Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe. befindet (Ger.V.Ges. §. 163), gilt für die von den besonderenGerichten verhängten Strafen noch die weitere Einschränkung, daß die strafbare Handlung, wegen welcher die Strafe erkannt ist, im Gebiete des Bundesstaates, in welchem sich das ersu- chende Gericht befindet, verübt ist 1). Dieselbe Einschränkung gilt hinsichtlich der Auslieferung 2); auch darf im Falle der Aus- lieferung die Untersuchung oder Strafvollstreckung auf andere Handlungen oder Strafen, als diejenigen, wegen welcher die Aus- lieferung erfolgt war, nicht erstreckt werden 3). Diese Vorschriften sind deshalb von erheblicher praktischer Bedeutung, weil die Mi- litairgerichte "besondere" Gerichte sind und demnach auf die Re- quisitionen derselben nicht die Vorschriften des Gerichtsverf.Gesetzes, sondern diejenigen des Rechtshülfe-Gesetzes Anwendung finden 4). III. Rechtshülfe Seitens der Gerichte in Sachen, welche nicht zur streitigen Gerichtsbarkeit gehören. Den Staaten ist die gegenseitige Pflicht zur Leistung der 1. Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamte Rechts- hülfe zu leisten 5). 2. Die Gerichte sind verpflichtet, den Anträgen der See- ämter in Betreff der Untersuchung von Seeunfällen zu ent- sprechen 6). 3. Endlich ist noch zu erwähnen, daß die Deutschen und die Oesterreich-Ungarischen Gerichte und Behörden zu gegenseitiger Rechtshülfe bei Verfolgung und Bestrafung von Uebertretungen der Zollgesetze verpflichtet sind 7). 1) Rechtshülfe-Ges. §. 33 Abs. 1. 2) Rechtshülfe-Ges. §. 21 ff. 3) Rechtshülfe-Ges. §. 34. 4) Das Gleiche gilt von den im Falle eines Belagerungszustandes einge- setzten Kriegsgerichten und Standrechten. 5) Patentgesetz §. 31. (R.G.Bl. 1877 S. 508.) 6) Ges. v. 27. Juli 1877 §. 20. (R.G.Bl. S. 553.) 7) Handelsvertrag zwischen Deutschland u. Oesterr.-Ungarn vom 23. Mai
1881 Art. 10. (R.G.Bl. S. 125). Die näheren Anordnungen über die Leistung der Rechtshülfe sind enthalten in dem Zollkartel §§. 17--24. (R.G.Bl. 1881 S. 137 ff.) §. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe. befindet (Ger.V.Geſ. §. 163), gilt für die von den beſonderenGerichten verhängten Strafen noch die weitere Einſchränkung, daß die ſtrafbare Handlung, wegen welcher die Strafe erkannt iſt, im Gebiete des Bundesſtaates, in welchem ſich das erſu- chende Gericht befindet, verübt iſt 1). Dieſelbe Einſchränkung gilt hinſichtlich der Auslieferung 2); auch darf im Falle der Aus- lieferung die Unterſuchung oder Strafvollſtreckung auf andere Handlungen oder Strafen, als diejenigen, wegen welcher die Aus- lieferung erfolgt war, nicht erſtreckt werden 3). Dieſe Vorſchriften ſind deshalb von erheblicher praktiſcher Bedeutung, weil die Mi- litairgerichte „beſondere“ Gerichte ſind und demnach auf die Re- quiſitionen derſelben nicht die Vorſchriften des Gerichtsverf.Geſetzes, ſondern diejenigen des Rechtshülfe-Geſetzes Anwendung finden 4). III. Rechtshülfe Seitens der Gerichte in Sachen, welche nicht zur ſtreitigen Gerichtsbarkeit gehören. Den Staaten iſt die gegenſeitige Pflicht zur Leiſtung der 1. Die Gerichte ſind verpflichtet, dem Patentamte Rechts- hülfe zu leiſten 5). 2. Die Gerichte ſind verpflichtet, den Anträgen der See- ämter in Betreff der Unterſuchung von Seeunfällen zu ent- ſprechen 6). 3. Endlich iſt noch zu erwähnen, daß die Deutſchen und die Oeſterreich-Ungariſchen Gerichte und Behörden zu gegenſeitiger Rechtshülfe bei Verfolgung und Beſtrafung von Uebertretungen der Zollgeſetze verpflichtet ſind 7). 1) Rechtshülfe-Geſ. §. 33 Abſ. 1. 2) Rechtshülfe-Geſ. §. 21 ff. 3) Rechtshülfe-Geſ. §. 34. 4) Das Gleiche gilt von den im Falle eines Belagerungszuſtandes einge- ſetzten Kriegsgerichten und Standrechten. 5) Patentgeſetz §. 31. (R.G.Bl. 1877 S. 508.) 6) Geſ. v. 27. Juli 1877 §. 20. (R.G.Bl. S. 553.) 7) Handelsvertrag zwiſchen Deutſchland u. Oeſterr.-Ungarn vom 23. Mai
