Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 103. Die Rechtsanwaltschaft. II. Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte. 1. Befugniß zum Gewerbebetrieb. Es sind in a) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, (Ci- b) In denjenigen Sachen, auf welche die Strafprozeßordnung, c) In denjenigen Sachen, in welchen die drei Reichsprozeß- 1) R.A.O. §. 27. Nur die bei dem Reichsgericht zugelassenen Rechtsan- wälte dürfen bei keinem anderen Gerichte auftreten und von einem bei dem Reichsgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt nicht vertreten werden. R.A.O. §. 100 Abs. 2. §. 101. 2) R.A.O. §. 26. Ausgenommen die Rechtsanwälte am Reichsgericht. 3) Nur hat die Partei keinen Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten,
welche durch die Zuziehung eines nicht am Sitz des Prozeßgerichts wohnhaften Anwaltes entstehen. R.A.O. §. 18 Abs. 5. Vgl. Civilproz.Ordn. §. 87 Abs. 2. §. 103. Die Rechtsanwaltſchaft. II. Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte. 1. Befugniß zum Gewerbebetrieb. Es ſind in a) Inſoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten iſt, (Ci- b) In denjenigen Sachen, auf welche die Strafprozeßordnung, c) In denjenigen Sachen, in welchen die drei Reichsprozeß- 1) R.A.O. §. 27. Nur die bei dem Reichsgericht zugelaſſenen Rechtsan- wälte dürfen bei keinem anderen Gerichte auftreten und von einem bei dem Reichsgericht nicht zugelaſſenen Rechtsanwalt nicht vertreten werden. R.A.O. §. 100 Abſ. 2. §. 101. 2) R.A.O. §. 26. Ausgenommen die Rechtsanwälte am Reichsgericht. 3) Nur hat die Partei keinen Anſpruch auf Erſatz der Mehrkoſten,
welche durch die Zuziehung eines nicht am Sitz des Prozeßgerichts wohnhaften Anwaltes entſtehen. R.A.O. §. 18 Abſ. 5. Vgl. Civilproz.Ordn. §. 87 Abſ. 2. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0128" n="118"/> <fw place="top" type="header">§. 103. Die Rechtsanwaltſchaft.</fw><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte</hi>.</head><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Befugniß zum Gewerbebetrieb</hi>. Es ſind in<lb/> dieſer Beziehung <hi rendition="#g">drei</hi> Kategorien von Rechtsſachen zu unter-<lb/> ſcheiden:</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Inſoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten iſt, (Ci-<lb/> vilproz.Ordn. §. 74; <hi rendition="#g">im ſogen. Anwaltsprozeß</hi>), kann nur<lb/> ein <hi rendition="#g">bei dem Prozeßgerichte</hi> zugelaſſener Rechtsanwalt <hi rendition="#g">die<lb/> Vertretung als Prozeßbevollmächtigter</hi> übernehmen;<lb/> jedoch iſt jeder Rechtsanwalt befugt in der mündlichen Verhand-<lb/> lung die Ausführung der Parteirechte und falls ihm der bei dem<lb/> Prozeßgericht zum Prozeßbevollmächtigten beſtellte Rechtsanwalt<lb/> die Vertretung überträgt, auch dieſe zu übernehmen <note place="foot" n="1)">R.A.O. §. 27. Nur die bei dem Reichsgericht zugelaſſenen Rechtsan-<lb/> wälte dürfen bei keinem anderen Gerichte auftreten und von einem bei dem<lb/> Reichsgericht nicht zugelaſſenen Rechtsanwalt nicht vertreten werden. R.A.O.<lb/> §. 100 Abſ. 2. §. 101.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b)</hi> In denjenigen Sachen, auf welche die Strafprozeßordnung,<lb/> die Civilproz.Ordnung und die Konkursordnung Anwendung finden,<lb/> iſt jeder Rechtsanwalt auf Grund der Zulaſſung bei einem Gericht<lb/> befugt, <hi rendition="#g">vor jedem Gericht innerhalb des Reichs</hi> Ver-<lb/> theidigungen zu führen, als Beiſtand aufzutreten und ſoweit eine<lb/> Vertretung durch Anwälte nicht geboten iſt (vor den Amtsgerichten),<lb/> die Vertretung zu übernehmen <note place="foot" n="2)">R.A.O. §. 