Wir haben nun allerdings in den meisten übrigen Fällen die Schicklichkeit nicht, daß wir die Größen so an einander legen könnten, wie die Linien in der Geometrie, und dieses machet, daß wir andere Mit- tel zu ihrer Vergleichung, und daher andere Arten von Maaßstäben gebrauchen und aufsuchen müssen. Denn so z. E. mag das vorhin (§. 770.) angezeigte ideale Aufeinanderpassen der Theile der Zeit uns nach aller geometrischen Schärfe den Begriff von ihrer Gleichheit angeben. Soll aber die Zeit gemessen werden, so müssen wir die Bewegung dazu gebrau- chen (§. 765.), als welche uns bey gleicher Geschwin- digkeit die Theile der Zeit durch die Theile des durch- laufenen Raumes vorstellet, bey den Pendulen aber die Einheiten durch ihre Schwankungen vorzählet. Daher entstehen sodann die verschiedenen Arten von Maaßstäben, die wir in den vorhergehenden Absä- tzen in Classen gebracht und durch Beyspiele erläutert haben, (§. 761-767.). Die meisten davon sind von der Art, daß zwo Größen gleich sind, wenn zwo an- dere Größen gleich sind, oder wenn sie bey einer und eben derselben gleichen Größe vorkommen. Jn vie- len Fällen müssen wir die Schätzung der Gleichheit schlechthin nur auf die Empfindung ankommen lassen, bis sich etwas Ausmeßbares findet, dessen Größe sich nach der vorgegebenen Größe richtet.
§. 775.
Die bisherigen Betrachtungen (§. 768-776.) ge- hen nun vornehmlich darauf, daß sie angeben, wor- an sich die Gleichheit zwoer Größen erkennen lasse, die von einerley Art sind. Dieses ist aber nur der Anfang zu den im §. 767. vorgelegten Fragen. Denn wenn die Größen, die man gegen einander zu halten
hat,
XXVI. Hauptſtuͤck.
§. 774.
Wir haben nun allerdings in den meiſten uͤbrigen Faͤllen die Schicklichkeit nicht, daß wir die Groͤßen ſo an einander legen koͤnnten, wie die Linien in der Geometrie, und dieſes machet, daß wir andere Mit- tel zu ihrer Vergleichung, und daher andere Arten von Maaßſtaͤben gebrauchen und aufſuchen muͤſſen. Denn ſo z. E. mag das vorhin (§. 770.) angezeigte ideale Aufeinanderpaſſen der Theile der Zeit uns nach aller geometriſchen Schaͤrfe den Begriff von ihrer Gleichheit angeben. Soll aber die Zeit gemeſſen werden, ſo muͤſſen wir die Bewegung dazu gebrau- chen (§. 765.), als welche uns bey gleicher Geſchwin- digkeit die Theile der Zeit durch die Theile des durch- laufenen Raumes vorſtellet, bey den Pendulen aber die Einheiten durch ihre Schwankungen vorzaͤhlet. Daher entſtehen ſodann die verſchiedenen Arten von Maaßſtaͤben, die wir in den vorhergehenden Abſaͤ- tzen in Claſſen gebracht und durch Beyſpiele erlaͤutert haben, (§. 761-767.). Die meiſten davon ſind von der Art, daß zwo Groͤßen gleich ſind, wenn zwo an- dere Groͤßen gleich ſind, oder wenn ſie bey einer und eben derſelben gleichen Groͤße vorkommen. Jn vie- len Faͤllen muͤſſen wir die Schaͤtzung der Gleichheit ſchlechthin nur auf die Empfindung ankommen laſſen, bis ſich etwas Ausmeßbares findet, deſſen Groͤße ſich nach der vorgegebenen Groͤße richtet.
§. 775.
Die bisherigen Betrachtungen (§. 768-776.) ge- hen nun vornehmlich darauf, daß ſie angeben, wor- an ſich die Gleichheit zwoer Groͤßen erkennen laſſe, die von einerley Art ſind. Dieſes iſt aber nur der Anfang zu den im §. 767. vorgelegten Fragen. Denn wenn die Groͤßen, die man gegen einander zu halten
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XXVI. Hauptſtuͤck.
§. 774.
Wir haben nun allerdings in den meiſten uͤbrigen
Faͤllen die Schicklichkeit nicht, daß wir die Groͤßen
ſo an einander legen koͤnnten, wie die Linien in der
Geometrie, und dieſes machet, daß wir andere Mit-
tel zu ihrer Vergleichung, und daher andere Arten
von Maaßſtaͤben gebrauchen und aufſuchen muͤſſen.
Denn ſo z. E. mag das vorhin (§. 770.) angezeigte
ideale Aufeinanderpaſſen der Theile der Zeit uns nach
aller geometriſchen Schaͤrfe den Begriff von ihrer
Gleichheit angeben. Soll aber die Zeit gemeſſen
werden, ſo muͤſſen wir die Bewegung dazu gebrau-
chen (§. 765.), als welche uns bey gleicher Geſchwin-
digkeit die Theile der Zeit durch die Theile des durch-
laufenen Raumes vorſtellet, bey den Pendulen aber
die Einheiten durch ihre Schwankungen vorzaͤhlet.
Daher entſtehen ſodann die verſchiedenen Arten von
Maaßſtaͤben, die wir in den vorhergehenden Abſaͤ-
tzen in Claſſen gebracht und durch Beyſpiele erlaͤutert
haben, (§. 761-767.). Die meiſten davon ſind von
der Art, daß zwo Groͤßen gleich ſind, wenn zwo an-
dere Groͤßen gleich ſind, oder wenn ſie bey einer und
eben derſelben gleichen Groͤße vorkommen. Jn vie-
len Faͤllen muͤſſen wir die Schaͤtzung der Gleichheit
ſchlechthin nur auf die Empfindung ankommen laſſen,
bis ſich etwas Ausmeßbares findet, deſſen Groͤße ſich
nach der vorgegebenen Groͤße richtet.
§. 775.
Die bisherigen Betrachtungen (§. 768-776.) ge-
hen nun vornehmlich darauf, daß ſie angeben, wor-
an ſich die Gleichheit zwoer Groͤßen erkennen laſſe,
die von einerley Art ſind. Dieſes iſt aber nur der
Anfang zu den im §. 767. vorgelegten Fragen. Denn
wenn die Groͤßen, die man gegen einander zu halten
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/404>, abgerufen am 21.11.2024.
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