1881 Art. 10. (R.G.Bl. S. 125). Die näheren Anordnungen über die Leiſtung der Rechtshülfe ſind enthalten in dem Zollkartel §§. 17—24. (R.G.Bl. 1881 S. 137 ff.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="75"/><fw place="top" type="header">§. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe.</fw><lb/> befindet (Ger.V.Geſ. §. 163), gilt für die von den beſonderen<lb/> Gerichten verhängten Strafen noch die weitere Einſchränkung, daß<lb/> die ſtrafbare Handlung, wegen welcher die Strafe erkannt iſt, <hi rendition="#g">im<lb/> Gebiete des Bundesſtaates</hi>, in welchem ſich das <hi rendition="#g">erſu-<lb/> chende</hi> Gericht befindet, verübt iſt <note place="foot" n="1)">Rechtshülfe-Geſ. §. 33 Abſ. 1.</note>. Dieſelbe Einſchränkung<lb/> gilt hinſichtlich der Auslieferung <note place="foot" n="2)">Rechtshülfe-Geſ. §. 21 ff.</note>; auch darf im Falle der Aus-<lb/> lieferung die Unterſuchung oder Strafvollſtreckung auf andere<lb/> Handlungen oder Strafen, als diejenigen, wegen welcher die Aus-<lb/> lieferung erfolgt war, nicht erſtreckt werden <note place="foot" n="3)">Rechtshülfe-Geſ. §. 34.</note>. Dieſe Vorſchriften<lb/> ſind deshalb von erheblicher praktiſcher Bedeutung, weil die Mi-<lb/> litairgerichte „beſondere“ Gerichte ſind und demnach auf die Re-<lb/> quiſitionen derſelben nicht die Vorſchriften des Gerichtsverf.Geſetzes,<lb/> ſondern diejenigen des Rechtshülfe-Geſetzes Anwendung finden <note place="foot" n="4)">Das Gleiche gilt von den im Falle eines Belagerungszuſtandes einge-<lb/> ſetzten Kriegsgerichten und Standrechten.</note>.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Rechtshülfe Seitens der Gerichte in Sachen, welche<lb/> nicht zur ſtreitigen Gerichtsbarkeit gehören</hi>.</head><lb/> <p>Den Staaten iſt die gegenſeitige Pflicht zur Leiſtung der<lb/> Rechtshülfe in andern als den vom Geſetz v. 21. Juni 1869 be-<lb/> troffenen Sachen reichsgeſetzlich nicht auferlegt; dagegen beſteht eine<lb/> ſolche Verpflichtung in folgenden Fällen:</p><lb/> <list> <item>1. Die Gerichte ſind verpflichtet, dem <hi rendition="#g">Patentamte</hi> Rechts-<lb/> hülfe zu leiſten <note place="foot" n="5)">Patentgeſetz §. 31. (R.G.Bl. 1877 S. 508.)</note>.</item><lb/> <item>2. Die Gerichte ſind verpflichtet, den Anträgen der <hi rendition="#g">See-<lb/> ämter</hi> in Betreff der Unterſuchung von Seeunfällen zu ent-<lb/> ſprechen <note place="foot" n="6)">Geſ. v. 27. Juli 1877 §. 20. (R.G.Bl. S. 553.)</note>.</item><lb/> <item>3. Endlich iſt noch zu erwähnen, daß die Deutſchen und die<lb/> Oeſterreich-Ungariſchen Gerichte und Behörden zu gegenſeitiger<lb/> Rechtshülfe bei Verfolgung und Beſtrafung von Uebertretungen<lb/> der Zollgeſetze verpflichtet ſind <note place="foot" n="7)">Handelsvertrag zwiſchen Deutſchland u. Oeſterr.-Ungarn vom 23. Mai<lb/> 1881 Art. 10. (R.G.Bl. S. 125). Die näheren Anordnungen über die Leiſtung<lb/> der Rechtshülfe ſind enthalten in dem <hi rendition="#g">Zollkartel</hi> §§. 17—24. (R.G.Bl.<lb/> 1881 S. 137 ff.)</note>.</item> </list> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [75/0085]
§. 100. Die Verpflichtung zur Rechtshülfe.
