Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 119. Allgemeine Charakteristik der Finanzwirthschaft. desjenigen Staates zu, von dessen Behörden die Strafentscheidungerlassen ist 1). Die Verwandlung einer Geldstrafe in eine Freiheits- strafe im Unvermögensfalle findet nicht statt; auch darf zur Bei- treibung von Geldstrafen ohne Zustimmung des Verurtheilten, wofern dieser ein Inländer ist, kein Grundstück subhastirt werden 2). Die Behörden und Beamten der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich gegenseitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beistand in allen gesetzlichen Maßregeln zu leisten, welche zur Entdeckung oder Bestrafung von Stempelsteuer-Hinterziehungen dienlich sind 3). 5. Jedem Bundesstaate wird von der Einnahme, welche in Dritter Abschnitt. Die Finanzwirthschaft des Reiches. §. 119. Allgemeine Charakteristik. Die Finanzwirthschaft des Reiches ist ihrem Grundprinzip 1) Ges. v. 10. Juni 1869 §. 18 Abs. 1. Ges. v. 1. Juli 1881 §. 24. 2) Ges. v. 10. Juni 1869 §. 15 Abs. 3. Ges. v. 1. Juli 1881 §. 25. 3) Ges. v. 10. Juni 1869 §. 19. Ges. v. 1. Juli 1881 §. 24. 4) Ges. v. 10. Juni 1869 §. 27. Ges. v. 1. Juli 1881 §. 31. Das Wechselstempelgesetz normirte den Antheil der Einzelstaaten bis zum Ende des Jahres 1871 auf 36 Prozent, bis Ende 1873 auf 24 Prozent, bis Ende 1875 auf 12 Prozent und von da ab dauernd auf 2 Prozent. 5) In meiner Darstellung des Reichsfinanzrechts in Hirth's Annalen 1873
ist die Finanzwirthschaft des Reiches als eine Mischung von Staatswirth- schaft und Sozietätswirthschaft charakterisirt; ich habe mich jedoch überzeugt, daß diese Auffassung juristisch unhaltbar ist. §. 119. Allgemeine Charakteriſtik der Finanzwirthſchaft. desjenigen Staates zu, von deſſen Behörden die Strafentſcheidungerlaſſen iſt 1). Die Verwandlung einer Geldſtrafe in eine Freiheits- ſtrafe im Unvermögensfalle findet nicht ſtatt; auch darf zur Bei- treibung von Geldſtrafen ohne Zuſtimmung des Verurtheilten, wofern dieſer ein Inländer iſt, kein Grundſtück ſubhaſtirt werden 2). Die Behörden und Beamten der Bundesſtaaten ſind verpflichtet, ſich gegenſeitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beiſtand in allen geſetzlichen Maßregeln zu leiſten, welche zur Entdeckung oder Beſtrafung von Stempelſteuer-Hinterziehungen dienlich ſind 3). 5. Jedem Bundesſtaate wird von der Einnahme, welche in Dritter Abſchnitt. Die Finanzwirthſchaft des Reiches. §. 119. Allgemeine Charakteriſtik. Die Finanzwirthſchaft des Reiches iſt ihrem Grundprinzip 1) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 18 Abſ. 1. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24. 2) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 15 Abſ. 3. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 25. 3) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 19. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24. 4) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 27. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 31. Das Wechſelſtempelgeſetz normirte den Antheil der Einzelſtaaten bis zum Ende des Jahres 1871 auf 36 Prozent, bis Ende 1873 auf 24 Prozent, bis Ende 1875 auf 12 Prozent und von da ab dauernd auf 2 Prozent. 5) In meiner Darſtellung des Reichsfinanzrechts in Hirth’s Annalen 1873
iſt die Finanzwirthſchaft des Reiches als eine Miſchung von Staatswirth- ſchaft und Sozietätswirthſchaft charakteriſirt; ich habe mich jedoch überzeugt, daß dieſe Auffaſſung juriſtiſch unhaltbar iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0328" n="318"/><fw place="top" type="header">§. 119. Allgemeine Charakteriſtik der Finanzwirthſchaft.</fw><lb/> desjenigen Staates zu, von deſſen Behörden die Strafentſcheidung<lb/> erlaſſen iſt <note place="foot" n="1)">Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 18 Abſ. 1. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24.</note>. Die Verwandlung einer Geldſtrafe in eine Freiheits-<lb/> ſtrafe im Unvermögensfalle findet nicht ſtatt; auch darf zur Bei-<lb/> treibung von Geldſtrafen ohne Zuſtimmung des Verurtheilten,<lb/> wofern dieſer ein Inländer iſt, kein Grundſtück ſubhaſtirt werden <note place="foot" n="2)">Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 15 Abſ. 3. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 25.</note>.<lb/> Die Behörden und Beamten der Bundesſtaaten ſind verpflichtet,<lb/> ſich gegenſeitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beiſtand<lb/> in allen geſetzlichen Maßregeln zu leiſten, welche zur Entdeckung<lb/> oder Beſtrafung von Stempelſteuer-Hinterziehungen dienlich ſind <note place="foot" n="3)">Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 19. