, und weil dieselben zugleich
anzeigen, wobey und wie beydes vorzunehmen ist,
wenn sie einmal richtig und da angebracht sind, wo
sie angebracht werden sollen und können. (Dianoiol.
§. 427.). Es beut aber die Sprache mehrere An-
lässe an, wobey die Bedeutung dieser Fragen ver-
menget wird. Man fraget z. E. etwann, wie stark
ein Regiment, eine Compagnie, ein Bataillon sey?
Diese Frage will dem gemeinen Gebrauch zu reden
nach nicht mehr sagen, als aus wie viel Mannschaft
es bestehe? Jn dem historischen Ausdrucke: es ent-
stund eine große Bewegung, wird die Größe der
Bewegung in einem viel verwickeltern Verstande ge-
nommen, als man es in der Mechanic nimmt, wo
man das Product aus der Masse in die Geschwindig-
keit dadurch versteht, wobey von Lermen, Tumult,
Aufstand, Erbitterung etc. gar nicht die Rede ist.

So

XXVII. Hauptſtuͤck.
wie wir dieſes bereits in dem §. 685. angemerket ha-
ben. Unterlaͤßt man dieſes, ſo kann man ſich leicht
Moͤglichkeiten einbilden, wo keine ſind, und z. E.
nach Anleitung des in dem §. 697. angefuͤhrten Sa-
tzes von der Bewegung den Schluß ziehen, daß die
Bewegung eines Koͤrpers deſto groͤßer ſey, nach je
mehrern Directionen oder Gegenden derſelbe zugleich
laͤuft, oder daß eine Kraft groͤßere Wirkung hervor-
bringe, welche zugleich mehr als einmal angewandt
wird. Solche Schluͤſſe aber ſind bloß ſymboliſch und
ohne Bedeutung.

§. 787.

