Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Hauptstück. Erfordernisse
und a priori auf einander folgen sollen. Da man
dieses in der Grundlehre fordert, so ist sichs nicht zu
verwundern, wenn die Definitionen, die darinn vor-
kamen, von derjenigen Art waren, die wir Anfangs in
gegenwärtigem §. beschrieben haben, und daß folglich
weder Anfang noch Ende darinn abzusehen war. Die
Frage, wo man anfangen oder aufhören solle,
zu definiren,
bliebe dabey unerörtert und kam im-
mer wieder vor.

§. 28.

Bey diesem so durchaus entgegengesetzten Wege,
den man bey Sacherklärungen und Worterklärungen
(§. 23. 24. 26.) zu nehmen hat, wenn man vollständige
Systeme errichten will, scheint es schwerer zu seyn,
beyde Systeme in Verbindung zu bringen. Allein die
Betrachtung der Sache selbst rückt sie näher zusammen.
Denn so hat Locke bereits angemerket, daß die Na-
men der einfachen Begriffe in der Sprache, in An-
sehung ihrer Bedeutung, die wenigste oder vielmehr
gar keine Schwierigkeit haben. Demnach machen
die einfachen Begriffe in dem Systeme der
Sacherklärungen, und ihre Namen in dem
Systeme der Worterklärungen den ersten An-
fang aus, und dienen den übrigen zum Grunde.

Jm Systeme der Worterklärungen sollten aber frey-
lich, wenn es die Sprachen zuließen, die Namen der
einfachen Begriffe durchaus Wurzelwörter seyn.

§. 29.

Da die Grundlehre in allen Theilen der menschli-
chen Erkenntniß anwendbar seyn soll (§. 3.), so muß
sie allerdings zu denselben die ersten Grundbegriffe
angeben, und diese sollen, so viel möglich ist, jeder
in mehrern oder gar in allen Theilen angewandt wer-

den

I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
und a priori auf einander folgen ſollen. Da man
dieſes in der Grundlehre fordert, ſo iſt ſichs nicht zu
verwundern, wenn die Definitionen, die darinn vor-
kamen, von derjenigen Art waren, die wir Anfangs in
gegenwaͤrtigem §. beſchrieben haben, und daß folglich
weder Anfang noch Ende darinn abzuſehen war. Die
Frage, wo man anfangen oder aufhoͤren ſolle,
zu definiren,
bliebe dabey uneroͤrtert und kam im-
mer wieder vor.

§. 28.

Bey dieſem ſo durchaus entgegengeſetzten Wege,
den man bey Sacherklaͤrungen und Worterklaͤrungen
(§. 23. 24. 26.) zu nehmen hat, wenn man vollſtaͤndige
Syſteme errichten will, ſcheint es ſchwerer zu ſeyn,
beyde Syſteme in Verbindung zu bringen. Allein die
Betrachtung der Sache ſelbſt ruͤckt ſie naͤher zuſammen.
Denn ſo hat Locke bereits angemerket, daß die Na-
men der einfachen Begriffe in der Sprache, in An-
ſehung ihrer Bedeutung, die wenigſte oder vielmehr
gar keine Schwierigkeit haben. Demnach machen
die einfachen Begriffe in dem Syſteme der
Sacherklaͤrungen, und ihre Namen in dem
Syſteme der Worterklaͤrungen den erſten An-
fang aus, und dienen den uͤbrigen zum Grunde.

Jm Syſteme der Worterklaͤrungen ſollten aber frey-
lich, wenn es die Sprachen zuließen, die Namen der
einfachen Begriffe durchaus Wurzelwoͤrter ſeyn.

§. 29.

