Wir haben diese Betrachtung hier angeführet, weil sie mit der bisher (§. 21. seq.) untersuchten Frage von der Unveränderlichkeit der Grundlehre eine nothwen- dige Verbindung hat, und die Anzahl der Worter- klärungen darinn vermindert. Denn dafern ein Wort dergestalt definirt werden soll, daß die Definition in jeden Redensarten statt des Wortes soll können ge- setzet werden, so müßte die Definition veränderlich seyn, und sich jedesmal nach dem Umfange der Be- deutung richten, die das Wort aus dem Zusammen- hange der Redensart erhält, folglich müßte die De- finition aus Wörtern von gleich veränderlichem Um- fange bestehen. So abgemessen sind aber die Spra- chen noch nicht. Demnach bleiben solche Definitionen besser weg, und statt derselben kann man sich begnü- gen, das Tertium comparationis und dessen Verän- derlichkeit anzuzeigen. Es ist für sich klar, daß die- ses in dem vorhin (§. 26.) erwähnten Systeme von Worterklärungen ebenfalls geschehen müsse.
§. 33.
Wenn man auf diese Art den veränderlichen Um- fang der Bedeutung einiger Wörter in der Grund- lehre anzeiget, so erhält die Grundlehre dadurch eine Unveränderlichkeit von ganz anderer Art, oder besser zu sagen, ihre bisherige Veränderlichkeit (§. 21.) wird dadurch ganz oder wenigstens größtentheils aufgeho- ben. Denn die Definitionen, die sich nicht in jede Redensarten schicken können, worinn das Wort einen erst durch den Zusammenhang der Rede bestimmba- ren Umfang der Bedeutung erhält, bleiben aus der Grundlehre weg, und indem man anzeiget, daß der Umfang veränderlich ist, und, ohne viele Redens-
arten
I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
§. 32.
Wir haben dieſe Betrachtung hier angefuͤhret, weil ſie mit der bisher (§. 21. ſeq.) unterſuchten Frage von der Unveraͤnderlichkeit der Grundlehre eine nothwen- dige Verbindung hat, und die Anzahl der Worter- klaͤrungen darinn vermindert. Denn dafern ein Wort dergeſtalt definirt werden ſoll, daß die Definition in jeden Redensarten ſtatt des Wortes ſoll koͤnnen ge- ſetzet werden, ſo muͤßte die Definition veraͤnderlich ſeyn, und ſich jedesmal nach dem Umfange der Be- deutung richten, die das Wort aus dem Zuſammen- hange der Redensart erhaͤlt, folglich muͤßte die De- finition aus Woͤrtern von gleich veraͤnderlichem Um- fange beſtehen. So abgemeſſen ſind aber die Spra- chen noch nicht. Demnach bleiben ſolche Definitionen beſſer weg, und ſtatt derſelben kann man ſich begnuͤ- gen, das Tertium comparationis und deſſen Veraͤn- derlichkeit anzuzeigen. Es iſt fuͤr ſich klar, daß die- ſes in dem vorhin (§. 26.) erwaͤhnten Syſteme von Worterklaͤrungen ebenfalls geſchehen muͤſſe.
§. 33.
Wenn man auf dieſe Art den veraͤnderlichen Um- fang der Bedeutung einiger Woͤrter in der Grund- lehre anzeiget, ſo erhaͤlt die Grundlehre dadurch eine Unveraͤnderlichkeit von ganz anderer Art, oder beſſer zu ſagen, ihre bisherige Veraͤnderlichkeit (§. 21.) wird dadurch ganz oder wenigſtens groͤßtentheils aufgeho- ben. Denn die Definitionen, die ſich nicht in jede Redensarten ſchicken koͤnnen, worinn das Wort einen erſt durch den Zuſammenhang der Rede beſtimmba- ren Umfang der Bedeutung erhaͤlt, bleiben aus der Grundlehre weg, und indem man anzeiget, daß der Umfang veraͤnderlich iſt, und, ohne viele Redens-
arten
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I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
§. 32.
Wir haben dieſe Betrachtung hier angefuͤhret, weil
ſie mit der bisher (§. 21. ſeq.) unterſuchten Frage von
der Unveraͤnderlichkeit der Grundlehre eine nothwen-
dige Verbindung hat, und die Anzahl der Worter-
klaͤrungen darinn vermindert. Denn dafern ein Wort
dergeſtalt definirt werden ſoll, daß die Definition in
jeden Redensarten ſtatt des Wortes ſoll koͤnnen ge-
ſetzet werden, ſo muͤßte die Definition veraͤnderlich
ſeyn, und ſich jedesmal nach dem Umfange der Be-
deutung richten, die das Wort aus dem Zuſammen-
hange der Redensart erhaͤlt, folglich muͤßte die De-
finition aus Woͤrtern von gleich veraͤnderlichem Um-
fange beſtehen. So abgemeſſen ſind aber die Spra-
chen noch nicht. Demnach bleiben ſolche Definitionen
beſſer weg, und ſtatt derſelben kann man ſich begnuͤ-
gen, das Tertium comparationis und deſſen Veraͤn-
derlichkeit anzuzeigen. Es iſt fuͤr ſich klar, daß die-
ſes in dem vorhin (§. 26.) erwaͤhnten Syſteme von
Worterklaͤrungen ebenfalls geſchehen muͤſſe.
§. 33.
Wenn man auf dieſe Art den veraͤnderlichen Um-
fang der Bedeutung einiger Woͤrter in der Grund-
lehre anzeiget, ſo erhaͤlt die Grundlehre dadurch eine
Unveraͤnderlichkeit von ganz anderer Art, oder beſſer
zu ſagen, ihre bisherige Veraͤnderlichkeit (§. 21.) wird
dadurch ganz oder wenigſtens groͤßtentheils aufgeho-
ben. Denn die Definitionen, die ſich nicht in jede
Redensarten ſchicken koͤnnen, worinn das Wort einen
erſt durch den Zuſammenhang der Rede beſtimmba-
ren Umfang der Bedeutung erhaͤlt, bleiben aus der
Grundlehre weg, und indem man anzeiget, daß der
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/64>, abgerufen am 21.12.2024.
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