und des Gehörs, als bey denen von andern Sinnen. Seinem ursprünglichen Gebrauche nach scheint es auf die Gegenstände des Auges zu gehen. Es wurde aber nachgehends auf die Music, als ein Object des Gehörs, und sodann auch auf die Gegenstände der Einbildungskraft, auf Vorstellungen, und endlich auch auf Objecte des Verstandes ausgedehnet.
III.
Es giebt ferner Fälle, wo man statt des Wortes schön die Wörter angenehm, lieblich, reizend, entzückend etc. gebraucht, ohne daß diese Wörter im- mer als Synonyma, oder als modificirte Ausdrücke des schönen angesehen werden können, es sey, daß der Sprachgebrauch es hindert, oder daß in der Sa- che selbst ein Unterschied ist. So viel ist klar, daß die Wörter angenehm, lieblich, reizend, entzü- ckend etc. sich mehr auf die Empfindung, als auf die Sache beziehen, da hingegen das Wort schön auf die Sache selbst geht, wiewohl es immer auch eine Beziehung auf ein denkendes Wesen hat, welches das, was schön ist, als schön denket. Das Schöne kann empfunden werden, es will aber meistens auch als schön gedacht seyn, und in so fern kömmt etwas theoretisches, eine Art von Betrachtung mit da- bey vor.
IV.
Mit der Etymologie reichet man hier nicht weit. Das Wort schön wird vom schonen hergeleitet, und es soll deswegen daher kommen, weil das, was schön ist, Schonung fordert, und so bleiben soll, wie es ist.
V.
Jn der Sprache findet sich auch besonders nur das Wort Gefallen, welches bey dem Schönen,
als
Lamb. Archit.I.B. A a
Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.
und des Gehoͤrs, als bey denen von andern Sinnen. Seinem urſpruͤnglichen Gebrauche nach ſcheint es auf die Gegenſtaͤnde des Auges zu gehen. Es wurde aber nachgehends auf die Muſic, als ein Object des Gehoͤrs, und ſodann auch auf die Gegenſtaͤnde der Einbildungskraft, auf Vorſtellungen, und endlich auch auf Objecte des Verſtandes ausgedehnet.
III.
Es giebt ferner Faͤlle, wo man ſtatt des Wortes ſchoͤn die Woͤrter angenehm, lieblich, reizend, entzuͤckend ꝛc. gebraucht, ohne daß dieſe Woͤrter im- mer als Synonyma, oder als modificirte Ausdruͤcke des ſchoͤnen angeſehen werden koͤnnen, es ſey, daß der Sprachgebrauch es hindert, oder daß in der Sa- che ſelbſt ein Unterſchied iſt. So viel iſt klar, daß die Woͤrter angenehm, lieblich, reizend, entzuͤ- ckend ꝛc. ſich mehr auf die Empfindung, als auf die Sache beziehen, da hingegen das Wort ſchoͤn auf die Sache ſelbſt geht, wiewohl es immer auch eine Beziehung auf ein denkendes Weſen hat, welches das, was ſchoͤn iſt, als ſchoͤn denket. Das Schoͤne kann empfunden werden, es will aber meiſtens auch als ſchoͤn gedacht ſeyn, und in ſo fern koͤmmt etwas theoretiſches, eine Art von Betrachtung mit da- bey vor.
IV.
Mit der Etymologie reichet man hier nicht weit. Das Wort ſchoͤn wird vom ſchonen hergeleitet, und es ſoll deswegen daher kommen, weil das, was ſchoͤn iſt, Schonung fordert, und ſo bleiben ſoll, wie es iſt.
V.
Jn der Sprache findet ſich auch beſonders nur das Wort Gefallen, welches bey dem Schoͤnen,
als
Lamb. Archit.I.B. A a
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Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.
und des Gehoͤrs, als bey denen von andern Sinnen.
Seinem urſpruͤnglichen Gebrauche nach ſcheint es auf
die Gegenſtaͤnde des Auges zu gehen. Es wurde
aber nachgehends auf die Muſic, als ein Object des
Gehoͤrs, und ſodann auch auf die Gegenſtaͤnde der
Einbildungskraft, auf Vorſtellungen, und endlich
auch auf Objecte des Verſtandes ausgedehnet.
III.
Es giebt ferner Faͤlle, wo man ſtatt des Wortes
ſchoͤn die Woͤrter angenehm, lieblich, reizend,
entzuͤckend ꝛc. gebraucht, ohne daß dieſe Woͤrter im-
mer als Synonyma, oder als modificirte Ausdruͤcke
des ſchoͤnen angeſehen werden koͤnnen, es ſey, daß
der Sprachgebrauch es hindert, oder daß in der Sa-
che ſelbſt ein Unterſchied iſt. So viel iſt klar, daß
die Woͤrter angenehm, lieblich, reizend, entzuͤ-
ckend ꝛc. ſich mehr auf die Empfindung, als auf die
Sache beziehen, da hingegen das Wort ſchoͤn auf
die Sache ſelbſt geht, wiewohl es immer auch eine
Beziehung auf ein denkendes Weſen hat, welches
das, was ſchoͤn iſt, als ſchoͤn denket. Das Schoͤne
kann empfunden werden, es will aber meiſtens auch
als ſchoͤn gedacht ſeyn, und in ſo fern koͤmmt etwas
theoretiſches, eine Art von Betrachtung mit da-
bey vor.
IV.
Mit der Etymologie reichet man hier nicht weit.
Das Wort ſchoͤn wird vom ſchonen hergeleitet,
und es ſoll deswegen daher kommen, weil das, was
ſchoͤn iſt, Schonung fordert, und ſo bleiben ſoll, wie
es iſt.
V.
Jn der Sprache findet ſich auch beſonders nur
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/405>, abgerufen am 23.02.2025.
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