Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.und Forderungen der Jdentität. Plato hatte auf eine astrologische Art aus dem Um-laufe der Planeten geschlossen, daß nach einigen tau- send Jahren die Planeten wieder sämmtlich in gleiche Lage, und damit auch auf der Erdfläche alles wieder- kommen werde, wie es vorher war. Es sind aber die Zeiten des Umlaufs der Planeten nicht nur in- commensurabel, sondern diese Jncommensurabilität ändert sich durch unendlich kleine Stufen, so daß wenn auch zwo oder mehrere von diesen Zeiten einmal commensurabel wären, sie es nicht einen Augenblick lang seyn würden. Nun ist es schlechthin unmöglich, daß zwo incommensurable Perioden genau wieder zu- sammenträfen; um so viel weniger alle, die in der Welt vorkommen, zugleich. Demnach ist auch der Progressus rerum circularis, so lange die Welt bleibt, schlechthin unmöglich, weil es gar zu überhäuft viele incommensurable und durch einander perturbirte Pe- rioden in der Welt giebt. §. 132. Ungeacht demnach eine so absolute Jdentität nur sam
und Forderungen der Jdentitaͤt. Plato hatte auf eine aſtrologiſche Art aus dem Um-laufe der Planeten geſchloſſen, daß nach einigen tau- ſend Jahren die Planeten wieder ſaͤmmtlich in gleiche Lage, und damit auch auf der Erdflaͤche alles wieder- kommen werde, wie es vorher war. Es ſind aber die Zeiten des Umlaufs der Planeten nicht nur in- commenſurabel, ſondern dieſe Jncommenſurabilitaͤt aͤndert ſich durch unendlich kleine Stufen, ſo daß wenn auch zwo oder mehrere von dieſen Zeiten einmal commenſurabel waͤren, ſie es nicht einen Augenblick lang ſeyn wuͤrden. Nun iſt es ſchlechthin unmoͤglich, daß zwo incommenſurable Perioden genau wieder zu- ſammentraͤfen; um ſo viel weniger alle, die in der Welt vorkommen, zugleich. Demnach iſt auch der Progreſſus rerum circularis, ſo lange die Welt bleibt, ſchlechthin unmoͤglich, weil es gar zu uͤberhaͤuft viele incommenſurable und durch einander perturbirte Pe- rioden in der Welt giebt. §. 132. Ungeacht demnach eine ſo abſolute Jdentitaͤt nur ſam
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und Forderungen der Jdentitaͤt.
Plato hatte auf eine aſtrologiſche Art aus dem Um-
laufe der Planeten geſchloſſen, daß nach einigen tau-
ſend Jahren die Planeten wieder ſaͤmmtlich in gleiche
Lage, und damit auch auf der Erdflaͤche alles wieder-
kommen werde, wie es vorher war. Es ſind aber
die Zeiten des Umlaufs der Planeten nicht nur in-
commenſurabel, ſondern dieſe Jncommenſurabilitaͤt
aͤndert ſich durch unendlich kleine Stufen, ſo daß
wenn auch zwo oder mehrere von dieſen Zeiten einmal
commenſurabel waͤren, ſie es nicht einen Augenblick
lang ſeyn wuͤrden. Nun iſt es ſchlechthin unmoͤglich,
daß zwo incommenſurable Perioden genau wieder zu-
ſammentraͤfen; um ſo viel weniger alle, die in der
Welt vorkommen, zugleich. Demnach iſt auch der
Progreſſus rerum circularis, ſo lange die Welt bleibt,
ſchlechthin unmoͤglich, weil es gar zu uͤberhaͤuft viele
incommenſurable und durch einander perturbirte Pe-
rioden in der Welt giebt.
§. 132.
Ungeacht demnach eine ſo abſolute Jdentitaͤt nur
im Reiche der Moͤglichkeit vorkoͤmmt (§. 129. 130.)
ſo werden wir ſie dennoch zum Maßſtabe annehmen,
weil ſie die Einheit iſt, mit welcher die mindere Grade
der Jdentitaͤt, als Bruͤche zu vergleichen ſind. Man
nennet die Dinge, die nur der Zahl nach verſchieden,
im uͤbrigen aber einerley ſind, der Art nach einerley
(eadem ſpecie). Und ſie ſind abſolute von einerley
Art, wenn ſie, die Jdentitaͤt der Zahl nach ausge-
nommen, und an ſich betrachtet durchaus einerley
ſind (§. 129.) Wir koͤnnen hiebey anmerken, daß
man in der Vernunftlehre und in der Ontologie die
Begriffe des Einzeln, der Art, der Gattung ein-
ander ſubordinirt hat, um ihre Rangordnung gleich-
ſam
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