Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.und Forderungen der Grundlehre. bloßen Schätzung des Gefühles, bestimmet werden,so scheint allerdings eine Wage das beste Jnstrument dazu zu seyn. Ein Körper der in die leere Wagschale fällt, und den in der andern Wagschale liegenden schwerern Körper aufzuheben vermag, wird diesem- nach eine eben so große Kraft durch den Fall erhal- ten haben, als der andere durch den bloßen Druck äußert. Der Unterschied ist größtentheils nur, daß diese letztere Wirkung fortdauert, erstere aber augen- blicklich ist. §. 98. Wir können noch einige Grundsätze anführen, wel- 1°. Die Kraft hat keine bestimmte Einheit. 2°. Gleiche Kräfte, die einander entgegen wirken, halten einander auf, oder sie sind im Gleich- gewichte. 3°. Eine Kraft kann nicht zugleich doppelt oder vielfach angewandt werden. §. 99. Dem dritten dieser Grundsätze ist derjenige ähnlich, §. 100. Jn Ansehung des zweyten Grundsatzes wollen wir förm-
und Forderungen der Grundlehre. bloßen Schaͤtzung des Gefuͤhles, beſtimmet werden,ſo ſcheint allerdings eine Wage das beſte Jnſtrument dazu zu ſeyn. Ein Koͤrper der in die leere Wagſchale faͤllt, und den in der andern Wagſchale liegenden ſchwerern Koͤrper aufzuheben vermag, wird dieſem- nach eine eben ſo große Kraft durch den Fall erhal- ten haben, als der andere durch den bloßen Druck aͤußert. Der Unterſchied iſt groͤßtentheils nur, daß dieſe letztere Wirkung fortdauert, erſtere aber augen- blicklich iſt. §. 98. Wir koͤnnen noch einige Grundſaͤtze anfuͤhren, wel- 1°. Die Kraft hat keine beſtimmte Einheit. 2°. Gleiche Kraͤfte, die einander entgegen wirken, halten einander auf, oder ſie ſind im Gleich- gewichte. 3°. Eine Kraft kann nicht zugleich doppelt oder vielfach angewandt werden. §. 99. Dem dritten dieſer Grundſaͤtze iſt derjenige aͤhnlich, §. 100. Jn Anſehung des zweyten Grundſatzes wollen wir foͤrm-
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und Forderungen der Grundlehre.
bloßen Schaͤtzung des Gefuͤhles, beſtimmet werden,
ſo ſcheint allerdings eine Wage das beſte Jnſtrument
dazu zu ſeyn. Ein Koͤrper der in die leere Wagſchale
faͤllt, und den in der andern Wagſchale liegenden
ſchwerern Koͤrper aufzuheben vermag, wird dieſem-
nach eine eben ſo große Kraft durch den Fall erhal-
ten haben, als der andere durch den bloßen Druck
aͤußert. Der Unterſchied iſt groͤßtentheils nur, daß
dieſe letztere Wirkung fortdauert, erſtere aber augen-
blicklich iſt.
§. 98.
Wir koͤnnen noch einige Grundſaͤtze anfuͤhren, wel-
che die Kraft beſonders angehen.
1°. Die Kraft hat keine beſtimmte Einheit.
2°. Gleiche Kraͤfte, die einander entgegen wirken,
halten einander auf, oder ſie ſind im Gleich-
gewichte.
3°. Eine Kraft kann nicht zugleich doppelt oder
vielfach angewandt werden.
§. 99.
Dem dritten dieſer Grundſaͤtze iſt derjenige aͤhnlich,
den man in der Mechanic angenommen, daß naͤm-
lich der Wirkung die Gegenwirkung gleich,
aber entgegengeſetzt ſey. Dieſer Satz will nicht
mehr ſagen, als daß die Kraft, die man anwenden
muß, um einen Koͤrper in Bewegung zu ſetzen, oder
um ſeine vim inertiae zu uͤberwaͤltigen, nicht ferner
angewandt werden koͤnne, ſondern zu jeder neuen Be-
ſchleunigung der Bewegung ein neuer Zuſatz von
Kraft erfordert werde.
§. 100.
Jn Anſehung des zweyten Grundſatzes wollen wir
beylaͤufig anmerken, daß das Gleichgewicht ein
foͤrm-
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Zitationshilfe: | Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/111>, abgerufen am 23.02.2025. |