einer Substanz schlechthin nur anhängig ist, abstra- hiren, so bleibt das Substantiale allein, und dieses wird bey dem Abstrahiren eigentlich mehr empfun- den, als daß es sich mit mehrern Worten sollte be- schreiben lassen, weil man es eben so, wie die übri- gen einfachen Begriffe, oder das, was sie vorstellen, nur benennen, oder etwann auch nur durch Ver- hältnisse anzeigen kann.
§. 630.
Die Folge, die wir hieraus ziehen, ist, daß so lange der Begriff, den wir uns von dieser oder jener Substanz machen, zusammengesetzt ist, wir dabey noch nicht das Substantiale allein, sondern noch mehr oder minder demselben anhängige Accidenzen, geden- ken, und daß folglich in dieser Absicht betrachtet, von allem, was wir von einer Substanz gedenken können, ein einiges Stücke, nämlich das Substantiale aus- genommen, alle übrigen, Accidenzen genennet wer- den müssen.
§. 631.
Hieraus ergiebt sich nun der Unterschied, den wir zwischen solchen Accidenzen machen müssen, die dem Substantialen nothwendig, schlechthin oder wesentlich anhangen, und zwischen solchen, die davon weg oder anders seyn können. Erstere könnten wir Eigenschaf- ten (Attributa), letztere aber Zufälligkeiten, zufällige Bestimmungen (Modificationes) nennen, wenn diese Wörter nicht eine allgemeinere Bedeutung hätten. Da sie aber nicht nur bey den Begriffen der Substanzen, sondern bey jeden andern vorkommen: so können wir auch nicht Erklärungsweise, sondern nur in Form von allgemein bejahenden aber nicht identischen Sä-
tzen
R 5
Subſtanzen und Accidenzen.
einer Subſtanz ſchlechthin nur anhaͤngig iſt, abſtra- hiren, ſo bleibt das Subſtantiale allein, und dieſes wird bey dem Abſtrahiren eigentlich mehr empfun- den, als daß es ſich mit mehrern Worten ſollte be- ſchreiben laſſen, weil man es eben ſo, wie die uͤbri- gen einfachen Begriffe, oder das, was ſie vorſtellen, nur benennen, oder etwann auch nur durch Ver- haͤltniſſe anzeigen kann.
§. 630.
Die Folge, die wir hieraus ziehen, iſt, daß ſo lange der Begriff, den wir uns von dieſer oder jener Subſtanz machen, zuſammengeſetzt iſt, wir dabey noch nicht das Subſtantiale allein, ſondern noch mehr oder minder demſelben anhaͤngige Accidenzen, geden- ken, und daß folglich in dieſer Abſicht betrachtet, von allem, was wir von einer Subſtanz gedenken koͤnnen, ein einiges Stuͤcke, naͤmlich das Subſtantiale aus- genommen, alle uͤbrigen, Accidenzen genennet wer- den muͤſſen.
§. 631.
Hieraus ergiebt ſich nun der Unterſchied, den wir zwiſchen ſolchen Accidenzen machen muͤſſen, die dem Subſtantialen nothwendig, ſchlechthin oder weſentlich anhangen, und zwiſchen ſolchen, die davon weg oder anders ſeyn koͤnnen. Erſtere koͤnnten wir Eigenſchaf- ten (Attributa), letztere aber Zufaͤlligkeiten, zufaͤllige Beſtimmungen (Modificationes) nennen, wenn dieſe Woͤrter nicht eine allgemeinere Bedeutung haͤtten. Da ſie aber nicht nur bey den Begriffen der Subſtanzen, ſondern bey jeden andern vorkommen: ſo koͤnnen wir auch nicht Erklaͤrungsweiſe, ſondern nur in Form von allgemein bejahenden aber nicht identiſchen Saͤ-
tzen
R 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0273"n="265"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Subſtanzen und Accidenzen.</hi></fw><lb/>
einer Subſtanz ſchlechthin nur anhaͤngig iſt, abſtra-<lb/>
hiren, ſo bleibt das Subſtantiale allein, und dieſes<lb/>
wird bey dem Abſtrahiren eigentlich mehr <hirendition="#fr">empfun-<lb/>