Es loͤſet ſich aber die Frage von dem, was aus-
meßbar iſt, eigentlich in die erſt erwaͤhnten einfa-
chern Fragen auf, weil, wo dieſe vorkommen, theils
eine bloße Abzaͤhlung, theils auch eine wirkliche Aus-
meſſung vorkommen kann, und weil dieſelben zugleich
anzeigen, wobey und wie beydes vorzunehmen iſt,
wenn ſie einmal richtig und da angebracht ſind, wo
ſie angebracht werden ſollen und koͤnnen. (Dianoiol.
§. 427.). Es beut aber die Sprache mehrere An-
laͤſſe an, wobey die Bedeutung dieſer Fragen ver-
menget wird. Man fraget z. E. etwann, wie ſtark
ein Regiment, eine Compagnie, ein Bataillon ſey?
Dieſe Frage will dem gemeinen Gebrauch zu reden
nach nicht mehr ſagen, als aus wie viel Mannſchaft
es beſtehe? Jn dem hiſtoriſchen Ausdrucke: es ent-
ſtund eine große Bewegung, wird die Groͤße der
Bewegung in einem viel verwickeltern Verſtande ge-
nommen, als man es in der Mechanic nimmt, wo
man das Product aus der Maſſe in die Geſchwindig-
keit dadurch verſteht, wobey von Lermen, Tumult,
Aufſtand, Erbitterung ꝛc. gar nicht die Rede iſt.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0418" n="410"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
wie wir die&#x017F;es bereits in dem §. 685. angemerket ha-<lb/>
ben. Unterla&#x0364;ßt man die&#x017F;es, &#x017F;o kann man &#x017F;ich leicht<lb/>
Mo&#x0364;glichkeiten einbilden, wo keine &#x017F;ind, und z. E.<lb/>
nach Anleitung des in dem §. 697. angefu&#x0364;hrten Sa-<lb/>
tzes von der Bewegung den Schluß ziehen, daß die<lb/>
Bewegung eines Ko&#x0364;rpers de&#x017F;to gro&#x0364;ßer &#x017F;ey, nach je<lb/>
mehrern Directionen oder Gegenden der&#x017F;elbe zugleich<lb/>
la&#x0364;uft, oder daß eine Kraft gro&#x0364;ßere Wirkung hervor-<lb/>
bringe, welche zugleich mehr als einmal angewandt<lb/>
wird. Solche Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aber &#x017F;ind bloß &#x017F;ymboli&#x017F;ch und<lb/>
ohne Bedeutung.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 787.</head><lb/>
            <p>Es lo&#x0364;&#x017F;et &#x017F;ich aber die Frage von dem, was aus-<lb/>
meßbar i&#x017F;t, eigentlich in die er&#x017F;t erwa&#x0364;hnten einfa-<lb/>
chern Fragen auf, weil, wo die&#x017F;e vorkommen, theils<lb/>
eine bloße Abza&#x0364;hlung, theils auch eine wirkliche Aus-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;ung vorkommen kann, und weil die&#x017F;elben zugleich<lb/>
anzeigen, wobey und wie beydes vorzunehmen i&#x017F;t,<lb/>
wenn &#x017F;ie einmal richtig und da angebracht &#x017F;ind, wo<lb/>
&#x017F;ie angebracht werden &#x017F;ollen und ko&#x0364;nnen. (Dianoiol.<lb/>
§. 427.). Es beut aber die Sprache mehrere An-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e an, wobey die Bedeutung die&#x017F;er Fragen ver-<lb/>
menget wird. Man fraget z. E. etwann, <hi rendition="#fr">wie &#x017F;tark</hi><lb/>
ein Regiment, eine Compagnie, ein Bataillon &#x017F;ey?<lb/>
Die&#x017F;e Frage will dem gemeinen Gebrauch zu reden<lb/>
nach nicht mehr &#x017F;agen, als aus <hi rendition="#fr">wie viel</hi> Mann&#x017F;chaft<lb/>
es be&#x017F;tehe? Jn dem hi&#x017F;tori&#x017F;chen Ausdrucke: es ent-<lb/>
&#x017F;tund eine <hi rendition="#fr">große Bewegung,</hi> wird die Gro&#x0364;ße der<lb/>
Bewegung in einem viel verwickeltern Ver&#x017F;tande ge-<lb/>
nommen, als man es in der Mechanic nimmt, wo<lb/>
man das Product aus der Ma&#x017F;&#x017F;e in die Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit dadurch ver&#x017F;teht, wobey von Lermen, Tumult,<lb/>
Auf&#x017F;tand, Erbitterung &#xA75B;c. gar nicht die Rede i&#x017F;t.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[410/0418] XXVII. Hauptſtuͤck. wie wir dieſes bereits in dem §. 685. angemerket ha- ben. Unterlaͤßt man dieſes, ſo kann man ſich leicht Moͤglichkeiten einbilden, wo keine ſind, und z. E. nach Anleitung des in dem §. 697. angefuͤhrten Sa- tzes von der Bewegung den Schluß ziehen, daß die Bewegung eines Koͤrpers deſto groͤßer ſey, nach je mehrern Directionen oder Gegenden derſelbe zugleich laͤuft, oder daß eine Kraft groͤßere Wirkung hervor- bringe, welche zugleich mehr als einmal angewandt wird. Solche Schluͤſſe aber ſind bloß ſymboliſch und ohne Bedeutung. §. 787. Es loͤſet ſich aber die Frage von dem, was aus- meßbar iſt, eigentlich in die erſt erwaͤhnten einfa- chern Fragen auf, weil, wo dieſe vorkommen, theils eine bloße Abzaͤhlung, theils auch eine wirkliche Aus- meſſung vorkommen kann, und weil dieſelben zugleich anzeigen, wobey und wie beydes vorzunehmen iſt, wenn ſie einmal richtig und da angebracht ſind, wo ſie angebracht werden ſollen und koͤnnen. (Dianoiol. §. 427.). Es beut aber die Sprache mehrere An- laͤſſe an, wobey die Bedeutung dieſer Fragen ver- menget wird. Man fraget z. E. etwann, wie ſtark ein Regiment, eine Compagnie, ein Bataillon ſey? Dieſe Frage will dem gemeinen Gebrauch zu reden nach nicht mehr ſagen, als aus wie viel Mannſchaft es beſtehe? Jn dem hiſtoriſchen Ausdrucke: es ent- ſtund eine große Bewegung, wird die Groͤße der Bewegung in einem viel verwickeltern Verſtande ge- nommen, als man es in der Mechanic nimmt, wo man das Product aus der Maſſe in die Geſchwindig- keit dadurch verſteht, wobey von Lermen, Tumult, Aufſtand, Erbitterung ꝛc. gar nicht die Rede iſt. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/418
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/418>, abgerufen am 21.12.2024.