Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XII. Hauptstück.
darunter vorkommen? Denn je besser und vollständi-
ger man weiß, welche Folgen, Veränderungen und
neue Verhältnisse jede Art von Mittel und wirkenden
Ursachen nach sich ziehen; desto leichter wird es auch,
den Rückweg zu nehmen, und zu fürgegebenen Fol-
gen, Veränderungen und Verhältnissen die einfachsten
und unmittelbarsten Mittel und Ursachen zu finden.
Jn der Natur, wo alles ohnehin schon auf Maxima
gebracht ist, kommen solche Umstände häufig vor.
So z. E. um alle Planeten und Cometen im Kreis-
laufe zu erhalten, gebraucht es weiter nichts, als daß
sie durch einen an sich sehr einfachen Druck von der
geradelinichten Bewegung abgelenkt werden. Auf
der Erdfläche fällt es fast in das Unbegreifliche, zu
wie vielerley Absichten die Luft, das Wasser, Me-
talle etc. eingerichtet sind. Die Wirkungen der Natur
sind überhaupt so unmittelbar, daß es längst schon
zum Sprüchworte geworden, daß die Natur den kür-
zesten Weg gehe, und zu jeder Wirkung die geringste
Kraft gebrauche.

§. 364.

Die Meßkunst giebt uns in den vielerley Arten,
eine gleiche Aufgabe aufzulösen und zu construiren,
augenscheinliche Beyspiele, daß beydes weitläuftiger
oder kürzer wird, je nachdem man es anders angreift,
und dieser Unterschied hat Wolfen Anlaß gegeben,
aus der Aufgabe, die einfachste und netteste Con-
struction einer Gleichung zu finden, überhaupt die
Aufgabe von der Ausmessung der Größe der Voll-
kommenheit zu abstrahiren. Wir werden hier nur
untersuchen, woher solche Unterschiede in den Auflö-
sungen und Constructionen entstehen? Zu diesem En-
de merken wir an, daß die Algeber alles auf die ein-
fachsten Operationen des Addirens, Subtrahirens,

Mul-

XII. Hauptſtuͤck.
darunter vorkommen? Denn je beſſer und vollſtaͤndi-
ger man weiß, welche Folgen, Veraͤnderungen und
neue Verhaͤltniſſe jede Art von Mittel und wirkenden
Urſachen nach ſich ziehen; deſto leichter wird es auch,
den Ruͤckweg zu nehmen, und zu fuͤrgegebenen Fol-
gen, Veraͤnderungen und Verhaͤltniſſen die einfachſten
und unmittelbarſten Mittel und Urſachen zu finden.
Jn der Natur, wo alles ohnehin ſchon auf Maxima
gebracht iſt, kommen ſolche Umſtaͤnde haͤufig vor.
So z. E. um alle Planeten und Cometen im Kreis-
laufe zu erhalten, gebraucht es weiter nichts, als daß
ſie durch einen an ſich ſehr einfachen Druck von der
geradelinichten Bewegung abgelenkt werden. Auf
der Erdflaͤche faͤllt es faſt in das Unbegreifliche, zu
wie vielerley Abſichten die Luft, das Waſſer, Me-
talle ꝛc. eingerichtet ſind. Die Wirkungen der Natur
ſind uͤberhaupt ſo unmittelbar, daß es laͤngſt ſchon
zum Spruͤchworte geworden, daß die Natur den kuͤr-
zeſten Weg gehe, und zu jeder Wirkung die geringſte
Kraft gebrauche.

§. 364.

Die Meßkunſt giebt uns in den vielerley Arten,
eine gleiche Aufgabe aufzuloͤſen und zu conſtruiren,
augenſcheinliche Beyſpiele, daß beydes weitlaͤuftiger
oder kuͤrzer wird, je nachdem man es anders angreift,
und dieſer Unterſchied hat Wolfen Anlaß gegeben,
aus der Aufgabe, die einfachſte und netteſte Con-
ſtruction einer Gleichung zu finden, uͤberhaupt die
Aufgabe von der Ausmeſſung der Groͤße der Voll-
kommenheit zu abſtrahiren. Wir werden hier nur
unterſuchen, woher ſolche Unterſchiede in den Aufloͤ-
ſungen und Conſtructionen entſtehen? Zu dieſem En-
de merken wir an, daß die Algeber alles auf die ein-
fachſten Operationen des Addirens, Subtrahirens,

