Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Hauptstück. Erste Grundsätze
förmlicher Ruhestand sey, oder daß es fortdauere,
wenn ein Maximum oder ein Minimum dabey vor-
kömmt. Widrigenfalls währet es nur einen Augen-
blick, wie z. E. bey dem Stoße elastischer Körper.
Man sehe auch §. 65.

§. 101.

Wir haben in Ansehung der Kraft und der daher
rührenden Bewegung noch einige Postulata anzu-
führen.

1°. Die Kraft kann von jeder Größe und Stärke
angenommen werden.
2°. Jedes Solide kann nach jeder beliebigen Rich-
tung und mit jeder beliebigen Geschwindigkeit
in Bewegung gesetzet werden.
3°. Jede Kraft läßt sich durch eine gleich große
und entgegengesetzte aufhalten.
4°. Jede Kraft kann durch eine größere entgegen-
gesetzte überwältiget werden.
5°. Jede Kraft läßt sich durch eine kleinere ent-
gegengesetzte vermindern oder unwirksamer
machen.
6°. Die Kraft läßt sich sowohl der Größe als der
Stärke nach durch Linien vorstellen, (§. 82.).
§. 102.

Man sieht leicht, daß diese Postulata Möglichkei-
ten an sich betrachtet angeben, und daß sie eben da-
durch allgemein und unbedingt sind. Wir können sie
allerdings nicht so unbedingt anwenden, weil wir un-
sere Kräfte und die Welt nehmen müssen, wie sie
bereits schon ist. Denn werden von diesen Möglich-
keiten einige bestimmet, so werden die andern da-
durch mehr oder minder eingeschränket, und lassen

sich

III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze
foͤrmlicher Ruheſtand ſey, oder daß es fortdauere,
wenn ein Maximum oder ein Minimum dabey vor-
koͤmmt. Widrigenfalls waͤhret es nur einen Augen-
blick, wie z. E. bey dem Stoße elaſtiſcher Koͤrper.
Man ſehe auch §. 65.

§. 101.

Wir haben in Anſehung der Kraft und der daher
ruͤhrenden Bewegung noch einige Poſtulata anzu-
fuͤhren.

1°. Die Kraft kann von jeder Groͤße und Staͤrke
angenommen werden.
2°. Jedes Solide kann nach jeder beliebigen Rich-
tung und mit jeder beliebigen Geſchwindigkeit
in Bewegung geſetzet werden.
3°. Jede Kraft laͤßt ſich durch eine gleich große
und entgegengeſetzte aufhalten.
4°. Jede Kraft kann durch eine groͤßere entgegen-
geſetzte uͤberwaͤltiget werden.
5°. Jede Kraft laͤßt ſich durch eine kleinere ent-
gegengeſetzte vermindern oder unwirkſamer
machen.
6°. Die Kraft laͤßt ſich ſowohl der Groͤße als der
Staͤrke nach durch Linien vorſtellen, (§. 82.).
§. 102.

Man ſieht leicht, daß dieſe Poſtulata Moͤglichkei-
ten an ſich betrachtet angeben, und daß ſie eben da-
durch allgemein und unbedingt ſind. Wir koͤnnen ſie
allerdings nicht ſo unbedingt anwenden, weil wir un-
ſere Kraͤfte und die Welt nehmen muͤſſen, wie ſie
bereits ſchon iſt. Denn werden von dieſen Moͤglich-
keiten einige beſtimmet, ſo werden die andern da-
durch mehr oder minder eingeſchraͤnket, und laſſen

