griff der Wahrscheinlichkeit der Existenz der Sache, welcher man zum Beyspiele eine halbe, ein Drittel etc. Existenz beylegt. Man sehe hierüber das fünfte Hauptstück der Phänomenologie, wo ich die Gründe zu dieser Berechnung des Wahrscheinlichen angenommen habe. Was der zweyte dieser Grund- sätze eigentlich sagen will, wird sich im folgenden deutlicher aufklären lassen, wo wir vom Wahren und von dem Substantialen werden zu handeln haben.
§. 105.
Jn Ansehung der Existenz haben wir, so lange wir nur bey dem bloß idealen bleiben, ein sehr all- gemeines Postulatum, nämlich, daß bey jeden vor- hin in Ansehung der übrigen einfachen Be- griffe angeführtenPostulatis,die Möglichkei- ten, so sie unbedingt angeben, als Möglich- keiten zu existiren angesehen werden können. Denn das bloße Mögliche ist nichts, wenn es nicht existiren kann. Dieses Postulatum ist aber nur ideal. Denn wir haben bereits in Ansehung der Kraft (§. 102.) angemerket, daß wir die in der That existi- rende Welt nehmen müssen, wie sie ist, und da lei- den die an sich unbedingten Möglichkeiten, so wie bey den meisten Zusammensetzungen (§. 12. 13.) merkliche Einschränkungen, wozu die bisher angeführten Grund- sätze Anleitung geben. Die nähere Anleitung dazu kömmt in der Systematologie, und besonders in der Lehre von der Zusammensetzung vor, wo die positi- ven Möglichkeiten und das positive zugleich Mögliche bestimmt werden müssen.
§. 106.
Das Wort Seyn hat in seiner engern Bedeutung genommen, mit dem Worte Existiren einerley Be-
deutung,
III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze
griff der Wahrſcheinlichkeit der Exiſtenz der Sache, welcher man zum Beyſpiele eine halbe, ein Drittel ꝛc. Exiſtenz beylegt. Man ſehe hieruͤber das fuͤnfte Hauptſtuͤck der Phaͤnomenologie, wo ich die Gruͤnde zu dieſer Berechnung des Wahrſcheinlichen angenommen habe. Was der zweyte dieſer Grund- ſaͤtze eigentlich ſagen will, wird ſich im folgenden deutlicher aufklaͤren laſſen, wo wir vom Wahren und von dem Subſtantialen werden zu handeln haben.
§. 105.
Jn Anſehung der Exiſtenz haben wir, ſo lange wir nur bey dem bloß idealen bleiben, ein ſehr all- gemeines Poſtulatum, naͤmlich, daß bey jeden vor- hin in Anſehung der uͤbrigen einfachen Be- griffe angefuͤhrtenPoſtulatis,die Moͤglichkei- ten, ſo ſie unbedingt angeben, als Moͤglich- keiten zu exiſtiren angeſehen werden koͤnnen. Denn das bloße Moͤgliche iſt nichts, wenn es nicht exiſtiren kann. Dieſes Poſtulatum iſt aber nur ideal. Denn wir haben bereits in Anſehung der Kraft (§. 102.) angemerket, daß wir die in der That exiſti- rende Welt nehmen muͤſſen, wie ſie iſt, und da lei- den die an ſich unbedingten Moͤglichkeiten, ſo wie bey den meiſten Zuſammenſetzungen (§. 12. 13.) merkliche Einſchraͤnkungen, wozu die bisher angefuͤhrten Grund- ſaͤtze Anleitung geben. Die naͤhere Anleitung dazu koͤmmt in der Syſtematologie, und beſonders in der Lehre von der Zuſammenſetzung vor, wo die poſiti- ven Moͤglichkeiten und das poſitive zugleich Moͤgliche beſtimmt werden muͤſſen.
§. 106.
Das Wort Seyn hat in ſeiner engern Bedeutung genommen, mit dem Worte Exiſtiren einerley Be-
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III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze
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fuͤnfte Hauptſtuͤck der Phaͤnomenologie, wo ich die
Gruͤnde zu dieſer Berechnung des Wahrſcheinlichen
angenommen habe. Was der zweyte dieſer Grund-
ſaͤtze eigentlich ſagen will, wird ſich im folgenden
deutlicher aufklaͤren laſſen, wo wir vom Wahren und
von dem Subſtantialen werden zu handeln haben.
§. 105.
Jn Anſehung der Exiſtenz haben wir, ſo lange
wir nur bey dem bloß idealen bleiben, ein ſehr all-
gemeines Poſtulatum, naͤmlich, daß bey jeden vor-
hin in Anſehung der uͤbrigen einfachen Be-
griffe angefuͤhrten Poſtulatis, die Moͤglichkei-
ten, ſo ſie unbedingt angeben, als Moͤglich-
keiten zu exiſtiren angeſehen werden koͤnnen.
Denn das bloße Moͤgliche iſt nichts, wenn es nicht
exiſtiren kann. Dieſes Poſtulatum iſt aber nur ideal.
Denn wir haben bereits in Anſehung der Kraft
(§. 102.) angemerket, daß wir die in der That exiſti-
rende Welt nehmen muͤſſen, wie ſie iſt, und da lei-
den die an ſich unbedingten Moͤglichkeiten, ſo wie bey
den meiſten Zuſammenſetzungen (§. 12. 13.) merkliche
Einſchraͤnkungen, wozu die bisher angefuͤhrten Grund-
ſaͤtze Anleitung geben. Die naͤhere Anleitung dazu
koͤmmt in der Syſtematologie, und beſonders in der
Lehre von der Zuſammenſetzung vor, wo die poſiti-
ven Moͤglichkeiten und das poſitive zugleich
Moͤgliche beſtimmt werden muͤſſen.
§. 106.
Das Wort Seyn hat in ſeiner engern Bedeutung
genommen, mit dem Worte Exiſtiren einerley Be-
deutung,
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/114>, abgerufen am 23.02.2025.
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