Da die Grundlehre in allen Theilen der menſchli-
chen Erkenntniß anwendbar ſeyn ſoll (§. 3.), ſo muß
ſie allerdings zu denſelben die erſten Grundbegriffe
angeben, und dieſe ſollen, ſo viel moͤglich iſt, jeder
in mehrern oder gar in allen Theilen angewandt wer-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0060" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Erforderni&#x017F;&#x017F;e</hi></fw><lb/>
und <hi rendition="#aq">a priori</hi> auf einander folgen &#x017F;ollen. Da man<lb/>
die&#x017F;es in der Grundlehre fordert, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ichs nicht zu<lb/>
verwundern, wenn die Definitionen, die darinn vor-<lb/>
kamen, von derjenigen Art waren, die wir Anfangs in<lb/>
gegenwa&#x0364;rtigem §. be&#x017F;chrieben haben, und daß folglich<lb/>
weder Anfang noch Ende darinn abzu&#x017F;ehen war. Die<lb/>
Frage, <hi rendition="#fr">wo man anfangen oder aufho&#x0364;ren &#x017F;olle,<lb/>
zu definiren,</hi> bliebe dabey unero&#x0364;rtert und kam im-<lb/>
mer wieder vor.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 28.</head><lb/>
            <p>Bey die&#x017F;em &#x017F;o durchaus entgegenge&#x017F;etzten Wege,<lb/>
den man bey Sacherkla&#x0364;rungen und Worterkla&#x0364;rungen<lb/>
(§. 23. 24. 26.) zu nehmen hat, wenn man voll&#x017F;ta&#x0364;ndige<lb/>
Sy&#x017F;teme errichten will, &#x017F;cheint es &#x017F;chwerer zu &#x017F;eyn,<lb/>
beyde Sy&#x017F;teme in Verbindung zu bringen. Allein die<lb/>
Betrachtung der Sache &#x017F;elb&#x017F;t ru&#x0364;ckt &#x017F;ie na&#x0364;her zu&#x017F;ammen.<lb/>
Denn &#x017F;o hat <hi rendition="#fr">Locke</hi> bereits angemerket, daß die Na-<lb/>
men der einfachen Begriffe in der Sprache, in An-<lb/>
&#x017F;ehung ihrer Bedeutung, die wenig&#x017F;te oder vielmehr<lb/>
gar keine Schwierigkeit haben. <hi rendition="#fr">Demnach machen<lb/>
die einfachen Begriffe in dem Sy&#x017F;teme der<lb/>
Sacherkla&#x0364;rungen, und ihre Namen in dem<lb/>
Sy&#x017F;teme der Worterkla&#x0364;rungen den er&#x017F;ten An-<lb/>
fang aus, und dienen den u&#x0364;brigen zum Grunde.</hi><lb/>
Jm Sy&#x017F;teme der Worterkla&#x0364;rungen &#x017F;ollten aber frey-<lb/>
lich, wenn es die Sprachen zuließen, die Namen der<lb/>
einfachen Begriffe durchaus Wurzelwo&#x0364;rter &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 29.</head><lb/>
            <p>Da die Grundlehre in allen Theilen der men&#x017F;chli-<lb/>
chen Erkenntniß anwendbar &#x017F;eyn &#x017F;oll (§. 3.), &#x017F;o muß<lb/>
&#x017F;ie allerdings zu den&#x017F;elben die er&#x017F;ten Grundbegriffe<lb/>
angeben, und die&#x017F;e &#x017F;ollen, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich i&#x017F;t, jeder<lb/>
in mehrern oder gar in allen Theilen angewandt wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0060] I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe und a priori auf einander folgen ſollen. Da man dieſes in der Grundlehre fordert, ſo iſt ſichs nicht zu verwundern, wenn die Definitionen, die darinn vor- kamen, von derjenigen Art waren, die wir Anfangs in gegenwaͤrtigem §. beſchrieben haben, und daß folglich weder Anfang noch Ende darinn abzuſehen war. Die Frage, wo man anfangen oder aufhoͤren ſolle, zu definiren, bliebe dabey uneroͤrtert und kam im- mer wieder vor. §. 28. Bey dieſem ſo durchaus entgegengeſetzten Wege, den man bey Sacherklaͤrungen und Worterklaͤrungen (§. 23. 24. 26.) zu nehmen hat, wenn man vollſtaͤndige Syſteme errichten will, ſcheint es ſchwerer zu ſeyn, beyde Syſteme in Verbindung zu bringen. Allein die Betrachtung der Sache ſelbſt ruͤckt ſie naͤher zuſammen. Denn ſo hat Locke bereits angemerket, daß die Na- men der einfachen Begriffe in der Sprache, in An- ſehung ihrer Bedeutung, die wenigſte oder vielmehr gar keine Schwierigkeit haben. Demnach machen die einfachen Begriffe in dem Syſteme der Sacherklaͤrungen, und ihre Namen in dem Syſteme der Worterklaͤrungen den erſten An- fang aus, und dienen den uͤbrigen zum Grunde. Jm Syſteme der Worterklaͤrungen ſollten aber frey- lich, wenn es die Sprachen zuließen, die Namen der einfachen Begriffe durchaus Wurzelwoͤrter ſeyn. §. 29. Da die Grundlehre in allen Theilen der menſchli- chen Erkenntniß anwendbar ſeyn ſoll (§. 3.), ſo muß ſie allerdings zu denſelben die erſten Grundbegriffe angeben, und dieſe ſollen, ſo viel moͤglich iſt, jeder in mehrern oder gar in allen Theilen angewandt wer- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/60
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/60>, abgerufen am 21.11.2024.