wiederum auch her, wenn man in Betrachtung der Ursache zuweilen weniger in der Wirkung findet, als man von derselben erwartet hätte. Man saget da- her, daß zuweilen auch Homer schlafe, und in den Rechten wird die Culpa leuissima als ein von solchen Umständen herrührendes geringes Versehen geachtet. Alles dieses zeiget, daß man die wirkende Ursache mit den dazukommenden Umständen genau verglei- chen müsse, um das, was gewöhnlich und ihrer Natur nach geschehen soll, von dem zu unterschei- den, was die Umstände daran besser oder schlechter machen können, und daß eben so das Gewöhnliche von dem Seltenern dadurch unterschieden werden müsse.
§. 598.
Zeit und Ort ändern das Jnnere einer Wir- kung nicht, sondern nur das Aeußere und Re- lative. Dieser Satz ist ebenfalls so zu verstehen, daß der Erfolg einer Wirkung einerley ist, ob sie heut oder morgen, hier oder da geschehe, so fern man die- selbe an und für sich betrachten kann, und so fern die Sache nicht mit solchen Dingen in realer Verbindung steht, die zu andern Zeiten und an andern Orten an- ders sind. Und dieses muß man genau wissen. Daß z. E. ein Pfund Bley unter dem Aequator leichter ist, als unter den Polen, hätte man anfangs nicht ver- muthet. Man kann aber, so oft man mit der Aende- rung der Zeit und des Ortes in der Sache eine Aen- derung findet, aus dem Grunde, daß sie nicht von der Zeit noch von dem Orte, an sich betrachtet, her- rühret, den Schluß machen, daß mit der Aenderung der Zeit und des Ortes reale Verhältnisse und Ver- bindungen der Sache müssen geändert worden seyn, und dieses giebt Anlaß dieselben aufzusuchen. Auf
diese
Urſachen und Wirkungen.
wiederum auch her, wenn man in Betrachtung der Urſache zuweilen weniger in der Wirkung findet, als man von derſelben erwartet haͤtte. Man ſaget da- her, daß zuweilen auch Homer ſchlafe, und in den Rechten wird die Culpa leuiſſima als ein von ſolchen Umſtaͤnden herruͤhrendes geringes Verſehen geachtet. Alles dieſes zeiget, daß man die wirkende Urſache mit den dazukommenden Umſtaͤnden genau verglei- chen muͤſſe, um das, was gewoͤhnlich und ihrer Natur nach geſchehen ſoll, von dem zu unterſchei- den, was die Umſtaͤnde daran beſſer oder ſchlechter machen koͤnnen, und daß eben ſo das Gewoͤhnliche von dem Seltenern dadurch unterſchieden werden muͤſſe.
§. 598.
Zeit und Ort aͤndern das Jnnere einer Wir- kung nicht, ſondern nur das Aeußere und Re- lative. Dieſer Satz iſt ebenfalls ſo zu verſtehen, daß der Erfolg einer Wirkung einerley iſt, ob ſie heut oder morgen, hier oder da geſchehe, ſo fern man die- ſelbe an und fuͤr ſich betrachten kann, und ſo fern die Sache nicht mit ſolchen Dingen in realer Verbindung ſteht, die zu andern Zeiten und an andern Orten an- ders ſind. Und dieſes muß man genau wiſſen. Daß z. E. ein Pfund Bley unter dem Aequator leichter iſt, als unter den Polen, haͤtte man anfangs nicht ver- muthet. Man kann aber, ſo oft man mit der Aende- rung der Zeit und des Ortes in der Sache eine Aen- derung findet, aus dem Grunde, daß ſie nicht von der Zeit noch von dem Orte, an ſich betrachtet, her- ruͤhret, den Schluß machen, daß mit der Aenderung der Zeit und des Ortes reale Verhaͤltniſſe und Ver- bindungen der Sache muͤſſen geaͤndert worden ſeyn, und dieſes giebt Anlaß dieſelben aufzuſuchen. Auf
dieſe
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Urſachen und Wirkungen.
wiederum auch her, wenn man in Betrachtung der
Urſache zuweilen weniger in der Wirkung findet, als
man von derſelben erwartet haͤtte. Man ſaget da-
her, daß zuweilen auch Homer ſchlafe, und in den
Rechten wird die Culpa leuiſſima als ein von ſolchen
Umſtaͤnden herruͤhrendes geringes Verſehen geachtet.
Alles dieſes zeiget, daß man die wirkende Urſache
mit den dazukommenden Umſtaͤnden genau verglei-
chen muͤſſe, um das, was gewoͤhnlich und ihrer
Natur nach geſchehen ſoll, von dem zu unterſchei-
den, was die Umſtaͤnde daran beſſer oder ſchlechter
machen koͤnnen, und daß eben ſo das Gewoͤhnliche
von dem Seltenern dadurch unterſchieden werden
muͤſſe.
§. 598.
Zeit und Ort aͤndern das Jnnere einer Wir-
kung nicht, ſondern nur das Aeußere und Re-
lative. Dieſer Satz iſt ebenfalls ſo zu verſtehen,
daß der Erfolg einer Wirkung einerley iſt, ob ſie heut
oder morgen, hier oder da geſchehe, ſo fern man die-
ſelbe an und fuͤr ſich betrachten kann, und ſo fern die
Sache nicht mit ſolchen Dingen in realer Verbindung
ſteht, die zu andern Zeiten und an andern Orten an-
ders ſind. Und dieſes muß man genau wiſſen. Daß
z. E. ein Pfund Bley unter dem Aequator leichter iſt,
als unter den Polen, haͤtte man anfangs nicht ver-
muthet. Man kann aber, ſo oft man mit der Aende-
rung der Zeit und des Ortes in der Sache eine Aen-
derung findet, aus dem Grunde, daß ſie nicht von
der Zeit noch von dem Orte, an ſich betrachtet, her-
ruͤhret, den Schluß machen, daß mit der Aenderung
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bindungen der Sache muͤſſen geaͤndert worden ſeyn,
und dieſes giebt Anlaß dieſelben aufzuſuchen. Auf
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/227>, abgerufen am 21.02.2025.
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