Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeichen und Bedeutungen.
auch länger, und vermengen sich in den allgemeinen
Lauf der Dinge. Hingegen ist diese Vorbereitung
nicht immer sichtbar. Denn so hat man, meines
Wissens, noch kein Zeichen oder Spur der Vorbe-
reitung zu einem bevorstehenden Erdbeben ausfündig
gemacht, ungeachtet kaum zu zweifeln ist, daß die
wirkenden Ursachen dabey sich nicht nach und nach
aufhäufen sollten, bis endlich die Sache zum Aus-
bruche kömmt, (§. 285. N°. 8. §. 220. N°. 4.).

§. 661.

Findet man nun aus der Erfahrung, daß eine Sa-
che oder Veränderung immer oder wenigstens die mei-
sten male auf eine andere folge (§. 655.), so kann die
eine als ein Zeichen von der andern angesehen wer-
den, und welche davon man in jedem Falle vor sich
findet, so läßt sich mit völliger oder wenigstens mit
einem bestimmten Grade der Gewißheit auf die an-
dere schließen. Wie fern hingegen eine die Ursache
der andern sey, oder ob sie eine gemeinsame Ursache
haben (§. 658.), das ist eine andere Frage. So fern
man aber wirklich beyde etwas umständlicher kennet,
kann man sie nach den oben (§. 593. seqq.) angege-
benen Erfordernissen und Kennzeichen der Ursachen
mit einander vergleichen. Die Bedingungen, daß
die Wirkung der Ursache ähnlich sey (§. 593.), daß
in der Wirkung nicht mehr seyn könne, als in der
Ursache (§. 594.), daß die völlige Wirkung den ge-
sammten wirkenden Kräften gleich, und von einerley
Form sey (§. 596.), daß die Wirkung nicht besser sey,
als die Ursache (§. 597.), daß die Ursache der Wir-
kung vorgehe (§. 598.) etc., können hiebey allerdings
dienen, um zu sehen, ob von den zwo vorgegebenen
Sachen eine die Ursache der andern sey, ob sie die

völlige

Zeichen und Bedeutungen.
auch laͤnger, und vermengen ſich in den allgemeinen
Lauf der Dinge. Hingegen iſt dieſe Vorbereitung
nicht immer ſichtbar. Denn ſo hat man, meines
Wiſſens, noch kein Zeichen oder Spur der Vorbe-
reitung zu einem bevorſtehenden Erdbeben ausfuͤndig
gemacht, ungeachtet kaum zu zweifeln iſt, daß die
wirkenden Urſachen dabey ſich nicht nach und nach
aufhaͤufen ſollten, bis endlich die Sache zum Aus-
bruche koͤmmt, (§. 285. N°. 8. §. 220. N°. 4.).

§. 661.

Findet man nun aus der Erfahrung, daß eine Sa-
che oder Veraͤnderung immer oder wenigſtens die mei-
ſten male auf eine andere folge (§. 655.), ſo kann die
eine als ein Zeichen von der andern angeſehen wer-
den, und welche davon man in jedem Falle vor ſich
findet, ſo laͤßt ſich mit voͤlliger oder wenigſtens mit
einem beſtimmten Grade der Gewißheit auf die an-
dere ſchließen. Wie fern hingegen eine die Urſache
der andern ſey, oder ob ſie eine gemeinſame Urſache
haben (§. 658.), das iſt eine andere Frage. So fern
man aber wirklich beyde etwas umſtaͤndlicher kennet,
kann man ſie nach den oben (§. 593. ſeqq.) angege-
benen Erforderniſſen und Kennzeichen der Urſachen
mit einander vergleichen. Die Bedingungen, daß
die Wirkung der Urſache aͤhnlich ſey (§. 593.), daß
in der Wirkung nicht mehr ſeyn koͤnne, als in der
Urſache (§. 594.), daß die voͤllige Wirkung den ge-
ſammten wirkenden Kraͤften gleich, und von einerley
Form ſey (§. 596.), daß die Wirkung nicht beſſer ſey,
als die Urſache (§. 597.), daß die Urſache der Wir-
kung vorgehe (§. 598.) ꝛc., koͤnnen hiebey allerdings
dienen, um zu ſehen, ob von den zwo vorgegebenen
Sachen eine die Urſache der andern ſey, ob ſie die