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24.</note>.</p><lb/> <p>5. Jedem Bundesſtaate wird von der Einnahme, welche in<lb/> ſeinem Gebiete aus dem Verkauf von Stempelmarken oder ge-<lb/> ſtempelten Blankets oder durch baare Einzahlung von Reichs-<lb/> ſtempelabgaben erzielt wird, <hi rendition="#g">mit Ausnahme der Steuer<lb/> von Looſen der Staatslotterien</hi>, der Betrag von zwei<lb/> Prozent gewährt <note place="foot" n="4)">Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 27. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 31. Das<lb/> Wechſelſtempelgeſetz normirte den Antheil der Einzelſtaaten bis zum Ende des<lb/> Jahres 1871 auf 36 Prozent, bis Ende 1873 auf 24 Prozent, bis Ende 1875<lb/> auf 12 Prozent und von da ab dauernd auf 2 Prozent.</note>. Außerdem erhalten die drei Poſtverwaltungen<lb/> für den Vertrieb der Wechſelſtempelmarken und Blankets eine<lb/> Entſchädigung von 2½ Prozent der Brutto-Einnahme.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dritter Abſchnitt. Die Finanzwirthſchaft des Reiches.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>§. 119. <hi rendition="#b">Allgemeine Charakteriſtik.</hi></head><lb/> <p>Die Finanzwirthſchaft des Reiches iſt ihrem Grundprinzip<lb/> nach eine <hi rendition="#g">Geſellſchafts</hi>wirthſchaft <note place="foot" n="5)">In meiner Darſtellung des Reichsfinanzrechts in Hirth’s Annalen 1873<lb/> iſt die Finanzwirthſchaft des Reiches als eine <hi rendition="#g">Miſchung</hi> von Staatswirth-<lb/> ſchaft und Sozietätswirthſchaft charakteriſirt; ich habe mich jedoch überzeugt,<lb/> daß dieſe Auffaſſung juriſtiſch unhaltbar iſt.</note>. Der Grund dafür iſt<lb/> theils ein hiſtoriſcher, indem die Nordd. Bundesverfaſſung anknüpfte<lb/> an die unter den deutſchen Staaten bereits vorhandenen Verbände,<lb/> deren Inſtitutionen ſie zum Theil conſervirte, ſo daß die im ehe-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0328]
§. 119. Allgemeine Charakteriſtik der Finanzwirthſchaft.
desjenigen Staates zu, von deſſen Behörden die Strafentſcheidung
erlaſſen iſt 1). Die Verwandlung einer Geldſtrafe in eine Freiheits-
ſtrafe im Unvermögensfalle findet nicht ſtatt; auch darf zur Bei-
treibung von Geldſtrafen ohne Zuſtimmung des Verurtheilten,
wofern dieſer ein Inländer iſt, kein Grundſtück ſubhaſtirt werden 2).
Die Behörden und Beamten der Bundesſtaaten ſind verpflichtet,
ſich gegenſeitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beiſtand
in allen geſetzlichen Maßregeln zu leiſten, welche zur Entdeckung
oder Beſtrafung von Stempelſteuer-Hinterziehungen dienlich ſind 3).
5. Jedem Bundesſtaate wird von der Einnahme, welche in
ſeinem Gebiete aus dem Verkauf von Stempelmarken oder ge-
ſtempelten Blankets oder durch baare Einzahlung von Reichs-
ſtempelabgaben erzielt wird, mit Ausnahme der Steuer
von Looſen der Staatslotterien, der Betrag von zwei
Prozent gewährt 4). Außerdem erhalten die drei Poſtverwaltungen
für den Vertrieb der Wechſelſtempelmarken und Blankets eine
Entſchädigung von 2½ Prozent der Brutto-Einnahme.
Dritter Abſchnitt. Die Finanzwirthſchaft des Reiches.
§. 119. Allgemeine Charakteriſtik.
Die Finanzwirthſchaft des Reiches iſt ihrem Grundprinzip
nach eine Geſellſchaftswirthſchaft 5). Der Grund dafür iſt
theils ein hiſtoriſcher, indem die Nordd. Bundesverfaſſung anknüpfte
an die unter den deutſchen Staaten bereits vorhandenen Verbände,
deren Inſtitutionen ſie zum Theil conſervirte, ſo daß die im ehe-
1) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 18 Abſ. 1. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24.
2) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 15 Abſ. 3. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 25.
3) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 19. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 24.
4) Geſ. v. 10. Juni 1869 §. 27. Geſ. v. 1. Juli 1881 §. 31. Das
Wechſelſtempelgeſetz normirte den Antheil der Einzelſtaaten bis zum Ende des
Jahres 1871 auf 36 Prozent, bis Ende 1873 auf 24 Prozent, bis Ende 1875
auf 12 Prozent und von da ab dauernd auf 2 Prozent.
5) In meiner Darſtellung des Reichsfinanzrechts in Hirth’s Annalen 1873
iſt die Finanzwirthſchaft des Reiches als eine Miſchung von Staatswirth-
ſchaft und Sozietätswirthſchaft charakteriſirt; ich habe mich jedoch überzeugt,
daß dieſe Auffaſſung juriſtiſch unhaltbar iſt.
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