wird wohl das: Forma dat esse rei, müssen genom- men werden. Man sieht, daß die Form eigentlich die zweckmäßige Ausbildung, so wie auch die Nachbildung der Dinge betrifft, so fern diese, wie z. E. die Becher aus einer Masse gebildet, oder einem vorgegebenen Modelle nachgebildet werden. Denn wenn Theile von verschiedenem Stoffe hinzukommen, so mögen zwar die einzelnen Theile gebildet werden, im Ganzen aber kömmt noch überdieß die Anord- nung, die Zusammensetzung, die Einrichtung etc. hinzu, welches alles auch mit zur Form gerechnet wird.
XI.
Bey materiellen und sichtbaren Dingen werden öfters die Wörter, Form, Figur, Gestalt, Bildung etc. verwechselt, und ohne Unterschied gebraucht. Jn- dessen sagen die lateinischen Denkverse Formam viuentis, picti dic esse figuram. Und dieses will vermuthlich überhaupt sagen, daß das Wort Form besser auf körperliche Dinge, das Wort Figur aber besser auf Flächenräume passe. Der Unterschied scheint im Deutschen nicht wohl anzugeben zu seyn. Denn wenn man Form durch Gestalt, Bildung, äußerliches Ansehen etc. übersetzet, so be- hält man das Wort Figur gewöhnlich selbst. Es fällt mir auch kein gleichbedeutendes deutsches Wort bey.
XII.
So fern nun aber die Form die zweckmäßige Aus- bildung, Einrichtung, Stellung, Zusammensetzung, Verbindung, Anordnung, und die dabey zum Grunde liegenden, oder daher rührenden Verhältnisse etc. der Dinge und ihrer Theile betrifft, so fern scheint das
Wort
Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke.
wird wohl das: Forma dat eſſe rei, muͤſſen genom- men werden. Man ſieht, daß die Form eigentlich die zweckmaͤßige Ausbildung, ſo wie auch die Nachbildung der Dinge betrifft, ſo fern dieſe, wie z. E. die Becher aus einer Maſſe gebildet, oder einem vorgegebenen Modelle nachgebildet werden. Denn wenn Theile von verſchiedenem Stoffe hinzukommen, ſo moͤgen zwar die einzelnen Theile gebildet werden, im Ganzen aber koͤmmt noch uͤberdieß die Anord- nung, die Zuſammenſetzung, die Einrichtung ꝛc. hinzu, welches alles auch mit zur Form gerechnet wird.
XI.
Bey materiellen und ſichtbaren Dingen werden oͤfters die Woͤrter, Form, Figur, Geſtalt, Bildung ꝛc. verwechſelt, und ohne Unterſchied gebraucht. Jn- deſſen ſagen die lateiniſchen Denkverſe Formam viuentis, picti dic eſſe figuram. Und dieſes will vermuthlich uͤberhaupt ſagen, daß das Wort Form beſſer auf koͤrperliche Dinge, das Wort Figur aber beſſer auf Flaͤchenraͤume paſſe. Der Unterſchied ſcheint im Deutſchen nicht wohl anzugeben zu ſeyn. Denn wenn man Form durch Geſtalt, Bildung, aͤußerliches Anſehen ꝛc. uͤberſetzet, ſo be- haͤlt man das Wort Figur gewoͤhnlich ſelbſt. Es faͤllt mir auch kein gleichbedeutendes deutſches Wort bey.
XII.
So fern nun aber die Form die zweckmaͤßige Aus- bildung, Einrichtung, Stellung, Zuſammenſetzung, Verbindung, Anordnung, und die dabey zum Grunde liegenden, oder daher ruͤhrenden Verhaͤltniſſe ꝛc. der Dinge und ihrer Theile betrifft, ſo fern ſcheint das
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Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke.
wird wohl das: Forma dat eſſe rei, muͤſſen genom-
men werden. Man ſieht, daß die Form eigentlich
die zweckmaͤßige Ausbildung, ſo wie auch die
Nachbildung der Dinge betrifft, ſo fern dieſe, wie
z. E. die Becher aus einer Maſſe gebildet, oder einem
vorgegebenen Modelle nachgebildet werden. Denn
wenn Theile von verſchiedenem Stoffe hinzukommen,
ſo moͤgen zwar die einzelnen Theile gebildet werden,
im Ganzen aber koͤmmt noch uͤberdieß die Anord-
nung, die Zuſammenſetzung, die Einrichtung ꝛc.
hinzu, welches alles auch mit zur Form gerechnet wird.
XI.
Bey materiellen und ſichtbaren Dingen werden
oͤfters die Woͤrter, Form, Figur, Geſtalt, Bildung ꝛc.
verwechſelt, und ohne Unterſchied gebraucht. Jn-
deſſen ſagen die lateiniſchen Denkverſe
Formam viuentis, picti dic eſſe figuram.
Und dieſes will vermuthlich uͤberhaupt ſagen, daß das
Wort Form beſſer auf koͤrperliche Dinge, das Wort
Figur aber beſſer auf Flaͤchenraͤume paſſe. Der
Unterſchied ſcheint im Deutſchen nicht wohl anzugeben
zu ſeyn. Denn wenn man Form durch Geſtalt,
Bildung, aͤußerliches Anſehen ꝛc. uͤberſetzet, ſo be-
haͤlt man das Wort Figur gewoͤhnlich ſelbſt. Es faͤllt
mir auch kein gleichbedeutendes deutſches Wort bey.
XII.
So fern nun aber die Form die zweckmaͤßige Aus-
bildung, Einrichtung, Stellung, Zuſammenſetzung,
Verbindung, Anordnung, und die dabey zum Grunde
liegenden, oder daher ruͤhrenden Verhaͤltniſſe ꝛc. der
Dinge und ihrer Theile betrifft, ſo fern ſcheint das
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/247>, abgerufen am 22.02.2025.
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