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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XIX. Hauptstück.
Fällen müssen wir fast immer bey Ausmessungen
anfangen, um zu sehen, wie fern sich gleichartige
Bestimmungen und Dimensionen
dabey finden
lassen. Man sehe das oben (§. 455.) hierüber ange-
merkte, ingleichem was wir (§. 548-552.) zum Be-
hufe der allgemeinen Theorie der Hauptarten der Kör-
per in Absicht auf die Kräfte und Structur ihrer Theil-
chen angemerket haben.

§. 597.

Die Wirkung ist nicht besser als die Ursa-
che.
Dieser Satz ist eine besondere Anwendung des
§. 594. Man drücket ihn auch so aus, daß man sa-
get, die Wirkung sey nicht edler, nobilior, als die
Ursache. Dieses versteht man nun von der innern
Güte, Würde, Vortrefflichkeit, Vollkommen-
heit
der Sache, und zwar, so fern diese wesentlich und
fortdauernd ist. Denn einmal ist die relative Güte
davon so verschieden, daß eine an sich schlechtere,
gemeinere, geringere Sache zuweilen nützlicher seyn
kann, als eine an sich viel bessere; und so kann uns
auch an der Wirkung mehr gelegen seyn, als an der
Ursache, so daß wir diese jener zu gefallen etwann
aufopfern. Sodann kann auch die Wirkung zufälli-
ger Weise besser ausfallen, als es die Ursache mit sich
bringt. Das lateinische Sprüchwort: Quandoque
et olitor vera locutus,
oder das deutsche, daß auch
zuweilen ein Blinder ein Hufeisen finde, giebt diesen
Unterschied an, und zeiget zugleich, man müsse aus
solchen Zufälligkeiten keine Regel machen, weil solche
Wirkungen nicht der Ursache, die sie sonst etwann
hervorbringt, sondern den Nebenumständen, die sich
in einem gewissen Falle mit einfinden, zuzuschreiben
sind. Und von eben solchen Umständen rühret es hin-

wiederum

XIX. Hauptſtuͤck.
Faͤllen muͤſſen wir faſt immer bey Ausmeſſungen
anfangen, um zu ſehen, wie fern ſich gleichartige
Beſtimmungen und Dimenſionen
dabey finden
laſſen. Man ſehe das oben (§. 455.) hieruͤber ange-
merkte, ingleichem was wir (§. 548-552.) zum Be-
hufe der allgemeinen Theorie der Hauptarten der Koͤr-
per in Abſicht auf die Kraͤfte und Structur ihrer Theil-
chen angemerket haben.

§. 597.

Die Wirkung iſt nicht beſſer als die Urſa-
che.
Dieſer Satz iſt eine beſondere Anwendung des
§. 594. Man druͤcket ihn auch ſo aus, daß man ſa-
get, die Wirkung ſey nicht edler, nobilior, als die
Urſache. Dieſes verſteht man nun von der innern
Guͤte, Wuͤrde, Vortrefflichkeit, Vollkommen-
heit
der Sache, und zwar, ſo fern dieſe weſentlich und
fortdauernd iſt. Denn einmal iſt die relative Guͤte
davon ſo verſchieden, daß eine an ſich ſchlechtere,
gemeinere, geringere Sache zuweilen nuͤtzlicher ſeyn
kann, als eine an ſich viel beſſere; und ſo kann uns
auch an der Wirkung mehr gelegen ſeyn, als an der
Urſache, ſo daß wir dieſe jener zu gefallen etwann
aufopfern. Sodann kann auch die Wirkung zufaͤlli-
ger Weiſe beſſer ausfallen, als es die Urſache mit ſich
bringt. Das lateiniſche Spruͤchwort: Quandoque
et olitor vera locutus,
oder das deutſche, daß auch
zuweilen ein Blinder ein Hufeiſen finde, giebt dieſen
Unterſchied an, und zeiget zugleich, man muͤſſe aus
ſolchen Zufaͤlligkeiten keine Regel machen, weil ſolche
Wirkungen nicht der Urſache, die ſie ſonſt etwann
hervorbringt, ſondern den Nebenumſtaͤnden, die ſich
in einem gewiſſen Falle mit einfinden, zuzuſchreiben
ſind. Und von eben ſolchen Umſtaͤnden ruͤhret es hin-

wiederum
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[218/0226] XIX. Hauptſtuͤck. Faͤllen muͤſſen wir faſt immer bey Ausmeſſungen anfangen, um zu ſehen, wie fern ſich gleichartige Beſtimmungen und Dimenſionen dabey finden laſſen. Man ſehe das oben (§. 455.) hieruͤber ange- merkte, ingleichem was wir (§. 548-552.) zum Be- hufe der allgemeinen Theorie der Hauptarten der Koͤr- per in Abſicht auf die Kraͤfte und Structur ihrer Theil- chen angemerket haben. §. 597. Die Wirkung iſt nicht beſſer als die Urſa- che. Dieſer Satz iſt eine beſondere Anwendung des §. 594. Man druͤcket ihn auch ſo aus, daß man ſa- get, die Wirkung ſey nicht edler, nobilior, als die Urſache. Dieſes verſteht man nun von der innern Guͤte, Wuͤrde, Vortrefflichkeit, Vollkommen- heit der Sache, und zwar, ſo fern dieſe weſentlich und fortdauernd iſt. Denn einmal iſt die relative Guͤte davon ſo verſchieden, daß eine an ſich ſchlechtere, gemeinere, geringere Sache zuweilen nuͤtzlicher ſeyn kann, als eine an ſich viel beſſere; und ſo kann uns auch an der Wirkung mehr gelegen ſeyn, als an der Urſache, ſo daß wir dieſe jener zu gefallen etwann aufopfern. Sodann kann auch die Wirkung zufaͤlli- ger Weiſe beſſer ausfallen, als es die Urſache mit ſich bringt. Das lateiniſche Spruͤchwort: Quandoque et olitor vera locutus, oder das deutſche, daß auch zuweilen ein Blinder ein Hufeiſen finde, giebt dieſen Unterſchied an, und zeiget zugleich, man muͤſſe aus ſolchen Zufaͤlligkeiten keine Regel machen, weil ſolche Wirkungen nicht der Urſache, die ſie ſonſt etwann hervorbringt, ſondern den Nebenumſtaͤnden, die ſich in einem gewiſſen Falle mit einfinden, zuzuſchreiben ſind. Und von eben ſolchen Umſtaͤnden ruͤhret es hin- wiederum

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/226>, abgerufen am 21.11.2024.