Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XII. Hauptstück.
welche immer den Begriff einer Bewegung in sich
halten, oder dieselbe voraus setzen, lassen sie sich auch
combiniren, z. E. von A gegen B, aus A zu B
oder bis zu B, von oder aus A durch B etc. Bey
allen Bewegungen aber kömmt der Begriff durch
vor, und daher haben wir, wenn der Raum, durch
welchen die Bewegung geschieht, als ein Ganzes an-
gesehen wird, die Ausdrücke: durch und durch,
durchaus, durchgängig etc.
wodurch wir nicht nur
die Continuität der Bewegung der Sache, sondern
auch die Continuität oder das Ununterbrochene in dem
Bilde anzeigen, das wir uns von der Sache machen.
Jn gleichem Verstande, wie das durch und das
durchaus durch alle Theile oder Glieder der Sache
geht, bezieht sich das aus auf das Ende, oder auf
den Schluß, oder auf die Vollendung, und so kömmt
es in den Wörtern ausseyn, ausschlafen, ausma-
chen, ausarbeiten etc.
vor. Das lateinische Wort
perficere scheint sowohl das durch als das aus zu
begreifen, und daher durcharbeiten und ausarbei-
ten
zugleich zu bedeuten. Jm Deutschen geben wir
es durch vollkommen machen, welches ungefähr
eben so viel sagen will, als machen, daß es voll
werde.

§. 352.

Solche Ausdrücke sind aber in der Sprache auf
vielerley Arten metaphorisch geworden, und ihre Be-
deutung wird demnach fast immer durch die Redens-
arten bestimmet, in welchen sie jedesmal vorkommen.
Dieses machet, daß man sie in besondern Fällen mit
andern damit mehr oder minder verwandten Aus-
drücken verwechseln kann, dergleichen z. E. voll-
kommen, völlig, vollständig, durchgängig,
ausgemacht, vollendet, ausgearbeitet, verfer-

tiget,

XII. Hauptſtuͤck.
welche immer den Begriff einer Bewegung in ſich
halten, oder dieſelbe voraus ſetzen, laſſen ſie ſich auch
combiniren, z. E. von A gegen B, aus A zu B
oder bis zu B, von oder aus A durch B ꝛc. Bey
allen Bewegungen aber koͤmmt der Begriff durch
vor, und daher haben wir, wenn der Raum, durch
welchen die Bewegung geſchieht, als ein Ganzes an-
geſehen wird, die Ausdruͤcke: durch und durch,
durchaus, durchgaͤngig ꝛc.
wodurch wir nicht nur
die Continuitaͤt der Bewegung der Sache, ſondern
auch die Continuitaͤt oder das Ununterbrochene in dem
Bilde anzeigen, das wir uns von der Sache machen.
Jn gleichem Verſtande, wie das durch und das
durchaus durch alle Theile oder Glieder der Sache
geht, bezieht ſich das aus auf das Ende, oder auf
den Schluß, oder auf die Vollendung, und ſo koͤmmt
es in den Woͤrtern ausſeyn, ausſchlafen, ausma-
chen, ausarbeiten ꝛc.
vor. Das lateiniſche Wort
perficere ſcheint ſowohl das durch als das aus zu
begreifen, und daher durcharbeiten und ausarbei-
ten
zugleich zu bedeuten. Jm Deutſchen geben wir
es durch vollkommen machen, welches ungefaͤhr
eben ſo viel ſagen will, als machen, daß es voll
werde.

§. 352.

Solche Ausdruͤcke ſind aber in der Sprache auf
vielerley Arten metaphoriſch geworden, und ihre Be-
deutung wird demnach faſt immer durch die Redens-
arten beſtimmet, in welchen ſie jedesmal vorkommen.
Dieſes machet, daß man ſie in beſondern Faͤllen mit
andern damit mehr oder minder verwandten Aus-
druͤcken verwechſeln kann, dergleichen z. E. voll-
kommen, voͤllig, vollſtaͤndig, durchgaͤngig,
ausgemacht, vollendet, ausgearbeitet, verfer-

