Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.einer wissenschaftlichen Grundlehre. arten unbrauchbar zu machen, nicht festgesetzet wer-den kann; so beugt man dadurch vor, daß nicht an- dere, die sich etwann nicht auf alle Redensarten, worinn das Wort vorkömmt, besinnen, nur aus eini- gen derselben eine Definition machen, welche durch die aus der Acht gelassene Redensarten leicht wieder umgestoßen werden kann. Dieses bisher fast im- mer vorgekommene Umstoßen und Neues de- finiren ist es eben, was die Metaphysic so ver- änderlich machte. Es ist für sich klar, daß es auch da Statt finden mußte, wo versteckte Vieldeu- tigkeiten zurück blieben, die nicht so stufenweise von einander verschieden waren, wie man z. E. nach vie- len Streitigkeiten für und wider die Vernunft, end- lich darauf verfiel, man müsse das Erkenntnißver- mögen, welches Vernunft heißt, von dem unterschei- den, was jeder dadurch findet oder zu finden glaubt, und daher als der Vernunft gemäß ausgiebt. §. 34. Zu der Unveränderlichkeit der Grundlehre müssen dessen
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre. arten unbrauchbar zu machen, nicht feſtgeſetzet wer-den kann; ſo beugt man dadurch vor, daß nicht an- dere, die ſich etwann nicht auf alle Redensarten, worinn das Wort vorkoͤmmt, beſinnen, nur aus eini- gen derſelben eine Definition machen, welche durch die aus der Acht gelaſſene Redensarten leicht wieder umgeſtoßen werden kann. Dieſes bisher faſt im- mer vorgekommene Umſtoßen und Neues de- finiren iſt es eben, was die Metaphyſic ſo ver- aͤnderlich machte. Es iſt fuͤr ſich klar, daß es auch da Statt finden mußte, wo verſteckte Vieldeu- tigkeiten zuruͤck blieben, die nicht ſo ſtufenweiſe von einander verſchieden waren, wie man z. E. nach vie- len Streitigkeiten fuͤr und wider die Vernunft, end- lich darauf verfiel, man muͤſſe das Erkenntnißver- moͤgen, welches Vernunft heißt, von dem unterſchei- den, was jeder dadurch findet oder zu finden glaubt, und daher als der Vernunft gemaͤß ausgiebt. §. 34. Zu der Unveraͤnderlichkeit der Grundlehre muͤſſen deſſen
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einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
arten unbrauchbar zu machen, nicht feſtgeſetzet wer-
den kann; ſo beugt man dadurch vor, daß nicht an-
dere, die ſich etwann nicht auf alle Redensarten,
worinn das Wort vorkoͤmmt, beſinnen, nur aus eini-
gen derſelben eine Definition machen, welche durch
die aus der Acht gelaſſene Redensarten leicht wieder
umgeſtoßen werden kann. Dieſes bisher faſt im-
mer vorgekommene Umſtoßen und Neues de-
finiren iſt es eben, was die Metaphyſic ſo ver-
aͤnderlich machte. Es iſt fuͤr ſich klar, daß es
auch da Statt finden mußte, wo verſteckte Vieldeu-
tigkeiten zuruͤck blieben, die nicht ſo ſtufenweiſe von
einander verſchieden waren, wie man z. E. nach vie-
len Streitigkeiten fuͤr und wider die Vernunft, end-
lich darauf verfiel, man muͤſſe das Erkenntnißver-
moͤgen, welches Vernunft heißt, von dem unterſchei-
den, was jeder dadurch findet oder zu finden glaubt,
und daher als der Vernunft gemaͤß ausgiebt.
§. 34.
Zu der Unveraͤnderlichkeit der Grundlehre muͤſſen
wir noch die Vollſtaͤndigkeit rechnen, als welche
nicht nur fuͤr ſich ein Vorzug iſt, ſondern auch zu der
Unveraͤnderlichkeit viel beytraͤgt. Die Vollſtaͤndigkeit
wird durch richtige Eintheilungen, durch Abzaͤh-
lung der Faͤlle, Claſſen, Arten, Glieder ꝛc. und
durch richtig angebrachte Combinationen und Per-
mutationen erhalten. Jch habe die Theorie davon
in der Dianoiologie um deſto umſtaͤndlicher abgehan-
delt, weil in beyden Wolfiſchen Vernunftlehren davon
nichts vorkoͤmmt, und dieſer Weltweiſe die Hoffnung
aufgegeben zu haben ſcheint, etwas Vollſtaͤndiges
und Brauchbares dabey zu finden, und die Regeln
davon in der Metaphyſic richtig anzuwenden. Jn-
deſſen
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