Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 124. Die Wirkungen des Etatsgesetzes. ihrer Bevölkerung aufzubringen ist, und da nach Art. 69 alleEinnahmen des Reiches auf den Reichshaushalts-Etat gebracht werden müssen, so können Reichstag und Bundesrath sich der budget- mäßigen Festsetzung der Matrikularbeiträge in Höhe jener Differenz nicht entziehen. Es ist dies deshalb von Wichtigkeit, weil der Reichskanzler nicht nach Maßgabe des Bedürfnisses, sondern nur bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages die Matrikularbeiträge einzuziehen befugt ist. (Art. 70 a. E.) 1). § 124. Die Wirkungen des Etatsgesetzes *). Die Reichsverfassung enthält so wenig wie die Preußische 1) Vgl. oben S. 330 fg. *) Die Regelung des materiellen Etatsrechts für das Reich ist wiederholt, aber ohne Erfolg, versucht worden. Dem Reichstage von 1872 bereits wurde ein Gesetzentwurf betreffend die Einrichtung und die Befugnisse des Rechnungs- hofes vorgelegt, welche einige darauf bezügliche Bestimmungen enthielt (Druck- sachen des Reichstages 1872 Nr. 10). Ueber denselben kam ein Einverständniß zwischen Bundesrath und Reichstag nicht zu Stande und zwar zum großen Theil wegen der hinsichtlich des materiellen Etatsrechts bestehenden Ver- schiedenheit der Ansichten. Um diese Hindernisse zu beseitigen wurde dem Reichstage im Jahre 1873 ein Gesetzentwurf, betreffend die Verwal- tung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs (Drucks. Nr. 116) vorgelegt, der aber nicht zur Erledigung kam. Im Jahre 1874 wurden dem Reichstage in beiden von ihm abgehaltenen Sessionen der Gesetzentwurf über den Rechnungshof, sowie der Gesetzentwurf über die Verwaltung der Ein- nahmen und Ausgaben wieder vorgelegt (Drucks. 1874 I. Sess. Nr. 13 und Nr. 12, II. Sess. Nr. 15 und Nr. 9). In der II. Session 1874 wurde über den letzteren Entwurf ein schriftlicher Kommissionsbericht erstattet, in welchem zahlreiche Abänderungen vorgeschlagen worden sind (Drucksachen 1874 II. Sess. Nr. 108); zur Beschlußfassung im Plenum des Reichstages gelangte der Be- richt aber nicht. Mit Rücksicht auf die Vorschläge des erwähnten Kommissions- berichts wurde der Gesetzentwurf umgearbeitet und dem Reichstage von 1875/76 vorgelegt (Drucksachen Nr. 100) und zwar ebenfalls wieder in Verbindung mit dem Gesetzentwurf über den Rechnungshof (Drucksachen Nr. 101); aber auch in dieser Session kamen die Gesetzentwürfe nicht zur Erledigung; dasselbe war in der Session von 1877 der Fall, in welcher beide Gesetzentwürfe noch- mals dem Reichstage vorgelegt wurden (Drucks. 1877 Nr. 15 und 16). Laband, Reichsstaatsrecht. III. 2. 23
§. 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes. ihrer Bevölkerung aufzubringen iſt, und da nach Art. 69 alleEinnahmen des Reiches auf den Reichshaushalts-Etat gebracht werden müſſen, ſo können Reichstag und Bundesrath ſich der budget- mäßigen Feſtſetzung der Matrikularbeiträge in Höhe jener Differenz nicht entziehen. Es iſt dies deshalb von Wichtigkeit, weil der Reichskanzler nicht nach Maßgabe des Bedürfniſſes, ſondern nur bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages die Matrikularbeiträge einzuziehen befugt iſt. (Art. 70 a. E.) 1). § 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes *). Die Reichsverfaſſung enthält ſo wenig wie die Preußiſche 1) Vgl. oben S. 330 fg. *) Die Regelung des materiellen Etatsrechts für das Reich iſt wiederholt, aber ohne Erfolg, verſucht worden. Dem Reichstage von 1872 bereits wurde ein Geſetzentwurf betreffend die Einrichtung und die Befugniſſe des Rechnungs- hofes vorgelegt, welche einige darauf bezügliche Beſtimmungen enthielt (Druck- ſachen des Reichstages 1872 Nr. 10). Ueber denſelben kam ein Einverſtändniß zwiſchen Bundesrath und Reichstag nicht zu Stande und zwar zum großen Theil wegen der hinſichtlich des materiellen Etatsrechts beſtehenden Ver- ſchiedenheit der Anſichten. Um dieſe Hinderniſſe zu beſeitigen wurde dem Reichstage im Jahre 1873 ein Geſetzentwurf, betreffend die Verwal- tung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs (Druckſ. Nr. 116) vorgelegt, der aber nicht zur Erledigung kam. Im Jahre 1874 wurden dem Reichstage in beiden von ihm abgehaltenen Seſſionen der Geſetzentwurf über den Rechnungshof, ſowie der Geſetzentwurf über die Verwaltung der Ein- nahmen und Ausgaben wieder vorgelegt (Druckſ. 1874 I. Seſſ. Nr. 13 und Nr. 12, II. Seſſ. Nr. 15 und Nr. 9). In der II. Seſſion 1874 wurde über den letzteren Entwurf ein ſchriftlicher Kommiſſionsbericht erſtattet, in welchem zahlreiche Abänderungen vorgeſchlagen worden ſind (Druckſachen 1874 II. Seſſ. Nr. 108); zur Beſchlußfaſſung im Plenum des Reichstages gelangte der Be- richt aber nicht. Mit Rückſicht auf die Vorſchläge des erwähnten Kommiſſions- berichts wurde der Geſetzentwurf umgearbeitet und dem Reichstage von 1875/76 vorgelegt (Druckſachen Nr. 100) und zwar ebenfalls wieder in Verbindung mit dem Geſetzentwurf über den Rechnungshof (Druckſachen Nr. 101); aber auch in dieſer Seſſion kamen die Geſetzentwürfe nicht zur Erledigung; daſſelbe war in der Seſſion von 1877 der Fall, in welcher beide Geſetzentwürfe noch- mals dem Reichstage vorgelegt wurden (Druckſ. 1877 Nr. 15 und 16). Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 2. 23
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§. 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes.
