Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XV. Hauptstück.
Grundsätze, die man zu dem Beweise eines Satzes
gebraucht, mit der Anzahl der Schlußreden zu, so
daß z. E. zu sieben Schlußreden acht Grundsätze, zu
zwölf Schlußreden dreyzehen Grundsätze erfordert wer-
den, (Dianoiol. §. 317.). Und auf diese Art sollte
man wohl nicht gedenken, daß eine Wissenschaft, wor-
inn zuweilen lange Reihen von Schlußreden an ein-
ander gehängt werden, sich auf ein einiges Principium
gründen sollte. Und in der That kann dieses Princi-
pium
nur einen Vordersatz abgeben, und es läßt sich
daher allerdings fragen, woher dann die übrigen Vor-
dersätze genommen, und wie sie benennet werden müs-
sen? Hierauf kann man nun nicht anders antworten,
als das Principium betreffe nur die allgemeine Ver-
bindung der Grundbegriffe, und die übrigen Vorder-
sätze kommen von der allgemeinen Möglichkeit her,
die Bestimmungen, so die Grundbegriffe in jedem
Falle leiden, hinzuzusetzen. Und dieses ist es eben,
was wir in vorhergehendem §. angeführet haben.
Soll ein Principium allgemein seyn, und durch alle
Theile einer Wissenschaft durchlaufen, so kann es
auch nur das betreffen, was allen zu der Wissenschaft
gehörenden Stücken gemeinsam ist. Das eigene von
jedem rührt daher nothwendig aus andern und zu-
gleich aus mehrern Quellen her, und besteht in jeden
einzelnen Bestimmungen, die diese Stücke haben kön-
nen, und die in dem Principio noch unbestimmt ge-
lassen, aber doch überhaupt angegeben werden, da-
mit man in jedem besondern Falle wisse, worauf man
zu sehen habe.

§. 496.

Auf diese Art betrachtet geht demnach das Princi-
pium
auf das Allgemeine und Durchgängige im
Zusammenhange oder in der Verbindung der

Theile,

XV. Hauptſtuͤck.
Grundſaͤtze, die man zu dem Beweiſe eines Satzes
gebraucht, mit der Anzahl der Schlußreden zu, ſo
daß z. E. zu ſieben Schlußreden acht Grundſaͤtze, zu
zwoͤlf Schlußreden dreyzehen Grundſaͤtze erfordert wer-
den, (Dianoiol. §. 317.). Und auf dieſe Art ſollte
man wohl nicht gedenken, daß eine Wiſſenſchaft, wor-
inn zuweilen lange Reihen von Schlußreden an ein-
ander gehaͤngt werden, ſich auf ein einiges Principium
gruͤnden ſollte. Und in der That kann dieſes Princi-
pium
nur einen Vorderſatz abgeben, und es laͤßt ſich
daher allerdings fragen, woher dann die uͤbrigen Vor-
derſaͤtze genommen, und wie ſie benennet werden muͤſ-
ſen? Hierauf kann man nun nicht anders antworten,
als das Principium betreffe nur die allgemeine Ver-
bindung der Grundbegriffe, und die uͤbrigen Vorder-
ſaͤtze kommen von der allgemeinen Moͤglichkeit her,
die Beſtimmungen, ſo die Grundbegriffe in jedem
Falle leiden, hinzuzuſetzen. Und dieſes iſt es eben,
was wir in vorhergehendem §. angefuͤhret haben.
Soll ein Principium allgemein ſeyn, und durch alle
Theile einer Wiſſenſchaft durchlaufen, ſo kann es
auch nur das betreffen, was allen zu der Wiſſenſchaft
gehoͤrenden Stuͤcken gemeinſam iſt. Das eigene von
jedem ruͤhrt daher nothwendig aus andern und zu-
gleich aus mehrern Quellen her, und beſteht in jeden
einzelnen Beſtimmungen, die dieſe Stuͤcke haben koͤn-
nen, und die in dem Principio noch unbeſtimmt ge-
laſſen, aber doch uͤberhaupt angegeben werden, da-
mit man in jedem beſondern Falle wiſſe, worauf man
zu ſehen habe.

§. 496.

Auf dieſe Art betrachtet geht demnach das Princi-
pium
auf das Allgemeine und Durchgaͤngige im
Zuſammenhange oder in der Verbindung der