Mul-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0392" n="356"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
darunter vorkommen? Denn je be&#x017F;&#x017F;er und voll&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ger man weiß, welche Folgen, Vera&#x0364;nderungen und<lb/>
neue Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e jede Art von Mittel und wirkenden<lb/>
Ur&#x017F;achen nach &#x017F;ich ziehen; de&#x017F;to leichter wird es auch,<lb/>
den Ru&#x0364;ckweg zu nehmen, und zu fu&#x0364;rgegebenen Fol-<lb/>
gen, Vera&#x0364;nderungen und Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en die einfach&#x017F;ten<lb/>
und unmittelbar&#x017F;ten Mittel und Ur&#x017F;achen zu finden.<lb/>
Jn der Natur, wo alles ohnehin &#x017F;chon auf <hi rendition="#aq">Maxima</hi><lb/>
gebracht i&#x017F;t, kommen &#x017F;olche Um&#x017F;ta&#x0364;nde ha&#x0364;ufig vor.<lb/>
So z. E. um alle Planeten und Cometen im Kreis-<lb/>
laufe zu erhalten, gebraucht es weiter nichts, als daß<lb/>
&#x017F;ie durch einen an &#x017F;ich &#x017F;ehr einfachen Druck von der<lb/>
geradelinichten Bewegung abgelenkt werden. Auf<lb/>
der Erdfla&#x0364;che fa&#x0364;llt es fa&#x017F;t in das Unbegreifliche, zu<lb/>
wie vielerley Ab&#x017F;ichten die Luft, das Wa&#x017F;&#x017F;er, Me-<lb/>
talle &#xA75B;c. eingerichtet &#x017F;ind. Die Wirkungen der Natur<lb/>
&#x017F;ind u&#x0364;berhaupt &#x017F;o unmittelbar, daß es la&#x0364;ng&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
zum Spru&#x0364;chworte geworden, daß die Natur den ku&#x0364;r-<lb/>
ze&#x017F;ten Weg gehe, und zu jeder Wirkung die gering&#x017F;te<lb/>
Kraft gebrauche.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 364.</head><lb/>
            <p>Die Meßkun&#x017F;t giebt uns in den vielerley Arten,<lb/>
eine gleiche Aufgabe aufzulo&#x0364;&#x017F;en und zu con&#x017F;truiren,<lb/>
augen&#x017F;cheinliche Bey&#x017F;piele, daß beydes weitla&#x0364;uftiger<lb/>
oder ku&#x0364;rzer wird, je nachdem man es anders angreift,<lb/>
und die&#x017F;er Unter&#x017F;chied hat <hi rendition="#fr">Wolfen</hi> Anlaß gegeben,<lb/>
aus der Aufgabe, die einfach&#x017F;te und nette&#x017F;te Con-<lb/>
&#x017F;truction einer Gleichung zu finden, u&#x0364;berhaupt die<lb/>
Aufgabe von der Ausme&#x017F;&#x017F;ung der Gro&#x0364;ße der Voll-<lb/>
kommenheit zu ab&#x017F;trahiren. Wir werden hier nur<lb/>
unter&#x017F;uchen, woher &#x017F;olche Unter&#x017F;chiede in den Auflo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ungen und Con&#x017F;tructionen ent&#x017F;tehen? Zu die&#x017F;em En-<lb/>
de merken wir an, daß die Algeber alles auf die ein-<lb/>
fach&#x017F;ten Operationen des Addirens, Subtrahirens,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mul-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0392] XII. Hauptſtuͤck. darunter vorkommen? Denn je beſſer und vollſtaͤndi- ger man weiß, welche Folgen, Veraͤnderungen und neue Verhaͤltniſſe jede Art von Mittel und wirkenden Urſachen nach ſich ziehen; deſto leichter wird es auch, den Ruͤckweg zu nehmen, und zu fuͤrgegebenen Fol- gen, Veraͤnderungen und Verhaͤltniſſen die einfachſten und unmittelbarſten Mittel und Urſachen zu finden. Jn der Natur, wo alles ohnehin ſchon auf Maxima gebracht iſt, kommen ſolche Umſtaͤnde haͤufig vor. So z. E. um alle Planeten und Cometen im Kreis- laufe zu erhalten, gebraucht es weiter nichts, als daß ſie durch einen an ſich ſehr einfachen Druck von der geradelinichten Bewegung abgelenkt werden. Auf der Erdflaͤche faͤllt es faſt in das Unbegreifliche, zu wie vielerley Abſichten die Luft, das Waſſer, Me- talle ꝛc. eingerichtet ſind. Die Wirkungen der Natur ſind uͤberhaupt ſo unmittelbar, daß es laͤngſt ſchon zum Spruͤchworte geworden, daß die Natur den kuͤr- zeſten Weg gehe, und zu jeder Wirkung die geringſte Kraft gebrauche. §. 364. Die Meßkunſt giebt uns in den vielerley Arten, eine gleiche Aufgabe aufzuloͤſen und zu conſtruiren, augenſcheinliche Beyſpiele, daß beydes weitlaͤuftiger oder kuͤrzer wird, je nachdem man es anders angreift, und dieſer Unterſchied hat Wolfen Anlaß gegeben, aus der Aufgabe, die einfachſte und netteſte Con- ſtruction einer Gleichung zu finden, uͤberhaupt die Aufgabe von der Ausmeſſung der Groͤße der Voll- kommenheit zu abſtrahiren. Wir werden hier nur unterſuchen, woher ſolche Unterſchiede in den Aufloͤ- ſungen und Conſtructionen entſtehen? Zu dieſem En- de merken wir an, daß die Algeber alles auf die ein- fachſten Operationen des Addirens, Subtrahirens, Mul-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/392
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/392>, abgerufen am 30.12.2024.