ihrer Bevölkerung aufzubringen iſt, und da nach Art. 69 alle
Einnahmen des Reiches auf den Reichshaushalts-Etat gebracht
werden müſſen, ſo können Reichstag und Bundesrath ſich der budget-
mäßigen Feſtſetzung der Matrikularbeiträge in Höhe jener Differenz
nicht entziehen. Es iſt dies deshalb von Wichtigkeit, weil der
Reichskanzler nicht nach Maßgabe des Bedürfniſſes, ſondern nur
bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages die Matrikularbeiträge
einzuziehen befugt iſt. (Art. 70 a. E.) 1).
§ 124. Die Wirkungen des Etatsgeſetzes *).
Die Reichsverfaſſung enthält ſo wenig wie die Preußiſche
Verfaſſungs-Urkunde eine Andeutung darüber, welche rechtlichen
Wirkungen dem geſetzlich feſtgeſtellten Haushalts-Etat zukommen.
Dieſelben ſind daher auf wiſſenſchaftlichem Wege aus der juriſtiſchen
Natur des Etats herzuleiten. Hier treten nun die praktiſchen
1) Vgl. oben S. 330 fg.
*) Die Regelung des materiellen Etatsrechts für das Reich iſt wiederholt,
aber ohne Erfolg, verſucht worden. Dem Reichstage von 1872 bereits wurde
ein Geſetzentwurf betreffend die Einrichtung und die Befugniſſe des Rechnungs-
hofes vorgelegt, welche einige darauf bezügliche Beſtimmungen enthielt (Druck-
ſachen des Reichstages 1872 Nr. 10). Ueber denſelben kam ein Einverſtändniß
zwiſchen Bundesrath und Reichstag nicht zu Stande und zwar zum großen
Theil wegen der hinſichtlich des materiellen Etatsrechts beſtehenden Ver-
ſchiedenheit der Anſichten. Um dieſe Hinderniſſe zu beſeitigen wurde dem
Reichstage im Jahre 1873 ein Geſetzentwurf, betreffend die Verwal-
tung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs (Druckſ. Nr. 116)
vorgelegt, der aber nicht zur Erledigung kam. Im Jahre 1874 wurden dem
Reichstage in beiden von ihm abgehaltenen Seſſionen der Geſetzentwurf über
den Rechnungshof, ſowie der Geſetzentwurf über die Verwaltung der Ein-
nahmen und Ausgaben wieder vorgelegt (Druckſ. 1874 I. Seſſ. Nr. 13 und
Nr. 12, II. Seſſ. Nr. 15 und Nr. 9). In der II. Seſſion 1874 wurde über
den letzteren Entwurf ein ſchriftlicher Kommiſſionsbericht erſtattet, in welchem
zahlreiche Abänderungen vorgeſchlagen worden ſind (Druckſachen 1874 II. Seſſ.
Nr. 108); zur Beſchlußfaſſung im Plenum des Reichstages gelangte der Be-
richt aber nicht. Mit Rückſicht auf die Vorſchläge des erwähnten Kommiſſions-
berichts wurde der Geſetzentwurf umgearbeitet und dem Reichstage von 1875/76
vorgelegt (Druckſachen Nr. 100) und zwar ebenfalls wieder in Verbindung
mit dem Geſetzentwurf über den Rechnungshof (Druckſachen Nr. 101); aber
auch in dieſer Seſſion kamen die Geſetzentwürfe nicht zur Erledigung; daſſelbe
war in der Seſſion von 1877 der Fall, in welcher beide Geſetzentwürfe noch-
mals dem Reichstage vorgelegt wurden (Druckſ. 1877 Nr. 15 und 16).
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