voͤllige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="287"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zeichen und Bedeutungen.</hi></fw><lb/>
auch la&#x0364;nger, und vermengen &#x017F;ich in den allgemeinen<lb/>
Lauf der Dinge. Hingegen i&#x017F;t die&#x017F;e Vorbereitung<lb/>
nicht immer &#x017F;ichtbar. Denn &#x017F;o hat man, meines<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;ens, noch kein Zeichen oder Spur der Vorbe-<lb/>
reitung zu einem bevor&#x017F;tehenden Erdbeben ausfu&#x0364;ndig<lb/>
gemacht, ungeachtet kaum zu zweifeln i&#x017F;t, daß die<lb/>
wirkenden Ur&#x017F;achen dabey &#x017F;ich nicht nach und nach<lb/>
aufha&#x0364;ufen &#x017F;ollten, bis endlich die Sache zum Aus-<lb/>
bruche ko&#x0364;mmt, (§. 285. <hi rendition="#aq">N°.</hi> 8. §. 220. <hi rendition="#aq">N°.</hi> 4.).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 661.</head><lb/>
            <p>Findet man nun aus der Erfahrung, daß eine Sa-<lb/>
che oder Vera&#x0364;nderung immer oder wenig&#x017F;tens die mei-<lb/>
&#x017F;ten male auf eine andere folge (§. 655.), &#x017F;o kann die<lb/>
eine als ein Zeichen von der andern ange&#x017F;ehen wer-<lb/>
den, und welche davon man in jedem Falle vor &#x017F;ich<lb/>
findet, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich mit vo&#x0364;lliger oder wenig&#x017F;tens mit<lb/>
einem be&#x017F;timmten Grade der Gewißheit auf die an-<lb/>
dere &#x017F;chließen. Wie fern hingegen eine die Ur&#x017F;ache<lb/>
der andern &#x017F;ey, oder ob &#x017F;ie eine gemein&#x017F;ame Ur&#x017F;ache<lb/>
haben (§. 658.), das i&#x017F;t eine andere Frage. So fern<lb/>
man aber wirklich beyde etwas um&#x017F;ta&#x0364;ndlicher kennet,<lb/>
kann man &#x017F;ie nach den oben (§. 593. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi>) angege-<lb/>
benen Erforderni&#x017F;&#x017F;en und Kennzeichen der Ur&#x017F;achen<lb/>
mit einander vergleichen. Die Bedingungen, daß<lb/>
die Wirkung der Ur&#x017F;ache a&#x0364;hnlich &#x017F;ey (§. 593.), daß<lb/>
in der Wirkung nicht mehr &#x017F;eyn ko&#x0364;nne, als in der<lb/>
Ur&#x017F;ache (§. 594.), daß die vo&#x0364;llige Wirkung den ge-<lb/>
&#x017F;ammten wirkenden Kra&#x0364;ften gleich, und von einerley<lb/>
Form &#x017F;ey (§. 596.), daß die Wirkung nicht be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey,<lb/>
als die Ur&#x017F;ache (§. 597.), daß die Ur&#x017F;ache der Wir-<lb/>
kung vorgehe (§. 598.) &#xA75B;c., ko&#x0364;nnen hiebey allerdings<lb/>
dienen, um zu &#x017F;ehen, ob von den zwo vorgegebenen<lb/>
Sachen eine die Ur&#x017F;ache der andern &#x017F;ey, ob &#x017F;ie die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vo&#x0364;llige</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0295] Zeichen und Bedeutungen. auch laͤnger, und vermengen ſich in den allgemeinen Lauf der Dinge. Hingegen iſt dieſe Vorbereitung nicht immer ſichtbar. Denn ſo hat man, meines Wiſſens, noch kein Zeichen oder Spur der Vorbe- reitung zu einem bevorſtehenden Erdbeben ausfuͤndig gemacht, ungeachtet kaum zu zweifeln iſt, daß die wirkenden Urſachen dabey ſich nicht nach und nach aufhaͤufen ſollten, bis endlich die Sache zum Aus- bruche koͤmmt, (§. 285. N°. 8. §. 220. N°. 4.). §. 661. Findet man nun aus der Erfahrung, daß eine Sa- che oder Veraͤnderung immer oder wenigſtens die mei- ſten male auf eine andere folge (§. 655.), ſo kann die eine als ein Zeichen von der andern angeſehen wer- den, und welche davon man in jedem Falle vor ſich findet, ſo laͤßt ſich mit voͤlliger oder wenigſtens mit einem beſtimmten Grade der Gewißheit auf die an- dere ſchließen. Wie fern hingegen eine die Urſache der andern ſey, oder ob ſie eine gemeinſame Urſache haben (§. 658.), das iſt eine andere Frage. So fern man aber wirklich beyde etwas umſtaͤndlicher kennet, kann man ſie nach den oben (§. 593. ſeqq.) angege- benen Erforderniſſen und Kennzeichen der Urſachen mit einander vergleichen. Die Bedingungen, daß die Wirkung der Urſache aͤhnlich ſey (§. 593.), daß in der Wirkung nicht mehr ſeyn koͤnne, als in der Urſache (§. 594.), daß die voͤllige Wirkung den ge- ſammten wirkenden Kraͤften gleich, und von einerley Form ſey (§. 596.), daß die Wirkung nicht beſſer ſey, als die Urſache (§. 597.), daß die Urſache der Wir- kung vorgehe (§. 598.) ꝛc., koͤnnen hiebey allerdings dienen, um zu ſehen, ob von den zwo vorgegebenen Sachen eine die Urſache der andern ſey, ob ſie die voͤllige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/295
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/295>, abgerufen am 21.11.2024.