Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtswesens. tung gezogen werden können und der Reichskanzler würde nachArt. 4. und 17 der Reichsverf. auch den Einzelstaaten gegenüber befugt sein, die Beobachtung des Art. 10 der M.- u. Gew.-Ordn. seitens der Staatsbehörden und landesherrl. Beamten zu über- wachen; ein strafrechtliches Einschreiten dagegen auf Grund des § 369 cit. wäre nicht statthaft. b) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet die Anwendung un- c) Das Str.-G.-B. bedroht mit Strafe auch jede andere Ver- III. Die Eichung der Meß- und Wäge-Werkzeuge. 1. Die Eichung besteht in der amtlichen Prüfung und Be- 1) Vgl. Oppenhoff, St.-G.-B. (5. Ausgabe). Note 12. 16--19 zu dieser Stelle. (S. 745 fg.) 2) z. B. wenn in Fällen, in welchen Präzisionswaagen und Präzisionsge- wichte vorgeschrieben sind, Gewerbetreibende Waagen und Gewichte verwenden, die mit dem einfachen Eichungsstempel versehen sind. Vgl. Oppenhof a. a. O. Note 23. 3) Vgl. für Elsaß-Lothringen das R.-G. v. 19. Dez. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl. 1875 S. 1). 4) Um die vollständige Einheit und Gleichheit des metrischen Maß- und
Gewichtssystems zu sichern haben zahlreiche Staaten, darunter auch das Deutsche Reich, die internationale Meterkonvention v. 20. Mai 1875 (R.-R.-G. §. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens. tung gezogen werden können und der Reichskanzler würde nachArt. 4. und 17 der Reichsverf. auch den Einzelſtaaten gegenüber befugt ſein, die Beobachtung des Art. 10 der M.- u. Gew.-Ordn. ſeitens der Staatsbehörden und landesherrl. Beamten zu über- wachen; ein ſtrafrechtliches Einſchreiten dagegen auf Grund des § 369 cit. wäre nicht ſtatthaft. b) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet die Anwendung un- c) Das Str.-G.-B. bedroht mit Strafe auch jede andere Ver- III. Die Eichung der Meß- und Wäge-Werkzeuge. 1. Die Eichung beſteht in der amtlichen Prüfung und Be- 1) Vgl. Oppenhoff, St.-G.-B. (5. Ausgabe). Note 12. 16—19 zu dieſer Stelle. (S. 745 fg.) 2) z. B. wenn in Fällen, in welchen Präziſionswaagen und Präziſionsge- wichte vorgeſchrieben ſind, Gewerbetreibende Waagen und Gewichte verwenden, die mit dem einfachen Eichungsſtempel verſehen ſind. Vgl. Oppenhof a. a. O. Note 23. 3) Vgl. für Elſaß-Lothringen das R.-G. v. 19. Dez. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl. 1875 S. 1). 4) Um die vollſtändige Einheit und Gleichheit des metriſchen Maß- und
Gewichtsſyſtems zu ſichern haben zahlreiche Staaten, darunter auch das Deutſche Reich, die internationale Meterkonvention v. 20. Mai 1875 (R.-R.-G. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb n="446" facs="#f0460"/><fw type="header" place="top">§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.</fw><lb/> tung gezogen werden können und der Reichskanzler würde nach<lb/> Art. 4. und 17 der Reichsverf. auch den Einzelſtaaten gegenüber<lb/> befugt ſein, die Beobachtung des Art. 10 der M.- u. Gew.-Ordn.<lb/> ſeitens der Staatsbehörden und landesherrl. Beamten zu über-<lb/> wachen; ein ſtrafrechtliches Einſchreiten dagegen auf Grund des<lb/> § 369 cit. wäre nicht ſtatthaft.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet die <hi rendition="#g">Anwendung</hi> un-<lb/> geſtempelter Maße, Gewichte und Waagen zum Zumeſſen und<lb/> Zuwägen, das St.-G.-B. dagegen beſtraft die <hi rendition="#g">Innehabung</hi><lb/> von ungeſtempelten oder unrichtigen Maßen, Gewichten und Waagen,<lb/> wofern nur dieſelben zum Gebrauche im Gewerbebetriebe des In-<lb/> habers geeignet ſind. Der Nachweis, daß er ſich derſelben wirk-<lb/> lich bedient habe, iſt nicht erforderlich <note place="foot" n="1)">Vgl. <hi rendition="#g">Oppenhoff</hi>, St.-G.-B. (5. Ausgabe). Note 12. 16—19 zu<lb/> dieſer Stelle. (S. 745 fg.)</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c</hi>) Das Str.-G.-B. bedroht mit Strafe auch jede andere Ver-<lb/> letzung der Vorſchriften über die Maß- und Gewichtspolizei. Dahin<lb/> gehört z. B. die Verletzung der von der Normal-Eichungs-Kom-<lb/> miſſion zur <hi rendition="#g">Ausführung</hi> der M.