tiget,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0378" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
welche immer den Begriff einer Bewegung in &#x017F;ich<lb/>
halten, oder die&#x017F;elbe voraus &#x017F;etzen, la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich auch<lb/>
combiniren, z. E. <hi rendition="#fr">von</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">gegen</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi>,</hi> <hi rendition="#fr">aus</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">zu</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">bis zu</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi>,</hi> <hi rendition="#fr">von</hi> oder <hi rendition="#fr">aus</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">durch</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi> &#xA75B;c. Bey<lb/>
allen Bewegungen aber ko&#x0364;mmt der Begriff <hi rendition="#fr">durch</hi><lb/>
vor, und daher haben wir, wenn der Raum, durch<lb/>
welchen die Bewegung ge&#x017F;chieht, als ein Ganzes an-<lb/>
ge&#x017F;ehen wird, die Ausdru&#x0364;cke: <hi rendition="#fr">durch und durch,<lb/>
durchaus, durchga&#x0364;ngig &#xA75B;c.</hi> wodurch wir nicht nur<lb/>
die Continuita&#x0364;t der Bewegung der Sache, &#x017F;ondern<lb/>
auch die Continuita&#x0364;t oder das Ununterbrochene in dem<lb/>
Bilde anzeigen, das wir uns von der Sache machen.<lb/>
Jn gleichem Ver&#x017F;tande, wie das <hi rendition="#fr">durch</hi> und das<lb/><hi rendition="#fr">durchaus</hi> durch alle Theile oder Glieder der Sache<lb/>
geht, bezieht &#x017F;ich das <hi rendition="#fr">aus</hi> auf das Ende, oder auf<lb/>
den Schluß, oder auf die Vollendung, und &#x017F;o ko&#x0364;mmt<lb/>
es in den Wo&#x0364;rtern <hi rendition="#fr">aus&#x017F;eyn, aus&#x017F;chlafen, ausma-<lb/>
chen, ausarbeiten &#xA75B;c.</hi> vor. Das lateini&#x017F;che Wort<lb/><hi rendition="#aq">perficere</hi> &#x017F;cheint &#x017F;owohl das <hi rendition="#fr">durch</hi> als das <hi rendition="#fr">aus</hi> zu<lb/>
begreifen, und daher <hi rendition="#fr">durcharbeiten</hi> und <hi rendition="#fr">ausarbei-<lb/>
ten</hi> zugleich zu bedeuten. Jm Deut&#x017F;chen geben wir<lb/>
es durch <hi rendition="#fr">vollkommen machen,</hi> welches ungefa&#x0364;hr<lb/>
eben &#x017F;o viel &#x017F;agen will, als <hi rendition="#fr">machen, daß es voll<lb/>
werde.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 352.</head><lb/>
            <p>Solche Ausdru&#x0364;cke &#x017F;ind aber in der Sprache auf<lb/>
vielerley Arten metaphori&#x017F;ch geworden, und ihre Be-<lb/>
deutung wird demnach fa&#x017F;t immer durch die Redens-<lb/>
arten be&#x017F;timmet, in welchen &#x017F;ie jedesmal vorkommen.<lb/>
Die&#x017F;es machet, daß man &#x017F;ie in be&#x017F;ondern Fa&#x0364;llen mit<lb/>
andern damit mehr oder minder verwandten Aus-<lb/>
dru&#x0364;cken verwech&#x017F;eln kann, dergleichen z. E. <hi rendition="#fr">voll-<lb/>
kommen, vo&#x0364;llig, voll&#x017F;ta&#x0364;ndig, durchga&#x0364;ngig,<lb/>
ausgemacht, vollendet, ausgearbeitet, verfer-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">tiget,</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0378] XII. Hauptſtuͤck. welche immer den Begriff einer Bewegung in ſich halten, oder dieſelbe voraus ſetzen, laſſen ſie ſich auch combiniren, z. E. von A gegen B, aus A zu B oder bis zu B, von oder aus A durch B ꝛc. Bey allen Bewegungen aber koͤmmt der Begriff durch vor, und daher haben wir, wenn der Raum, durch welchen die Bewegung geſchieht, als ein Ganzes an- geſehen wird, die Ausdruͤcke: durch und durch, durchaus, durchgaͤngig ꝛc. wodurch wir nicht nur die Continuitaͤt der Bewegung der Sache, ſondern auch die Continuitaͤt oder das Ununterbrochene in dem Bilde anzeigen, das wir uns von der Sache machen. Jn gleichem Verſtande, wie das durch und das durchaus durch alle Theile oder Glieder der Sache geht, bezieht ſich das aus auf das Ende, oder auf den Schluß, oder auf die Vollendung, und ſo koͤmmt es in den Woͤrtern ausſeyn, ausſchlafen, ausma- chen, ausarbeiten ꝛc. vor. Das lateiniſche Wort perficere ſcheint ſowohl das durch als das aus zu begreifen, und daher durcharbeiten und ausarbei- ten zugleich zu bedeuten. Jm Deutſchen geben wir es durch vollkommen machen, welches ungefaͤhr eben ſo viel ſagen will, als machen, daß es voll werde. §. 352. Solche Ausdruͤcke ſind aber in der Sprache auf vielerley Arten metaphoriſch geworden, und ihre Be- deutung wird demnach faſt immer durch die Redens- arten beſtimmet, in welchen ſie jedesmal vorkommen. Dieſes machet, daß man ſie in beſondern Faͤllen mit andern damit mehr oder minder verwandten Aus- druͤcken verwechſeln kann, dergleichen z. E. voll- kommen, voͤllig, vollſtaͤndig, durchgaͤngig, ausgemacht, vollendet, ausgearbeitet, verfer- tiget,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/378
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/378>, abgerufen am 21.12.2024.