Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.I. Hauptstück. Erfordernisse metrische Nothwendigkeit und Evidenz ein-führe. Daran hatte nun Wolf allerdings auch ge- dacht, und gefunden, daß ein beträchtlicher Theil die- ser Nothwendigkeit und Evidenz in der Methode lie- ge, welche in der Meßkunst gebraucht wird. Und so geht auch in der Vernunftlehre die Theorie der Schlüsse und der Nothwendigkeit der Schlußfolgen mit der Theorie der Meßkunst zu Paaren. Alle Schlußarten sind darinnen abgezählt, und mit einer völlig geome- trischen Evidenz erwiesen. Man kann demnach das Wankende in der Metaphysic nicht darinn suchen, als ob man nicht im Stande wäre, jede Schlüsse, in Absicht auf ihre Form, zu prüfen. Wolf hatte da- her vorgeschlagen, man solle zu den ersten Sätzen lauter Grundsätze gebrauchen, und zwar, weil man diese zugiebt, so bald man die Worte versteht. Hiezu erforderte Wolf noch ferner, daß man die Wörter, die einige Dunkelheit haben könnten, definiren müsse, damit ihre Bedeutung bestimmt werde. Auf diese Art brachte man es so weit, daß man sich eine Ehre daraus machte, wenn man auch zu solchen Wörtern, an deren Bedeutung kein Mensch je gezweifelt hatte, und welche ehender die Sprache als ihre Bedeutung ändern, Definitionen finden konnte. Ueber dieß zeigete man die Mittel an, aus jeder De- finition mehrere Grundsätze herzuleiten, und folglich einen guten Vorrath von Vordersätzen zu Schluß- reden zu sammeln. §. 22. Bey dieser Art zu verfahren ist viel Richtiges, es Erfor-
I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe metriſche Nothwendigkeit und Evidenz ein-fuͤhre. Daran hatte nun Wolf allerdings auch ge- dacht, und gefunden, daß ein betraͤchtlicher Theil die- ſer Nothwendigkeit und Evidenz in der Methode lie- ge, welche in der Meßkunſt gebraucht wird. Und ſo geht auch in der Vernunftlehre die Theorie der Schluͤſſe und der Nothwendigkeit der Schlußfolgen mit der Theorie der Meßkunſt zu Paaren. Alle Schlußarten ſind darinnen abgezaͤhlt, und mit einer voͤllig geome- triſchen Evidenz erwieſen. Man kann demnach das Wankende in der Metaphyſic nicht darinn ſuchen, als ob man nicht im Stande waͤre, jede Schluͤſſe, in Abſicht auf ihre Form, zu pruͤfen. Wolf hatte da- her vorgeſchlagen, man ſolle zu den erſten Saͤtzen lauter Grundſaͤtze gebrauchen, und zwar, weil man dieſe zugiebt, ſo bald man die Worte verſteht. Hiezu erforderte Wolf noch ferner, daß man die Woͤrter, die einige Dunkelheit haben koͤnnten, definiren muͤſſe, damit ihre Bedeutung beſtimmt werde. Auf dieſe Art brachte man es ſo weit, daß man ſich eine Ehre daraus machte, wenn man auch zu ſolchen Woͤrtern, an deren Bedeutung kein Menſch je gezweifelt hatte, und welche ehender die Sprache als ihre Bedeutung aͤndern, Definitionen finden konnte. Ueber dieß zeigete man die Mittel an, aus jeder De- finition mehrere Grundſaͤtze herzuleiten, und folglich einen guten Vorrath von Vorderſaͤtzen zu Schluß- reden zu ſammeln. §. 22. Bey dieſer Art zu verfahren iſt viel Richtiges, es Erfor-
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I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
metriſche Nothwendigkeit und Evidenz ein-
fuͤhre. Daran hatte nun Wolf allerdings auch ge-
dacht, und gefunden, daß ein betraͤchtlicher Theil die-
ſer Nothwendigkeit und Evidenz in der Methode lie-
ge, welche in der Meßkunſt gebraucht wird. Und ſo
geht auch in der Vernunftlehre die Theorie der Schluͤſſe
und der Nothwendigkeit der Schlußfolgen mit der
Theorie der Meßkunſt zu Paaren. Alle Schlußarten
ſind darinnen abgezaͤhlt, und mit einer voͤllig geome-
triſchen Evidenz erwieſen. Man kann demnach das
Wankende in der Metaphyſic nicht darinn ſuchen,
als ob man nicht im Stande waͤre, jede Schluͤſſe, in
Abſicht auf ihre Form, zu pruͤfen. Wolf hatte da-
her vorgeſchlagen, man ſolle zu den erſten Saͤtzen
lauter Grundſaͤtze gebrauchen, und zwar, weil
man dieſe zugiebt, ſo bald man die Worte verſteht.
Hiezu erforderte Wolf noch ferner, daß man die
Woͤrter, die einige Dunkelheit haben koͤnnten,
definiren muͤſſe, damit ihre Bedeutung beſtimmt
werde. Auf dieſe Art brachte man es ſo weit, daß
man ſich eine Ehre daraus machte, wenn man auch
zu ſolchen Woͤrtern, an deren Bedeutung kein Menſch
je gezweifelt hatte, und welche ehender die Sprache als
ihre Bedeutung aͤndern, Definitionen finden konnte.
Ueber dieß zeigete man die Mittel an, aus jeder De-
finition mehrere Grundſaͤtze herzuleiten, und folglich
einen guten Vorrath von Vorderſaͤtzen zu Schluß-
reden zu ſammeln.
§. 22.
Bey dieſer Art zu verfahren iſt viel Richtiges, es
iſt aber auch viel nicht allgemein Richtiges und nicht
genug Verſtandenes dabey. Um dieſes zu zeigen, wol-
len wir anfangen, die Schwierigkeiten anzufuͤhren, die
ſich hier einfinden. Einmal ſetzet jede Definition zwo
Erfor-
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