Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens. sind. Ja die Reichsbank kann sogar vom Reiche besteuert werden,was in der That geschieht. Die Constituirung der Reichsbank als selbstständiger Person des Privatrechts hat die weitere Folge, daß obrigkeitliche Rechte ihr ganz und gar fehlen und die Reichsbankbe- hörden zur Ausübung von irgend welchen Hoheitsrechten durchaus incompetent sind, während solche Rechte der Post- und Telegraphen- behörde in gewissem Umfange zustehen. Endlich beruht auf diesem Charakter der Reichsbank die Thatsache, daß die Reichsbank hin- sichtlich ihrer Geschäfte dem allgemeinen Recht fast ganz und gar unterworfen ist und daß nur in sehr wenigen Punkten Abweichungen von demselben anerkannt sind, welche das singuläre Recht der Reichs- bank bilden. II. Juristische Natur und Verfassung der Reichsbank. Die Reichsbank entspricht dem Begriff des Aktienvereins. §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. ſind. Ja die Reichsbank kann ſogar vom Reiche beſteuert werden,was in der That geſchieht. Die Conſtituirung der Reichsbank als ſelbſtſtändiger Perſon des Privatrechts hat die weitere Folge, daß obrigkeitliche Rechte ihr ganz und gar fehlen und die Reichsbankbe- hörden zur Ausübung von irgend welchen Hoheitsrechten durchaus incompetent ſind, während ſolche Rechte der Poſt- und Telegraphen- behörde in gewiſſem Umfange zuſtehen. Endlich beruht auf dieſem Charakter der Reichsbank die Thatſache, daß die Reichsbank hin- ſichtlich ihrer Geſchäfte dem allgemeinen Recht faſt ganz und gar unterworfen iſt und daß nur in ſehr wenigen Punkten Abweichungen von demſelben anerkannt ſind, welche das ſinguläre Recht der Reichs- bank bilden. II. Juriſtiſche Natur und Verfaſſung der Reichsbank. Die Reichsbank entſpricht dem Begriff des Aktienvereins. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0397" n="383"/><fw place="top" type="header">§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.</fw><lb/> ſind. Ja die Reichsbank kann ſogar vom Reiche beſteuert werden,<lb/> was in der That geſchieht. Die Conſtituirung der Reichsbank als<lb/> ſelbſtſtändiger Perſon des Privatrechts hat die weitere Folge, daß<lb/> obrigkeitliche Rechte ihr ganz und gar fehlen und die Reichsbankbe-<lb/> hörden zur Ausübung von irgend welchen Hoheitsrechten durchaus<lb/> incompetent ſind, während ſolche Rechte der Poſt- und Telegraphen-<lb/> behörde in gewiſſem Umfange zuſtehen. Endlich beruht auf dieſem<lb/> Charakter der Reichsbank die Thatſache, daß die Reichsbank hin-<lb/> ſichtlich ihrer Geſchäfte dem allgemeinen Recht faſt ganz und gar<lb/> unterworfen iſt und daß nur in ſehr wenigen Punkten Abweichungen<lb/> von demſelben anerkannt ſind, welche das ſinguläre Recht der Reichs-<lb/> bank bilden.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Juriſtiſche Natur und Verfaſſung der Reichsbank</hi>.</head><lb/> <p>Die Reichsbank entſpricht dem Begriff des <hi rendition="#g">Aktienvereins</hi>.<lb/> Sie hat ein <hi rendition="#g">Grundkapital</hi> von 120 Mill. Mark, welches in 40,000<lb/> auf Namen lautende Antheile von je 3000 Mark getheilt iſt. Die<lb/> Antheilseigner ſind von der perſönlichen Haftung für die Verbind-<lb/> lichkeiten der Reichsbank <hi rendition="#g">frei</hi>, ſie haben einen Anſpruch auf eine<lb/><hi rendition="#g">Dividende</hi> aus dem ſich ergebenden Reingewinn, ſie ſind befugt,<lb/> an der Verwaltung durch die <hi rendition="#g">General-Verſammlung</hi> und<lb/> den Centralausſchuß ſich zu betheiligen; ſie erhalten bei der Auf-<lb/> löſung des Vereins das Vermögen deſſelben, wenigſtens zum