- u. Gew.-Ordn. erlaſſenen<lb/> Vorſchriften <note place="foot" n="2)">z. B. wenn in Fällen, in welchen Präziſionswaagen und Präziſionsge-<lb/> wichte vorgeſchrieben ſind, Gewerbetreibende Waagen und Gewichte verwenden,<lb/> die mit dem einfachen Eichungsſtempel verſehen ſind. Vgl. <hi rendition="#g">Oppenhof</hi> a. a.<lb/> O. Note 23.</note>, ſowie der Verſtoß gegen <hi rendition="#g">Markt-Ordnungen</hi><lb/> oder andere Polizei-Verordnungen, welche das Zumeſſen oder Zu-<lb/> wägen der Waaren im Marktverkehr oder Kleinhandel anbefehlen.<lb/> Insbeſondere gehört dahin die Verletzung der landesgeſetzlichen<lb/> Vorſchriften über die ſogen. „<hi rendition="#g">Nacheichung</hi>“ <note place="foot" n="3)">Vgl. für Elſaß-Lothringen das R.-G. v. 19. Dez. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl.<lb/> 1875 S. 1).</note>.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Eichung der Meß- und Wäge-Werkzeuge</hi>.</head><lb/> <p>1. Die Eichung beſteht in der amtlichen Prüfung und Be-<lb/> glaubigung der Richtigkeit der Maße, Gewichte und Waagen. Die<lb/> Prüfung iſt eine techniſche Verrichtung ohne obrigkeitlichen Charak-<lb/> ter <note place="foot" n="4)" xml:id="seg2pn_65_1" next="#seg2pn_65_2">Um die vollſtändige Einheit und Gleichheit des metriſchen Maß- und<lb/> Gewichtsſyſtems zu ſichern haben zahlreiche Staaten, darunter auch das Deutſche<lb/> Reich, die <hi rendition="#g">internationale Meterkonvention</hi> v. 20. Mai 1875 (R.-R.-G.</note>, die Stempelung dagegen iſt die Ausſtellung einer öffent-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [446/0460]
§. 75. Die Verwaltung des Maß- und Gewichtsweſens.
tung gezogen werden können und der Reichskanzler würde nach
Art. 4. und 17 der Reichsverf. auch den Einzelſtaaten gegenüber
befugt ſein, die Beobachtung des Art. 10 der M.- u. Gew.-Ordn.
ſeitens der Staatsbehörden und landesherrl. Beamten zu über-
wachen; ein ſtrafrechtliches Einſchreiten dagegen auf Grund des
§ 369 cit. wäre nicht ſtatthaft.
b) Die M.- u. Gew.-Ordn. verbietet die Anwendung un-
geſtempelter Maße, Gewichte und Waagen zum Zumeſſen und
Zuwägen, das St.-G.-B. dagegen beſtraft die Innehabung
von ungeſtempelten oder unrichtigen Maßen, Gewichten und Waagen,
wofern nur dieſelben zum Gebrauche im Gewerbebetriebe des In-
habers geeignet ſind. Der Nachweis, daß er ſich derſelben wirk-
lich bedient habe, iſt nicht erforderlich 1).
c) Das Str.-G.-B. bedroht mit Strafe auch jede andere Ver-
letzung der Vorſchriften über die Maß- und Gewichtspolizei. Dahin
gehört z. B. die Verletzung der von der Normal-Eichungs-Kom-
miſſion zur Ausführung der M.- u. Gew.-Ordn. erlaſſenen
Vorſchriften 2), ſowie der Verſtoß gegen Markt-Ordnungen
oder andere Polizei-Verordnungen, welche das Zumeſſen oder Zu-
wägen der Waaren im Marktverkehr oder Kleinhandel anbefehlen.
Insbeſondere gehört dahin die Verletzung der landesgeſetzlichen
Vorſchriften über die ſogen. „Nacheichung“ 3).
III. Die Eichung der Meß- und Wäge-Werkzeuge.
1. Die Eichung beſteht in der amtlichen Prüfung und Be-
glaubigung der Richtigkeit der Maße, Gewichte und Waagen. Die
Prüfung iſt eine techniſche Verrichtung ohne obrigkeitlichen Charak-
ter 4), die Stempelung dagegen iſt die Ausſtellung einer öffent-
1) Vgl. Oppenhoff, St.-G.-B. (5. Ausgabe). Note 12. 16—19 zu
dieſer Stelle. (S. 745 fg.)
2) z. B. wenn in Fällen, in welchen Präziſionswaagen und Präziſionsge-
wichte vorgeſchrieben ſind, Gewerbetreibende Waagen und Gewichte verwenden,
die mit dem einfachen Eichungsſtempel verſehen ſind. Vgl. Oppenhof a. a.
O. Note 23.
3) Vgl. für Elſaß-Lothringen das R.-G. v. 19. Dez. 1874 §. 2 (R.-G.-Bl.
1875 S. 1).
4) Um die vollſtändige Einheit und Gleichheit des metriſchen Maß- und
Gewichtsſyſtems zu ſichern haben zahlreiche Staaten, darunter auch das Deutſche
Reich, die internationale Meterkonvention v. 20. Mai 1875 (R.-R.-G.
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Zitationshilfe: | Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/460>, abgerufen am 03.03.2025. |