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Gerichten verhängten Strafen noch die weitere Einſchränkung, daß
die ſtrafbare Handlung, wegen welcher die Strafe erkannt iſt, im
Gebiete des Bundesſtaates, in welchem ſich das erſu-
chende Gericht befindet, verübt iſt 1). Dieſelbe Einſchränkung
gilt hinſichtlich der Auslieferung 2); auch darf im Falle der Aus-
lieferung die Unterſuchung oder Strafvollſtreckung auf andere
Handlungen oder Strafen, als diejenigen, wegen welcher die Aus-
lieferung erfolgt war, nicht erſtreckt werden 3). Dieſe Vorſchriften
ſind deshalb von erheblicher praktiſcher Bedeutung, weil die Mi-
litairgerichte „beſondere“ Gerichte ſind und demnach auf die Re-
quiſitionen derſelben nicht die Vorſchriften des Gerichtsverf.Geſetzes,
ſondern diejenigen des Rechtshülfe-Geſetzes Anwendung finden 4).
III. Rechtshülfe Seitens der Gerichte in Sachen, welche
nicht zur ſtreitigen Gerichtsbarkeit gehören.
Den Staaten iſt die gegenſeitige Pflicht zur Leiſtung der
Rechtshülfe in andern als den vom Geſetz v. 21. Juni 1869 be-
troffenen Sachen reichsgeſetzlich nicht auferlegt; dagegen beſteht eine
ſolche Verpflichtung in folgenden Fällen:
1. Die Gerichte ſind verpflichtet, dem Patentamte Rechts-
hülfe zu leiſten 5).
2. Die Gerichte ſind verpflichtet, den Anträgen der See-
ämter in Betreff der Unterſuchung von Seeunfällen zu ent-
ſprechen 6).
3. Endlich iſt noch zu erwähnen, daß die Deutſchen und die
Oeſterreich-Ungariſchen Gerichte und Behörden zu gegenſeitiger
Rechtshülfe bei Verfolgung und Beſtrafung von Uebertretungen
der Zollgeſetze verpflichtet ſind 7).
1) Rechtshülfe-Geſ. §. 33 Abſ. 1.
2) Rechtshülfe-Geſ. §. 21 ff.
3) Rechtshülfe-Geſ. §. 34.
4) Das Gleiche gilt von den im Falle eines Belagerungszuſtandes einge-
ſetzten Kriegsgerichten und Standrechten.
5) Patentgeſetz §. 31. (R.G.Bl. 1877 S. 508.)
6) Geſ. v. 27. Juli 1877 §. 20. (R.G.Bl. S. 553.)
7) Handelsvertrag zwiſchen Deutſchland u. Oeſterr.-Ungarn vom 23. Mai
1881 Art. 10. (R.G.Bl. S. 125). Die näheren Anordnungen über die Leiſtung
der Rechtshülfe ſind enthalten in dem Zollkartel §§. 17—24. (R.G.Bl.
1881 S. 137 ff.)
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