größ-<lb/> ten Theile. Alles, was für den Aktienverein weſentlich iſt, findet<lb/> ſich auch bei der Reichsbank wieder und ihre durch Geſetz und<lb/> Statut beſtimmte Verfaſſung hat dieſelben Grundformen, welche<lb/> den Aktienvereinen mit Namensaktien eigenthümlich ſind. Deſſen-<lb/> ungeachtet ſind die Vorſchriften des Handelsgeſetzbuches und des<lb/> Geſ. v. 11. Juni 1870 auf die Reichsbank im Allgemeinen unan-<lb/> wendbar und durch die <hi rendition="#g">ausſchließenden</hi> Beſtimmungen des<lb/> Bankgeſetzes und des Status der Reichsbank erſetzt, und zwar des-<lb/> halb, weil das Reich ſich bei der Reichsbank eine Stellung zuge-<lb/> wieſen hat, welche bei den nach den Vorſchriften des H.-G.-B.’s<lb/> conſtituirten Aktienvereinen unmöglich iſt. Dieſe Betheiligung des<lb/> Reiches begründet nach allen Richtungen hin für die Reichsbank<lb/> Abweichungen von dem gemeinen für Aktienvereine geltenden Rechte<lb/> und macht die Reichsbank zu einer anormalen Rechtsſchöpfung, die<lb/> zwar dem allgemeinen Begriff der <choice><sic>Aktienvereiue</sic><corr>Aktienvereine</corr></choice> ſich ſubſumirt,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [383/0397]
§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
ſind. Ja die Reichsbank kann ſogar vom Reiche beſteuert werden,
was in der That geſchieht. Die Conſtituirung der Reichsbank als
ſelbſtſtändiger Perſon des Privatrechts hat die weitere Folge, daß
obrigkeitliche Rechte ihr ganz und gar fehlen und die Reichsbankbe-
hörden zur Ausübung von irgend welchen Hoheitsrechten durchaus
incompetent ſind, während ſolche Rechte der Poſt- und Telegraphen-
behörde in gewiſſem Umfange zuſtehen. Endlich beruht auf dieſem
Charakter der Reichsbank die Thatſache, daß die Reichsbank hin-
ſichtlich ihrer Geſchäfte dem allgemeinen Recht faſt ganz und gar
unterworfen iſt und daß nur in ſehr wenigen Punkten Abweichungen
von demſelben anerkannt ſind, welche das ſinguläre Recht der Reichs-
bank bilden.
II. Juriſtiſche Natur und Verfaſſung der Reichsbank.
Die Reichsbank entſpricht dem Begriff des Aktienvereins.
Sie hat ein Grundkapital von 120 Mill. Mark, welches in 40,000
auf Namen lautende Antheile von je 3000 Mark getheilt iſt. Die
Antheilseigner ſind von der perſönlichen Haftung für die Verbind-
lichkeiten der Reichsbank frei, ſie haben einen Anſpruch auf eine
Dividende aus dem ſich ergebenden Reingewinn, ſie ſind befugt,
an der Verwaltung durch die General-Verſammlung und
den Centralausſchuß ſich zu betheiligen; ſie erhalten bei der Auf-
löſung des Vereins das Vermögen deſſelben, wenigſtens zum größ-
ten Theile. Alles, was für den Aktienverein weſentlich iſt, findet
ſich auch bei der Reichsbank wieder und ihre durch Geſetz und
Statut beſtimmte Verfaſſung hat dieſelben Grundformen, welche
den Aktienvereinen mit Namensaktien eigenthümlich ſind. Deſſen-
ungeachtet ſind die Vorſchriften des Handelsgeſetzbuches und des
Geſ. v. 11. Juni 1870 auf die Reichsbank im Allgemeinen unan-
wendbar und durch die ausſchließenden Beſtimmungen des
Bankgeſetzes und des Status der Reichsbank erſetzt, und zwar des-
halb, weil das Reich ſich bei der Reichsbank eine Stellung zuge-
wieſen hat, welche bei den nach den Vorſchriften des H.-G.-B.’s
conſtituirten Aktienvereinen unmöglich iſt. Dieſe Betheiligung des
Reiches begründet nach allen Richtungen hin für die Reichsbank
Abweichungen von dem gemeinen für Aktienvereine geltenden Rechte
und macht die Reichsbank zu einer anormalen Rechtsſchöpfung, die
zwar dem allgemeinen Begriff der Aktienvereine ſich ſubſumirt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |