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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Volle und das Durchgängige.
Schwere entdecket ist, eine sehr einfache und durch-
gängige Anordnung findet, und etwann auch hoffen
kann, die dabey vorkommenden Maxima zu bestim-
men. Wo aber, wie es auf der Erdfläche geschieht,
die wirkenden Ursachen zu sehr durch einander laufen,
da ist in den Dingen der Natur, die Verflechtung des
Aehnlichen und Verschiedenen entweder weniger offen-
bar, oder sie hat gar nicht statt, und zwar aus glei-
chen Gründen, wie wir im vorhergehenden Haupt-
stücke gesehen, daß die bloß locale Ordnung öfters auch
bey absolute nothwendigen Gesetzen durchaus wegfällt.
Die Fälle, wo wir die in der bloßen Symmetrie be-
stehende Vollkommenheit noch am leichtesten wahr-
nehmen, sind die äußerliche Gestalt und organisirten
Theile der Menschen, Thiere, Pflanzen etc. Das all-
gemeine Bild, der Plan oder der ideale Entwurf ih-
rer Gestalt und Anordnung, wovon aber die Natur,
eben so, wie die derselben nachahmende Bildhauer
und Malerkunst, immer mehr oder minder abweicht
(§. 357.), scheint nach Regeln und Proportionen zu
seyn, die eine geometrische Schärfe haben, und ver-
schiedenes davon läßt sich aus bloß mechanischen
Gründen, z. E. aus der Natur des Mittelpunctes
der Schwere etc. erweisen.

§. 362.

Oefters kann auch in den einzelnen Theilen einer
Sache für sich ein Maximum statt finden, und daher
bey den Werken der Kunst aus Gründen bestimmet
werden. Wir wollen einiger besondern Beyspiele Er-
wähnung thun. Die Schifffahrt beut uns dergleichen
an. Die Figur des Schiffes soll so beschaffen seyn,
daß es beym Seegeln und Rudern den geringsten
Widerstand finde, am geschwindesten fortgetrieben

werden
Lamb. Archit. I. B. Z

Das Volle und das Durchgaͤngige.
Schwere entdecket iſt, eine ſehr einfache und durch-
gaͤngige Anordnung findet, und etwann auch hoffen
kann, die dabey vorkommenden Maxima zu beſtim-
men. Wo aber, wie es auf der Erdflaͤche geſchieht,
die wirkenden Urſachen zu ſehr durch einander laufen,
da iſt in den Dingen der Natur, die Verflechtung des
Aehnlichen und Verſchiedenen entweder weniger offen-
bar, oder ſie hat gar nicht ſtatt, und zwar aus glei-
chen Gruͤnden, wie wir im vorhergehenden Haupt-
ſtuͤcke geſehen, daß die bloß locale Ordnung oͤfters auch
bey abſolute nothwendigen Geſetzen durchaus wegfaͤllt.
Die Faͤlle, wo wir die in der bloßen Symmetrie be-
ſtehende Vollkommenheit noch am leichteſten wahr-
nehmen, ſind die aͤußerliche Geſtalt und organiſirten
Theile der Menſchen, Thiere, Pflanzen ꝛc. Das all-
gemeine Bild, der Plan oder der ideale Entwurf ih-
rer Geſtalt und Anordnung, wovon aber die Natur,
eben ſo, wie die derſelben nachahmende Bildhauer
und Malerkunſt, immer mehr oder minder abweicht
(§. 357.), ſcheint nach Regeln und Proportionen zu
ſeyn, die eine geometriſche Schaͤrfe haben, und ver-
ſchiedenes davon laͤßt ſich aus bloß mechaniſchen
Gruͤnden, z. E. aus der Natur des Mittelpunctes
der Schwere ꝛc. erweiſen.

§. 362.

Oefters kann auch in den einzelnen Theilen einer
Sache fuͤr ſich ein Maximum ſtatt finden, und daher
bey den Werken der Kunſt aus Gruͤnden beſtimmet
werden. Wir wollen einiger beſondern Beyſpiele Er-
waͤhnung thun. Die Schifffahrt beut uns dergleichen
an. Die Figur des Schiffes ſoll ſo beſchaffen ſeyn,
daß es beym Seegeln und Rudern den geringſten
Widerſtand finde, am geſchwindeſten fortgetrieben

werden
Lamb. Archit. I. B. Z
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[353/0389] Das Volle und das Durchgaͤngige. Schwere entdecket iſt, eine ſehr einfache und durch- gaͤngige Anordnung findet, und etwann auch hoffen kann, die dabey vorkommenden Maxima zu beſtim- men. Wo aber, wie es auf der Erdflaͤche geſchieht, die wirkenden Urſachen zu ſehr durch einander laufen, da iſt in den Dingen der Natur, die Verflechtung des Aehnlichen und Verſchiedenen entweder weniger offen- bar, oder ſie hat gar nicht ſtatt, und zwar aus glei- chen Gruͤnden, wie wir im vorhergehenden Haupt- ſtuͤcke geſehen, daß die bloß locale Ordnung oͤfters auch bey abſolute nothwendigen Geſetzen durchaus wegfaͤllt. Die Faͤlle, wo wir die in der bloßen Symmetrie be- ſtehende Vollkommenheit noch am leichteſten wahr- nehmen, ſind die aͤußerliche Geſtalt und organiſirten Theile der Menſchen, Thiere, Pflanzen ꝛc. Das all- gemeine Bild, der Plan oder der ideale Entwurf ih- rer Geſtalt und Anordnung, wovon aber die Natur, eben ſo, wie die derſelben nachahmende Bildhauer und Malerkunſt, immer mehr oder minder abweicht (§. 357.), ſcheint nach Regeln und Proportionen zu ſeyn, die eine geometriſche Schaͤrfe haben, und ver- ſchiedenes davon laͤßt ſich aus bloß mechaniſchen Gruͤnden, z. E. aus der Natur des Mittelpunctes der Schwere ꝛc. erweiſen. §. 362. Oefters kann auch in den einzelnen Theilen einer Sache fuͤr ſich ein Maximum ſtatt finden, und daher bey den Werken der Kunſt aus Gruͤnden beſtimmet werden. Wir wollen einiger beſondern Beyſpiele Er- waͤhnung thun. Die Schifffahrt beut uns dergleichen an. Die Figur des Schiffes ſoll ſo beſchaffen ſeyn, daß es beym Seegeln und Rudern den geringſten Widerſtand finde, am geſchwindeſten fortgetrieben werden Lamb. Archit. I. B. Z

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/389>, abgerufen am 21.11.2024.