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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
Staaten zu empfangen; sie dürfen aber mit denselben nur über
die besonderen Angelegenheiten ihres Landes und Hauses, dagegen
über die gemeinsamen Angelegenheiten des Reiches nur mit Wissen
und Willen des Kaisers, resp. Reichskanzlers, Verhandlungen
führen.

2. Amtsgeschäfte.

Die Gesandten und die bei Gesandtschaften verwendeten Be-
amten haben obrigkeitliche Rechte der Natur der Sache nach in der
Regel nicht auszuüben, da ihre Thätigkeit im Auslande, also
außerhalb des Herrschafts-Gebietes des Reiches sich vollzieht 1).

Verfügungen, durch welche Handlungen oder Unterlassungen
anbefohlen werden, können Gesandte demnach nicht erlassen, da sie
nicht in der Lage sind, die Befolgung ihrer Befehle zu erzwingen.

Aber auch im Uebrigen ist ihre Thätigkeit durch Rechtssätze
nicht geregelt. Bei keinem Zweige der gesammten Staatsverwal-
tung tritt die Freiheit derselben von gesetzlichen Vorschriften deut-
licher vor Augen als bei der Verwaltung der auswärtigen An-
gelegenheiten; dieselbe ist an keinem Punkte Ausführung von
Gesetzen, sondern sie ist durchweg vom freien Ermessen, von Er-
wägungen der Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit geleitet. Je weni-
ger aber das Gesetz die Thätigkeit der Gesandten regelt, desto be-
deutungsvoller wird die Leitung dieser Thätigkeit durch die vor-
gesetzte Behörde, also durch den Reichskanzler. Die strenge Ge-
horsamspflicht gegen dienstliche Befehle, die vollkommene Beherrschung
der Thätigkeit der einzelnen Beamten durch den leitenden Chef,
also die strenge Ordnung innerhalb des Verwaltungs-Apparats
ist das Correlat der Ungebundenheit dieser Verwaltung als Gan-
zes. Das Auswärtige Departement steht in dieser Hinsicht unter
allen Verwaltungszweigen dem Militair-Wesen am nächsten.


1) Allenfalls kann man eine Ausnahme erblicken in der Befugniß der Ge-
sandten zur Beglaubigung von Vollmachten, welche Inländer im Auslande
ausstellen. Vgl. darüber Anhang §. 46 zum Preuß. Allg. Landr.
(zu I. 13 §. 117). Preuß. Cab.-Ordre v. 11. Nov. 1829 (Ges.-Samml.
1830 S. 2). Ueber die Ertheilung der Ermächtigung zur Vornahme von Ehe-
schließungen und zur Beurkundung von Geburts- und Todesfällen vgl. unten
S. 254. Ihre Befugniß, öffentliche Urkunden, welche in dem Staate ihrer
Residenz ausgestellt sind, zu legalisiren, ist in der Civilproc.-Ordn. §. 403
anerkannt.

§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
Staaten zu empfangen; ſie dürfen aber mit denſelben nur über
die beſonderen Angelegenheiten ihres Landes und Hauſes, dagegen
über die gemeinſamen Angelegenheiten des Reiches nur mit Wiſſen
und Willen des Kaiſers, reſp. Reichskanzlers, Verhandlungen
führen.

2. Amtsgeſchäfte.

Die Geſandten und die bei Geſandtſchaften verwendeten Be-
amten haben obrigkeitliche Rechte der Natur der Sache nach in der
Regel nicht auszuüben, da ihre Thätigkeit im Auslande, alſo
außerhalb des Herrſchafts-Gebietes des Reiches ſich vollzieht 1).

Verfügungen, durch welche Handlungen oder Unterlaſſungen
anbefohlen werden, können Geſandte demnach nicht erlaſſen, da ſie
nicht in der Lage ſind, die Befolgung ihrer Befehle zu erzwingen.

Aber auch im Uebrigen iſt ihre Thätigkeit durch Rechtsſätze
nicht geregelt. Bei keinem Zweige der geſammten Staatsverwal-
tung tritt die Freiheit derſelben von geſetzlichen Vorſchriften deut-
licher vor Augen als bei der Verwaltung der auswärtigen An-
gelegenheiten; dieſelbe iſt an keinem Punkte Ausführung von
Geſetzen, ſondern ſie iſt durchweg vom freien Ermeſſen, von Er-
wägungen der Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit geleitet. Je weni-
ger aber das Geſetz die Thätigkeit der Geſandten regelt, deſto be-
deutungsvoller wird die Leitung dieſer Thätigkeit durch die vor-
geſetzte Behörde, alſo durch den Reichskanzler. Die ſtrenge Ge-
horſamspflicht gegen dienſtliche Befehle, die vollkommene Beherrſchung
der Thätigkeit der einzelnen Beamten durch den leitenden Chef,
alſo die ſtrenge Ordnung innerhalb des Verwaltungs-Apparats
iſt das Correlat der Ungebundenheit dieſer Verwaltung als Gan-
zes. Das Auswärtige Departement ſteht in dieſer Hinſicht unter
allen Verwaltungszweigen dem Militair-Weſen am nächſten.


1) Allenfalls kann man eine Ausnahme erblicken in der Befugniß der Ge-
ſandten zur Beglaubigung von Vollmachten, welche Inländer im Auslande
ausſtellen. Vgl. darüber Anhang §. 46 zum Preuß. Allg. Landr.
(zu I. 13 §. 117). Preuß. Cab.-Ordre v. 11. Nov. 1829 (Geſ.-Samml.
1830 S. 2). Ueber die Ertheilung der Ermächtigung zur Vornahme von Ehe-
ſchließungen und zur Beurkundung von Geburts- und Todesfällen vgl. unten
S. 254. Ihre Befugniß, öffentliche Urkunden, welche in dem Staate ihrer
Reſidenz ausgeſtellt ſind, zu legaliſiren, iſt in der Civilproc.-Ordn. §. 403
anerkannt.
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[245/0259] §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. Staaten zu empfangen; ſie dürfen aber mit denſelben nur über die beſonderen Angelegenheiten ihres Landes und Hauſes, dagegen über die gemeinſamen Angelegenheiten des Reiches nur mit Wiſſen und Willen des Kaiſers, reſp. Reichskanzlers, Verhandlungen führen. 2. Amtsgeſchäfte. Die Geſandten und die bei Geſandtſchaften verwendeten Be- amten haben obrigkeitliche Rechte der Natur der Sache nach in der Regel nicht auszuüben, da ihre Thätigkeit im Auslande, alſo außerhalb des Herrſchafts-Gebietes des Reiches ſich vollzieht 1). Verfügungen, durch welche Handlungen oder Unterlaſſungen anbefohlen werden, können Geſandte demnach nicht erlaſſen, da ſie nicht in der Lage ſind, die Befolgung ihrer Befehle zu erzwingen. Aber auch im Uebrigen iſt ihre Thätigkeit durch Rechtsſätze nicht geregelt. Bei keinem Zweige der geſammten Staatsverwal- tung tritt die Freiheit derſelben von geſetzlichen Vorſchriften deut- licher vor Augen als bei der Verwaltung der auswärtigen An- gelegenheiten; dieſelbe iſt an keinem Punkte Ausführung von Geſetzen, ſondern ſie iſt durchweg vom freien Ermeſſen, von Er- wägungen der Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit geleitet. Je weni- ger aber das Geſetz die Thätigkeit der Geſandten regelt, deſto be- deutungsvoller wird die Leitung dieſer Thätigkeit durch die vor- geſetzte Behörde, alſo durch den Reichskanzler. Die ſtrenge Ge- horſamspflicht gegen dienſtliche Befehle, die vollkommene Beherrſchung der Thätigkeit der einzelnen Beamten durch den leitenden Chef, alſo die ſtrenge Ordnung innerhalb des Verwaltungs-Apparats iſt das Correlat der Ungebundenheit dieſer Verwaltung als Gan- zes. Das Auswärtige Departement ſteht in dieſer Hinſicht unter allen Verwaltungszweigen dem Militair-Weſen am nächſten. 1) Allenfalls kann man eine Ausnahme erblicken in der Befugniß der Ge- ſandten zur Beglaubigung von Vollmachten, welche Inländer im Auslande ausſtellen. Vgl. darüber Anhang §. 46 zum Preuß. Allg. Landr. (zu I. 13 §. 117). Preuß. Cab.-Ordre v. 11. Nov. 1829 (Geſ.-Samml. 1830 S. 2). Ueber die Ertheilung der Ermächtigung zur Vornahme von Ehe- ſchließungen und zur Beurkundung von Geburts- und Todesfällen vgl. unten S. 254. Ihre Befugniß, öffentliche Urkunden, welche in dem Staate ihrer Reſidenz ausgeſtellt ſind, zu legaliſiren, iſt in der Civilproc.-Ordn. §. 403 anerkannt.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/259>, abgerufen am 21.11.2024.