Theile,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0122" n="114"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XV.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze, die man zu dem Bewei&#x017F;e eines Satzes<lb/>
gebraucht, mit der Anzahl der Schlußreden zu, &#x017F;o<lb/>
daß z. E. zu &#x017F;ieben Schlußreden acht Grund&#x017F;a&#x0364;tze, zu<lb/>
zwo&#x0364;lf Schlußreden dreyzehen Grund&#x017F;a&#x0364;tze erfordert wer-<lb/>
den, (Dianoiol. §. 317.). Und auf die&#x017F;e Art &#x017F;ollte<lb/>
man wohl nicht gedenken, daß eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, wor-<lb/>
inn zuweilen lange Reihen von Schlußreden an ein-<lb/>
ander geha&#x0364;ngt werden, &#x017F;ich auf ein einiges <hi rendition="#aq">Principium</hi><lb/>
gru&#x0364;nden &#x017F;ollte. Und in der That kann die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Princi-<lb/>
pium</hi> nur <hi rendition="#fr">einen</hi> Vorder&#x017F;atz abgeben, und es la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
daher allerdings fragen, woher dann die u&#x0364;brigen Vor-<lb/>
der&#x017F;a&#x0364;tze genommen, und wie &#x017F;ie benennet werden mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en? Hierauf kann man nun nicht anders antworten,<lb/>
als das <hi rendition="#aq">Principium</hi> betreffe nur die allgemeine Ver-<lb/>
bindung der Grundbegriffe, und die u&#x0364;brigen Vorder-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze kommen von der allgemeinen Mo&#x0364;glichkeit her,<lb/>
die Be&#x017F;timmungen, &#x017F;o die Grundbegriffe in jedem<lb/>
Falle leiden, hinzuzu&#x017F;etzen. Und die&#x017F;es i&#x017F;t es eben,<lb/>
was wir in vorhergehendem §. angefu&#x0364;hret haben.<lb/>
Soll ein <hi rendition="#aq">Principium</hi> allgemein &#x017F;eyn, und durch alle<lb/>
Theile einer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft durchlaufen, &#x017F;o kann es<lb/>
auch nur das betreffen, was allen zu der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
geho&#x0364;renden Stu&#x0364;cken gemein&#x017F;am i&#x017F;t. Das eigene von<lb/>
jedem ru&#x0364;hrt daher nothwendig aus andern und zu-<lb/>
gleich aus mehrern Quellen her, und be&#x017F;teht in jeden<lb/>
einzelnen Be&#x017F;timmungen, die die&#x017F;e Stu&#x0364;cke haben ko&#x0364;n-<lb/>
nen, und die in dem <hi rendition="#aq">Principio</hi> noch unbe&#x017F;timmt ge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, aber doch u&#x0364;berhaupt angegeben werden, da-<lb/>
mit man in jedem be&#x017F;ondern Falle wi&#x017F;&#x017F;e, worauf man<lb/>
zu &#x017F;ehen habe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 496.</head><lb/>
            <p>Auf die&#x017F;e Art betrachtet geht demnach das <hi rendition="#aq">Princi-<lb/>
pium</hi> auf <hi rendition="#fr">das Allgemeine und Durchga&#x0364;ngige im<lb/>
Zu&#x017F;ammenhange oder in der Verbindung der</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Theile,</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] XV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze, die man zu dem Beweiſe eines Satzes gebraucht, mit der Anzahl der Schlußreden zu, ſo daß z. E. zu ſieben Schlußreden acht Grundſaͤtze, zu zwoͤlf Schlußreden dreyzehen Grundſaͤtze erfordert wer- den, (Dianoiol. §. 317.). Und auf dieſe Art ſollte man wohl nicht gedenken, daß eine Wiſſenſchaft, wor- inn zuweilen lange Reihen von Schlußreden an ein- ander gehaͤngt werden, ſich auf ein einiges Principium gruͤnden ſollte. Und in der That kann dieſes Princi- pium nur einen Vorderſatz abgeben, und es laͤßt ſich daher allerdings fragen, woher dann die uͤbrigen Vor- derſaͤtze genommen, und wie ſie benennet werden muͤſ- ſen? Hierauf kann man nun nicht anders antworten, als das Principium betreffe nur die allgemeine Ver- bindung der Grundbegriffe, und die uͤbrigen Vorder- ſaͤtze kommen von der allgemeinen Moͤglichkeit her, die Beſtimmungen, ſo die Grundbegriffe in jedem Falle leiden, hinzuzuſetzen. Und dieſes iſt es eben, was wir in vorhergehendem §. angefuͤhret haben. Soll ein Principium allgemein ſeyn, und durch alle Theile einer Wiſſenſchaft durchlaufen, ſo kann es auch nur das betreffen, was allen zu der Wiſſenſchaft gehoͤrenden Stuͤcken gemeinſam iſt. Das eigene von jedem ruͤhrt daher nothwendig aus andern und zu- gleich aus mehrern Quellen her, und beſteht in jeden einzelnen Beſtimmungen, die dieſe Stuͤcke haben koͤn- nen, und die in dem Principio noch unbeſtimmt ge- laſſen, aber doch uͤberhaupt angegeben werden, da- mit man in jedem beſondern Falle wiſſe, worauf man zu ſehen habe. §. 496. Auf dieſe Art betrachtet geht demnach das Princi- pium auf das Allgemeine und Durchgaͤngige im Zuſammenhange oder in der Verbindung der Theile,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/122
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/122>, abgerufen am 21.12.2024.