aber bestimmt bey allem diesem das genaue Maaß von ihrer Größe, und daher besonders auch das zu- reichende dabey. Wir könnten die beyden letztern Erkenntnisse zusammengenommen, wissenschaftlich nennen, und so haben wir sie auch in dem letzten Hauptstücke der Dianoiologie betrachtet, und theils ihren Unterschied und Vorzug vor der gemeinen oder bloß historischen Erkenntniß gezeiget, theils auch angegeben, was zu thun sey, wenn man Stücke der gemeinen Erkenntniß in eine wissenschaftliche ver- wandeln will. Sofern man aber die philosophische Erkenntniß der mathematischen entgegen setzet, da abstrahirt man bey der erstern von allem, was Größe und Ausmessung heißt, und machet gleichsam aus dem Philosophen das, was man purus putus Philo- sophus nennet, und eben so wird auch der Mathema- tiker eingeschränket, wenn man demselben nichts als die bloße Größe zu betrachten überläßt, und ihm außer der Rechenkunst und Analyse nichts zur An- wendung seiner Erkenntniß überläßt.
§. 682.
Dieser Unterschied findet sich zuweilen bey den Ge- lehrten ziemlich wirklich. Man findet etwann Phi- losophen ohne alle Kenntniß der Mathematik, und hinwiederum Mathematiker ohne philosophische Er- kenntniß. Das Phänomenon, das sich dabey ge- wöhnlich eräugnet, ist nicht nur, daß es keinem recht gelingt, wenn er sich in das Gebieth des andern hin- ein waget, sondern, daß einer den andern zurücke weiset, und daß die Lücken, die der eine in der Er- kenntniß des andern ausfüllen sollte, unausgefüllet bleiben, und damit ist weder der Philosophie noch der Mathematik, der Wahrheit aber durchaus nicht
gedienet.
Das Allgemeine der Groͤße.
aber beſtimmt bey allem dieſem das genaue Maaß von ihrer Groͤße, und daher beſonders auch das zu- reichende dabey. Wir koͤnnten die beyden letztern Erkenntniſſe zuſammengenommen, wiſſenſchaftlich nennen, und ſo haben wir ſie auch in dem letzten Hauptſtuͤcke der Dianoiologie betrachtet, und theils ihren Unterſchied und Vorzug vor der gemeinen oder bloß hiſtoriſchen Erkenntniß gezeiget, theils auch angegeben, was zu thun ſey, wenn man Stuͤcke der gemeinen Erkenntniß in eine wiſſenſchaftliche ver- wandeln will. Sofern man aber die philoſophiſche Erkenntniß der mathematiſchen entgegen ſetzet, da abſtrahirt man bey der erſtern von allem, was Groͤße und Ausmeſſung heißt, und machet gleichſam aus dem Philoſophen das, was man purus putus Philo- ſophus nennet, und eben ſo wird auch der Mathema- tiker eingeſchraͤnket, wenn man demſelben nichts als die bloße Groͤße zu betrachten uͤberlaͤßt, und ihm außer der Rechenkunſt und Analyſe nichts zur An- wendung ſeiner Erkenntniß uͤberlaͤßt.
§. 682.
Dieſer Unterſchied findet ſich zuweilen bey den Ge- lehrten ziemlich wirklich. Man findet etwann Phi- loſophen ohne alle Kenntniß der Mathematik, und hinwiederum Mathematiker ohne philoſophiſche Er- kenntniß. Das Phaͤnomenon, das ſich dabey ge- woͤhnlich eraͤugnet, iſt nicht nur, daß es keinem recht gelingt, wenn er ſich in das Gebieth des andern hin- ein waget, ſondern, daß einer den andern zuruͤcke weiſet, und daß die Luͤcken, die der eine in der Er- kenntniß des andern ausfuͤllen ſollte, unausgefuͤllet bleiben, und damit iſt weder der Philoſophie noch der Mathematik, der Wahrheit aber durchaus nicht
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Das Allgemeine der Groͤße.
aber beſtimmt bey allem dieſem das genaue Maaß
von ihrer Groͤße, und daher beſonders auch das zu-
reichende dabey. Wir koͤnnten die beyden letztern
Erkenntniſſe zuſammengenommen, wiſſenſchaftlich
nennen, und ſo haben wir ſie auch in dem letzten
Hauptſtuͤcke der Dianoiologie betrachtet, und theils
ihren Unterſchied und Vorzug vor der gemeinen oder
bloß hiſtoriſchen Erkenntniß gezeiget, theils auch
angegeben, was zu thun ſey, wenn man Stuͤcke der
gemeinen Erkenntniß in eine wiſſenſchaftliche ver-
wandeln will. Sofern man aber die philoſophiſche
Erkenntniß der mathematiſchen entgegen ſetzet, da
abſtrahirt man bey der erſtern von allem, was Groͤße
und Ausmeſſung heißt, und machet gleichſam aus
dem Philoſophen das, was man purus putus Philo-
ſophus nennet, und eben ſo wird auch der Mathema-
tiker eingeſchraͤnket, wenn man demſelben nichts als
die bloße Groͤße zu betrachten uͤberlaͤßt, und ihm
außer der Rechenkunſt und Analyſe nichts zur An-
wendung ſeiner Erkenntniß uͤberlaͤßt.
§. 682.
Dieſer Unterſchied findet ſich zuweilen bey den Ge-
lehrten ziemlich wirklich. Man findet etwann Phi-
loſophen ohne alle Kenntniß der Mathematik, und
hinwiederum Mathematiker ohne philoſophiſche Er-
kenntniß. Das Phaͤnomenon, das ſich dabey ge-
woͤhnlich eraͤugnet, iſt nicht nur, daß es keinem recht
gelingt, wenn er ſich in das Gebieth des andern hin-
ein waget, ſondern, daß einer den andern zuruͤcke
weiſet, und daß die Luͤcken, die der eine in der Er-
kenntniß des andern ausfuͤllen ſollte, unausgefuͤllet
bleiben, und damit iſt weder der Philoſophie noch
der Mathematik, der Wahrheit aber durchaus nicht
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/311>, abgerufen am 22.02.2025.
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