26. Ausgenommen die Rechtsanwälte am Reichsgericht.</note>. Durch dieſe Beſtimmung ſind<lb/> demnach die territorialen Gränzen der Juſtizhoheit beſeitigt; ſoweit<lb/> im ganzen Reich ein einheitliches Verfahren, eine einheitliche Ge-<lb/> richtsverfaſſung, und eine gemeinverbindliche Rechtskraft der gericht-<lb/> lichen Urtheile beſteht, ſoweit wirkt auch die von einem Staate<lb/> ertheilte Zulaſſung als Rechtsanwalt auf das ganze Bundesgebiet.<lb/> Die ſogen. Lokaliſirung der Rechtsanwälte ſchließt nicht den Ge-<lb/> werbebetrieb derſelben im ganzen Bundesgebiet aus; ſie wirkt nur<lb/> hinſichtlich der Vertretung im Anwaltsprozeß <note place="foot" n="3)">Nur hat die <hi rendition="#g">Partei</hi> keinen Anſpruch auf Erſatz der <hi rendition="#g">Mehrkoſten</hi>,<lb/> welche durch die Zuziehung eines nicht am Sitz des Prozeßgerichts wohnhaften<lb/> Anwaltes entſtehen. R.A.O. §. 18 Abſ. 5. Vgl. Civilproz.Ordn. §. 87 Abſ. 2.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c)</hi> In denjenigen Sachen, in welchen die drei Reichsprozeß-<lb/> geſetze nicht zur Anwendung kommen, gleichviel ob ſie vor den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0128]
§. 103. Die Rechtsanwaltſchaft.
II. Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte.
1. Befugniß zum Gewerbebetrieb. Es ſind in
dieſer Beziehung drei Kategorien von Rechtsſachen zu unter-
ſcheiden:
a) Inſoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten iſt, (Ci-
vilproz.Ordn. §. 74; im ſogen. Anwaltsprozeß), kann nur
ein bei dem Prozeßgerichte zugelaſſener Rechtsanwalt die
Vertretung als Prozeßbevollmächtigter übernehmen;
jedoch iſt jeder Rechtsanwalt befugt in der mündlichen Verhand-
lung die Ausführung der Parteirechte und falls ihm der bei dem
Prozeßgericht zum Prozeßbevollmächtigten beſtellte Rechtsanwalt
die Vertretung überträgt, auch dieſe zu übernehmen 1).
b) In denjenigen Sachen, auf welche die Strafprozeßordnung,
die Civilproz.Ordnung und die Konkursordnung Anwendung finden,
iſt jeder Rechtsanwalt auf Grund der Zulaſſung bei einem Gericht
befugt, vor jedem Gericht innerhalb des Reichs Ver-
theidigungen zu führen, als Beiſtand aufzutreten und ſoweit eine
Vertretung durch Anwälte nicht geboten iſt (vor den Amtsgerichten),
die Vertretung zu übernehmen 2). Durch dieſe Beſtimmung ſind
demnach die territorialen Gränzen der Juſtizhoheit beſeitigt; ſoweit
im ganzen Reich ein einheitliches Verfahren, eine einheitliche Ge-
richtsverfaſſung, und eine gemeinverbindliche Rechtskraft der gericht-
lichen Urtheile beſteht, ſoweit wirkt auch die von einem Staate
ertheilte Zulaſſung als Rechtsanwalt auf das ganze Bundesgebiet.
Die ſogen. Lokaliſirung der Rechtsanwälte ſchließt nicht den Ge-
werbebetrieb derſelben im ganzen Bundesgebiet aus; ſie wirkt nur
hinſichtlich der Vertretung im Anwaltsprozeß 3).
c) In denjenigen Sachen, in welchen die drei Reichsprozeß-
geſetze nicht zur Anwendung kommen, gleichviel ob ſie vor den
1) R.A.O. §. 27. Nur die bei dem Reichsgericht zugelaſſenen Rechtsan-
wälte dürfen bei keinem anderen Gerichte auftreten und von einem bei dem
Reichsgericht nicht zugelaſſenen Rechtsanwalt nicht vertreten werden. R.A.O.
§. 100 Abſ. 2. §. 101.
2) R.A.O. §. 26. Ausgenommen die Rechtsanwälte am Reichsgericht.
3) Nur hat die Partei keinen Anſpruch auf Erſatz der Mehrkoſten,
welche durch die Zuziehung eines nicht am Sitz des Prozeßgerichts wohnhaften
Anwaltes entſtehen. R.A.O. §. 18 Abſ. 5. Vgl. Civilproz.Ordn. §. 87 Abſ. 2.
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