den,</hi> als daß es ſich mit mehrern Worten ſollte <hirendition="#fr">be-<lb/>ſchreiben</hi> laſſen, weil man es eben ſo, wie die uͤbri-<lb/>
gen einfachen Begriffe, oder das, was ſie vorſtellen,<lb/>
nur <hirendition="#fr">benennen,</hi> oder etwann auch nur durch Ver-<lb/>
haͤltniſſe anzeigen kann.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 630.</head><lb/><p>Die Folge, die wir hieraus ziehen, iſt, daß ſo<lb/>
lange der Begriff, den wir uns von dieſer oder jener<lb/>
Subſtanz machen, zuſammengeſetzt iſt, wir dabey<lb/>
noch nicht das Subſtantiale allein, ſondern noch mehr<lb/>
oder minder demſelben anhaͤngige Accidenzen, geden-<lb/>
ken, und daß folglich in dieſer Abſicht betrachtet, von<lb/>
allem, was wir von einer Subſtanz gedenken koͤnnen,<lb/>
ein einiges Stuͤcke, naͤmlich das Subſtantiale aus-<lb/>
genommen, alle uͤbrigen, Accidenzen genennet wer-<lb/>
den muͤſſen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 631.</head><lb/><p>Hieraus ergiebt ſich nun der Unterſchied, den wir<lb/>
zwiſchen ſolchen Accidenzen machen muͤſſen, die dem<lb/>
Subſtantialen nothwendig, ſchlechthin oder weſentlich<lb/>
anhangen, und zwiſchen ſolchen, die davon weg oder<lb/>
anders ſeyn koͤnnen. Erſtere koͤnnten wir Eigenſchaf-<lb/>
ten (<hirendition="#aq">Attributa</hi>), letztere aber Zufaͤlligkeiten, zufaͤllige<lb/>
Beſtimmungen (<hirendition="#aq">Modificationes</hi>) nennen, wenn dieſe<lb/>
Woͤrter nicht eine allgemeinere Bedeutung haͤtten. Da<lb/>ſie aber nicht nur bey den Begriffen der Subſtanzen,<lb/>ſondern bey jeden andern vorkommen: ſo koͤnnen wir<lb/>
auch nicht Erklaͤrungsweiſe, ſondern nur in Form<lb/>
von allgemein bejahenden aber nicht identiſchen Saͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">tzen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0273]
Subſtanzen und Accidenzen.
einer Subſtanz ſchlechthin nur anhaͤngig iſt, abſtra-
hiren, ſo bleibt das Subſtantiale allein, und dieſes
wird bey dem Abſtrahiren eigentlich mehr empfun-
den, als daß es ſich mit mehrern Worten ſollte be-
ſchreiben laſſen, weil man es eben ſo, wie die uͤbri-
gen einfachen Begriffe, oder das, was ſie vorſtellen,
nur benennen, oder etwann auch nur durch Ver-
haͤltniſſe anzeigen kann.
§. 630.
Die Folge, die wir hieraus ziehen, iſt, daß ſo
lange der Begriff, den wir uns von dieſer oder jener
Subſtanz machen, zuſammengeſetzt iſt, wir dabey
noch nicht das Subſtantiale allein, ſondern noch mehr
oder minder demſelben anhaͤngige Accidenzen, geden-
ken, und daß folglich in dieſer Abſicht betrachtet, von
allem, was wir von einer Subſtanz gedenken koͤnnen,
ein einiges Stuͤcke, naͤmlich das Subſtantiale aus-
genommen, alle uͤbrigen, Accidenzen genennet wer-
den muͤſſen.
§. 631.
Hieraus ergiebt ſich nun der Unterſchied, den wir
zwiſchen ſolchen Accidenzen machen muͤſſen, die dem
Subſtantialen nothwendig, ſchlechthin oder weſentlich
anhangen, und zwiſchen ſolchen, die davon weg oder
anders ſeyn koͤnnen. Erſtere koͤnnten wir Eigenſchaf-
ten (Attributa), letztere aber Zufaͤlligkeiten, zufaͤllige
Beſtimmungen (Modificationes) nennen, wenn dieſe
Woͤrter nicht eine allgemeinere Bedeutung haͤtten. Da
ſie aber nicht nur bey den Begriffen der Subſtanzen,
ſondern bey jeden andern vorkommen: ſo koͤnnen wir
auch nicht Erklaͤrungsweiſe, ſondern nur in Form
von allgemein bejahenden aber nicht identiſchen Saͤ-
tzen
R 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/273>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.