ſich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0112" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Er&#x017F;te Grund&#x017F;a&#x0364;tze</hi></fw><lb/>
fo&#x0364;rmlicher Ruhe&#x017F;tand &#x017F;ey, oder daß es fortdauere,<lb/>
wenn ein <hi rendition="#aq">Maximum</hi> oder ein <hi rendition="#aq">Minimum</hi> dabey vor-<lb/>
ko&#x0364;mmt. Widrigenfalls wa&#x0364;hret es nur einen Augen-<lb/>
blick, wie z. E. bey dem Stoße ela&#x017F;ti&#x017F;cher Ko&#x0364;rper.<lb/>
Man &#x017F;ehe auch §. 65.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 101.</head><lb/>
            <p>Wir haben in An&#x017F;ehung der Kraft und der daher<lb/>
ru&#x0364;hrenden Bewegung noch einige <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulata</hi> anzu-<lb/>
fu&#x0364;hren.</p><lb/>
            <list>
              <item>1°. Die Kraft kann von jeder Gro&#x0364;ße und Sta&#x0364;rke<lb/>
angenommen werden.</item><lb/>
              <item>2°. Jedes Solide kann nach jeder beliebigen Rich-<lb/>
tung und mit jeder beliebigen Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
in Bewegung ge&#x017F;etzet werden.</item><lb/>
              <item>3°. Jede Kraft la&#x0364;ßt &#x017F;ich durch eine gleich große<lb/>
und entgegenge&#x017F;etzte aufhalten.</item><lb/>
              <item>4°. Jede Kraft kann durch eine gro&#x0364;ßere entgegen-<lb/>
ge&#x017F;etzte u&#x0364;berwa&#x0364;ltiget werden.</item><lb/>
              <item>5°. Jede Kraft la&#x0364;ßt &#x017F;ich durch eine kleinere ent-<lb/>
gegenge&#x017F;etzte vermindern oder unwirk&#x017F;amer<lb/>
machen.</item><lb/>
              <item>6°. Die Kraft la&#x0364;ßt &#x017F;ich &#x017F;owohl der Gro&#x0364;ße als der<lb/>
Sta&#x0364;rke nach durch Linien vor&#x017F;tellen, (§. 82.).</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 102.</head><lb/>
            <p>Man &#x017F;ieht leicht, daß die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulata</hi> Mo&#x0364;glichkei-<lb/>
ten an &#x017F;ich betrachtet angeben, und daß &#x017F;ie eben da-<lb/>
durch allgemein und unbedingt &#x017F;ind. Wir ko&#x0364;nnen &#x017F;ie<lb/>
allerdings nicht &#x017F;o unbedingt anwenden, weil wir un-<lb/>
&#x017F;ere Kra&#x0364;fte und die Welt nehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;ie<lb/>
bereits &#x017F;chon i&#x017F;t. Denn werden von die&#x017F;en Mo&#x0364;glich-<lb/>
keiten einige be&#x017F;timmet, &#x017F;o werden die andern da-<lb/>
durch mehr oder minder einge&#x017F;chra&#x0364;nket, und la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0112] III. Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze foͤrmlicher Ruheſtand ſey, oder daß es fortdauere, wenn ein Maximum oder ein Minimum dabey vor- koͤmmt. Widrigenfalls waͤhret es nur einen Augen- blick, wie z. E. bey dem Stoße elaſtiſcher Koͤrper. Man ſehe auch §. 65. §. 101. Wir haben in Anſehung der Kraft und der daher ruͤhrenden Bewegung noch einige Poſtulata anzu- fuͤhren. 1°. Die Kraft kann von jeder Groͤße und Staͤrke angenommen werden. 2°. Jedes Solide kann nach jeder beliebigen Rich- tung und mit jeder beliebigen Geſchwindigkeit in Bewegung geſetzet werden. 3°. Jede Kraft laͤßt ſich durch eine gleich große und entgegengeſetzte aufhalten. 4°. Jede Kraft kann durch eine groͤßere entgegen- geſetzte uͤberwaͤltiget werden. 5°. Jede Kraft laͤßt ſich durch eine kleinere ent- gegengeſetzte vermindern oder unwirkſamer machen. 6°. Die Kraft laͤßt ſich ſowohl der Groͤße als der Staͤrke nach durch Linien vorſtellen, (§. 82.). §. 102. Man ſieht leicht, daß dieſe Poſtulata Moͤglichkei- ten an ſich betrachtet angeben, und daß ſie eben da- durch allgemein und unbedingt ſind. Wir koͤnnen ſie allerdings nicht ſo unbedingt anwenden, weil wir un- ſere Kraͤfte und die Welt nehmen muͤſſen, wie ſie bereits ſchon iſt. Denn werden von dieſen Moͤglich- keiten einige beſtimmet, ſo werden die andern da- durch mehr oder minder eingeſchraͤnket, und laſſen ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/112
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/112>, abgerufen am 21.12.2024.