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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Volle und das Durchgängige.
richter reden, nach dem Jdeal verfertigen und aus-
arbeiten könne? Und dabey kömmt es theils auf die
Beschaffenheit des Stoffes, theils auf die Sorgfalt
und Geschicklichkeit des Arbeiters an, der Schärfe
und Feinheit näher zu kommen, welche die Theorie
voraussetzet, und welche in Absicht auf die Ausarbei-
tung, nicht als ein Maximum, sondern schlechthin
als eine Einheit angesehen werden kann, ungeachtet
sie an sich, oder in Absicht auf den Entwurf be-
trachtet, allerdings ein Maximum seyn kann. Denn
so wird z. E. bey den Fernröhren, die zu ihren Ab-
sichten dienlichste Figur der Gläser durch die Theorie
bestimmet, und in so fern ist sie ein Maximum. Jn
der Ausübung aber ist die Frage, den Gläsern diese
Figur nach aller Schärfe zu geben, und da wird sie
als eine Einheit betrachtet, von welcher aber die
wirkliche Ausführung immer um einen kleinen Bruch
abweicht, weil die physischen Umstände eben keine
geometrische Schärfe zulassen.

§. 358.

Ein Maximum kömmt überhaupt nur vor, wo
etwas ab- und zunimmt,
und wo folglich meh-
rere Regeln einander einschränken,
oder was
nach der einen größer werden könnte, nach der andern
vermindert wird, folglich überhaupt nur im Zusam-
mengesetzten.
Wollte man daher das Vollkom-
mene,
und so auch das Schöne nur da finden, wo
ein Maximum statt hat, so müßte es auch nur im Zu-
sammengesetzten gefunden werden können. Jndessen
kann man dem Einfachen, so fern Realität darinn
ist, eine Art von Vollkommenheit nicht nur nicht ab-
sprechen, sondern diese ist allerdings, als die erste
Anlage zu jeden andern Vollkommenheiten anzusehen.

Zu

Das Volle und das Durchgaͤngige.
richter reden, nach dem Jdeal verfertigen und aus-
arbeiten koͤnne? Und dabey koͤmmt es theils auf die
Beſchaffenheit des Stoffes, theils auf die Sorgfalt
und Geſchicklichkeit des Arbeiters an, der Schaͤrfe
und Feinheit naͤher zu kommen, welche die Theorie
vorausſetzet, und welche in Abſicht auf die Ausarbei-
tung, nicht als ein Maximum, ſondern ſchlechthin
als eine Einheit angeſehen werden kann, ungeachtet
ſie an ſich, oder in Abſicht auf den Entwurf be-
trachtet, allerdings ein Maximum ſeyn kann. Denn
ſo wird z. E. bey den Fernroͤhren, die zu ihren Ab-
ſichten dienlichſte Figur der Glaͤſer durch die Theorie
beſtimmet, und in ſo fern iſt ſie ein Maximum. Jn
der Ausuͤbung aber iſt die Frage, den Glaͤſern dieſe
Figur nach aller Schaͤrfe zu geben, und da wird ſie
als eine Einheit betrachtet, von welcher aber die
wirkliche Ausfuͤhrung immer um einen kleinen Bruch
abweicht, weil die phyſiſchen Umſtaͤnde eben keine
geometriſche Schaͤrfe zulaſſen.

§. 358.

Ein Maximum koͤmmt uͤberhaupt nur vor, wo
etwas ab- und zunimmt,
und wo folglich meh-
rere Regeln einander einſchraͤnken,
oder was
nach der einen groͤßer werden koͤnnte, nach der andern
vermindert wird, folglich uͤberhaupt nur im Zuſam-
mengeſetzten.
Wollte man daher das Vollkom-
mene,
und ſo auch das Schoͤne nur da finden, wo
ein Maximum ſtatt hat, ſo muͤßte es auch nur im Zu-
ſammengeſetzten gefunden werden koͤnnen. Jndeſſen
kann man dem Einfachen, ſo fern Realitaͤt darinn
iſt, eine Art von Vollkommenheit nicht nur nicht ab-
ſprechen, ſondern dieſe iſt allerdings, als die erſte
Anlage zu jeden andern Vollkommenheiten anzuſehen.

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[349/0385] Das Volle und das Durchgaͤngige. richter reden, nach dem Jdeal verfertigen und aus- arbeiten koͤnne? Und dabey koͤmmt es theils auf die Beſchaffenheit des Stoffes, theils auf die Sorgfalt und Geſchicklichkeit des Arbeiters an, der Schaͤrfe und Feinheit naͤher zu kommen, welche die Theorie vorausſetzet, und welche in Abſicht auf die Ausarbei- tung, nicht als ein Maximum, ſondern ſchlechthin als eine Einheit angeſehen werden kann, ungeachtet ſie an ſich, oder in Abſicht auf den Entwurf be- trachtet, allerdings ein Maximum ſeyn kann. Denn ſo wird z. E. bey den Fernroͤhren, die zu ihren Ab- ſichten dienlichſte Figur der Glaͤſer durch die Theorie beſtimmet, und in ſo fern iſt ſie ein Maximum. Jn der Ausuͤbung aber iſt die Frage, den Glaͤſern dieſe Figur nach aller Schaͤrfe zu geben, und da wird ſie als eine Einheit betrachtet, von welcher aber die wirkliche Ausfuͤhrung immer um einen kleinen Bruch abweicht, weil die phyſiſchen Umſtaͤnde eben keine geometriſche Schaͤrfe zulaſſen. §. 358. Ein Maximum koͤmmt uͤberhaupt nur vor, wo etwas ab- und zunimmt, und wo folglich meh- rere Regeln einander einſchraͤnken, oder was nach der einen groͤßer werden koͤnnte, nach der andern vermindert wird, folglich uͤberhaupt nur im Zuſam- mengeſetzten. Wollte man daher das Vollkom- mene, und ſo auch das Schoͤne nur da finden, wo ein Maximum ſtatt hat, ſo muͤßte es auch nur im Zu- ſammengeſetzten gefunden werden koͤnnen. Jndeſſen kann man dem Einfachen, ſo fern Realitaͤt darinn iſt, eine Art von Vollkommenheit nicht nur nicht ab- ſprechen, ſondern dieſe iſt allerdings, als die erſte Anlage zu jeden andern Vollkommenheiten anzuſehen. Zu

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/385>, abgerufen am 21.11.2024.