Es wird nach den erst vorgetragenen Betrachtun- gen über die Vollkommenheit nicht undien- lich seyn, den Begriff der Schönheit noch besonders vorzunehmen, um nicht so schlechthin bey dem weni- gen, was im §. 354. davon gesaget worden, stehen zu bleiben. Es läßt sich zwar viel von dem, was über die Ordnung und Vollkommenheit im vorherge- henden gesaget worden, auf die Schönheit anwen- den, indessen aber wird die Sache dadurch nicht er- schöpfet, und über dieß beut sowohl der Begriff, als das Wort Schönheit verschiedenes an, das besonders zu bemerken ist. Und dieses werde ich in gegenwär- tigem Zusatze noch nachholen, so fern es nämlich in der hier erforderlichen Kürze und Allgemeinheit ge- schehen kann.
II.
Hiebey ist nun nicht leicht zu erörtern, ob man bey dem Worte, oder bey dem Begriffe, oder bey der Sache, oder bey der Empfindung des Schö- nen anfangen soll. Jch werde also den Anfang bey dieser sich gleich darbiethenden Schwierigkeit ma- chen, und daher Wort, Begriff, Sache und Em- pfindung gegen einander halten, um zu sehen, wie sich jedes dieser Stücke theils hervordrängt, theils zu- rücke bleibt. Wir gebrauchen das Wort Schönheit überhaupt mehr bey den Gegenständen des Auges
und
Zuſatz zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.
I.
Es wird nach den erſt vorgetragenen Betrachtun- gen uͤber die Vollkommenheit nicht undien- lich ſeyn, den Begriff der Schoͤnheit noch beſonders vorzunehmen, um nicht ſo ſchlechthin bey dem weni- gen, was im §. 354. davon geſaget worden, ſtehen zu bleiben. Es laͤßt ſich zwar viel von dem, was uͤber die Ordnung und Vollkommenheit im vorherge- henden geſaget worden, auf die Schoͤnheit anwen- den, indeſſen aber wird die Sache dadurch nicht er- ſchoͤpfet, und uͤber dieß beut ſowohl der Begriff, als das Wort Schoͤnheit verſchiedenes an, das beſonders zu bemerken iſt. Und dieſes werde ich in gegenwaͤr- tigem Zuſatze noch nachholen, ſo fern es naͤmlich in der hier erforderlichen Kuͤrze und Allgemeinheit ge- ſchehen kann.
II.
Hiebey iſt nun nicht leicht zu eroͤrtern, ob man bey dem Worte, oder bey dem Begriffe, oder bey der Sache, oder bey der Empfindung des Schoͤ- nen anfangen ſoll. Jch werde alſo den Anfang bey dieſer ſich gleich darbiethenden Schwierigkeit ma- chen, und daher Wort, Begriff, Sache und Em- pfindung gegen einander halten, um zu ſehen, wie ſich jedes dieſer Stuͤcke theils hervordraͤngt, theils zu- ruͤcke bleibt. Wir gebrauchen das Wort Schoͤnheit uͤberhaupt mehr bey den Gegenſtaͤnden des Auges
und
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Zuſatz
zum zwoͤlften Hauptſtuͤcke.
I.
Es wird nach den erſt vorgetragenen Betrachtun-
gen uͤber die Vollkommenheit nicht undien-
lich ſeyn, den Begriff der Schoͤnheit noch beſonders
vorzunehmen, um nicht ſo ſchlechthin bey dem weni-
gen, was im §. 354. davon geſaget worden, ſtehen zu
bleiben. Es laͤßt ſich zwar viel von dem, was uͤber
die Ordnung und Vollkommenheit im vorherge-
henden geſaget worden, auf die Schoͤnheit anwen-
den, indeſſen aber wird die Sache dadurch nicht er-
ſchoͤpfet, und uͤber dieß beut ſowohl der Begriff, als
das Wort Schoͤnheit verſchiedenes an, das beſonders
zu bemerken iſt. Und dieſes werde ich in gegenwaͤr-
tigem Zuſatze noch nachholen, ſo fern es naͤmlich in
der hier erforderlichen Kuͤrze und Allgemeinheit ge-
ſchehen kann.
II.
Hiebey iſt nun nicht leicht zu eroͤrtern, ob man
bey dem Worte, oder bey dem Begriffe, oder bey
der Sache, oder bey der Empfindung des Schoͤ-
nen anfangen ſoll. Jch werde alſo den Anfang
bey dieſer ſich gleich darbiethenden Schwierigkeit ma-
chen, und daher Wort, Begriff, Sache und Em-
pfindung gegen einander halten, um zu ſehen, wie
ſich jedes dieſer Stuͤcke theils hervordraͤngt, theils zu-
ruͤcke bleibt. Wir gebrauchen das Wort Schoͤnheit
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/404>, abgerufen am 21.11.2024.
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