Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.VIII. Hauptstück. demnach sagen: ein Mensch, überhaupt betrachtet,ist nicht gelehrt, so ist dieses bloß privativ zu nehmen, weil wir in dem allgemeinen Begriffe eines Men- schen, von der wirklichen Gelehrsamkeit abstrahiren, und nur die Möglichkeit dabey lassen. Hingegen kann bey einem Indiuiduo nichts Unbestimmtes blei- ben, und man kann auch, ohne von seinen Bestim- mungen wegzunehmen, keine fernern Bestimmungen zusetzen. Demnach, so lange ein Indiuiduum das bleiben soll, was es ist, bleibt es schlechthin unmöglich, daß es noch etwas anders dazu seyn könne, und zwar nicht nur deswegen, weil es dadurch mehr würde, als es war, son- dern weil es dieses mehrere nicht werden kann, ohne daß von dem, was es vorhin war, etwas geändert oder weggenommen werde. §. 260. Hieraus folgern wir ferner: Wenn in einem In- macht.
VIII. Hauptſtuͤck. demnach ſagen: ein Menſch, uͤberhaupt betrachtet,iſt nicht gelehrt, ſo iſt dieſes bloß privativ zu nehmen, weil wir in dem allgemeinen Begriffe eines Men- ſchen, von der wirklichen Gelehrſamkeit abſtrahiren, und nur die Moͤglichkeit dabey laſſen. Hingegen kann bey einem Indiuiduo nichts Unbeſtimmtes blei- ben, und man kann auch, ohne von ſeinen Beſtim- mungen wegzunehmen, keine fernern Beſtimmungen zuſetzen. Demnach, ſo lange ein Indiuiduum das bleiben ſoll, was es iſt, bleibt es ſchlechthin unmoͤglich, daß es noch etwas anders dazu ſeyn koͤnne, und zwar nicht nur deswegen, weil es dadurch mehr wuͤrde, als es war, ſon- dern weil es dieſes mehrere nicht werden kann, ohne daß von dem, was es vorhin war, etwas geaͤndert oder weggenommen werde. §. 260. Hieraus folgern wir ferner: Wenn in einem In- macht.
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VIII. Hauptſtuͤck.
demnach ſagen: ein Menſch, uͤberhaupt betrachtet,
iſt nicht gelehrt, ſo iſt dieſes bloß privativ zu nehmen,
weil wir in dem allgemeinen Begriffe eines Men-
ſchen, von der wirklichen Gelehrſamkeit abſtrahiren,
und nur die Moͤglichkeit dabey laſſen. Hingegen
kann bey einem Indiuiduo nichts Unbeſtimmtes blei-
ben, und man kann auch, ohne von ſeinen Beſtim-
mungen wegzunehmen, keine fernern Beſtimmungen
zuſetzen. Demnach, ſo lange ein Indiuiduum das
bleiben ſoll, was es iſt, bleibt es ſchlechthin
unmoͤglich, daß es noch etwas anders dazu
ſeyn koͤnne, und zwar nicht nur deswegen,
weil es dadurch mehr wuͤrde, als es war, ſon-
dern weil es dieſes mehrere nicht werden kann,
ohne daß von dem, was es vorhin war, etwas
geaͤndert oder weggenommen werde.
§. 260.
Hieraus folgern wir ferner: Wenn in einem In-
diuiduo A nichts vorkoͤmmt, welches die Be-
ſtimmung B ſchlechthin ausſchließt, ſo laͤßt es
die Beſtimmung B zu, und im Reiche der
Wahrheiten hat es dieſelbe. Denn ein Indiui-
duum iſt dadurch ein Indiuiduum, daß es jede Be-
ſtimmungen, die es zuſammen haben kann, wirklich
hat, und jede fernere Beſtimmungen, wenn daran
nichts geaͤndert werden ſoll, ſchlechthin ausſchließt.
Wenn wir demnach in erſt vorgetragenem Satze ſa-
gen, daß A die Beſtimmung B zulaſſe, ſo iſt dieſes
nur in Abſicht auf unſere Erkenntniß, ſo fern wir
naͤmlich bey den Indiuiduis aus dem Nicht ‒
widerſprechen auf das Daſeyn ſchließen, und
unſere Erkenntniß dadurch bereichern koͤnnen. Jn
dem Reiche der Wahrheit aber iſt alles ſchon ausge-
macht.
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