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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
Beschlüssen nicht ausschließlich durch juristische Erwägungen geleitet
wird 1).

I. Das active Wahlrecht.

Wähler für den Reichstag ist jeder Deutsche,
welcher das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückge-
legt hat
2). Da das Gesetz unzweifelhaft 3) nur Männer für
wahlberechtigt erklären wollte, so ergiebt sich, daß das Wahlrecht
an drei Voraussetzungen geknüpft ist, Reichsangehörigkeit, Alter von
mindestens 25 Jahren und männliches Geschlecht. Andere Voraus-
setzungen, welche zugleich Beschränkungen des Wahlrechts sein
würden, kennt das Reichsrecht nicht. Jedoch fällt in gewissen Fällen
die Ausübung des Wahlrechts fort, theils in der Art, daß die
Berechtigung zum wählen ruht, d. h. quoad ius fortdauert, theils
in der Art, daß sie zeitweilig ganz aufgehoben (suspendirt) ist.

1) Die Berechtigung zum Wählen ist quoad ius vorhanden,
ihre Ausübung aber ruht:

a) für Personen des Soldatenstandes des Heeres und der
Marine so lange, als dieselben sich bei der Fahne befinden 4). Unter
den Personen des Soldatenstandes sind zu verstehen "die zum
aktiven Heere gehörigen Militärpersonen, mit Ausnahme der Mili-
tärbeamten 5)."

b) für Personen, welche sich zur Zeit der Wahl nicht in einem
Wahlbezirke aufhalten, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Nur
wenn eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke getheilt ist, genügt es,
wenn der Wähler in einem derselben zur Zeit der Wahl seinen
Wohnsitz hat 6). Eine bestimmte Dauer des Wohnsitzes wird nicht

1) Eine gute Bearbeitung dieses Materials enthält die Schrift von Rob.
von Mohl. Kritische Bemerkungen über die Wahlen zum Deutschen Reichs-
tage. Tübingen 1874. (Abdruck aus der Zeitschr. für die ges. Staatswissen-
schaft Bd. 30.)
2) Wahlges. §. 1.
3) v. Mohl Reichsstaatsr. S. 342.
4) Wahlges. §. 2.
5) Militärges. v. 2. Mai 1874 §. 49. Welche Personen zum aktiven Heere
gehören, definirt dasselbe Gesetz im §. 38.
6) Wahlges. §. 7. "Wer das Wahlrecht in einem Wahlbezirke ausüben
will, muß in demselben oder, im Falle eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke
getheilt ist, in einem derselben zur Zeit der Wahl seinen Wohnsitz haben. --
Jeder darf nur an Einem Orte wählen." Wahlbezirk ist nicht identisch mit
Wahlkreis, sondern mit Abstimmungsbezirk. Siehe unten.

§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
Beſchlüſſen nicht ausſchließlich durch juriſtiſche Erwägungen geleitet
wird 1).

I. Das active Wahlrecht.

Wähler für den Reichstag iſt jeder Deutſche,
welcher das fünf und zwanzigſte Lebensjahr zurückge-
legt hat
2). Da das Geſetz unzweifelhaft 3) nur Männer für
wahlberechtigt erklären wollte, ſo ergiebt ſich, daß das Wahlrecht
an drei Vorausſetzungen geknüpft iſt, Reichsangehörigkeit, Alter von
mindeſtens 25 Jahren und männliches Geſchlecht. Andere Voraus-
ſetzungen, welche zugleich Beſchränkungen des Wahlrechts ſein
würden, kennt das Reichsrecht nicht. Jedoch fällt in gewiſſen Fällen
die Ausübung des Wahlrechts fort, theils in der Art, daß die
Berechtigung zum wählen ruht, d. h. quoad ius fortdauert, theils
in der Art, daß ſie zeitweilig ganz aufgehoben (ſuspendirt) iſt.

1) Die Berechtigung zum Wählen iſt quoad ius vorhanden,
ihre Ausübung aber ruht:

a) für Perſonen des Soldatenſtandes des Heeres und der
Marine ſo lange, als dieſelben ſich bei der Fahne befinden 4). Unter
den Perſonen des Soldatenſtandes ſind zu verſtehen „die zum
aktiven Heere gehörigen Militärperſonen, mit Ausnahme der Mili-
tärbeamten 5).“

b) für Perſonen, welche ſich zur Zeit der Wahl nicht in einem
Wahlbezirke aufhalten, in welchem ſie ihren Wohnſitz haben. Nur
wenn eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke getheilt iſt, genügt es,
wenn der Wähler in einem derſelben zur Zeit der Wahl ſeinen
Wohnſitz hat 6). Eine beſtimmte Dauer des Wohnſitzes wird nicht

1) Eine gute Bearbeitung dieſes Materials enthält die Schrift von Rob.
von Mohl. Kritiſche Bemerkungen über die Wahlen zum Deutſchen Reichs-
tage. Tübingen 1874. (Abdruck aus der Zeitſchr. für die geſ. Staatswiſſen-
ſchaft Bd. 30.)
2) Wahlgeſ. §. 1.
3) v. Mohl Reichsſtaatsr. S. 342.
4) Wahlgeſ. §. 2.
5) Militärgeſ. v. 2. Mai 1874 §. 49. Welche Perſonen zum aktiven Heere
gehören, definirt daſſelbe Geſetz im §. 38.
6) Wahlgeſ. §. 7. „Wer das Wahlrecht in einem Wahlbezirke ausüben
will, muß in demſelben oder, im Falle eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke
getheilt iſt, in einem derſelben zur Zeit der Wahl ſeinen Wohnſitz haben. —
Jeder darf nur an Einem Orte wählen.“ Wahlbezirk iſt nicht identiſch mit
Wahlkreis, ſondern mit Abſtimmungsbezirk. Siehe unten.
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[525/0545] §. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. Beſchlüſſen nicht ausſchließlich durch juriſtiſche Erwägungen geleitet wird 1). I. Das active Wahlrecht. Wähler für den Reichstag iſt jeder Deutſche, welcher das fünf und zwanzigſte Lebensjahr zurückge- legt hat 2). Da das Geſetz unzweifelhaft 3) nur Männer für wahlberechtigt erklären wollte, ſo ergiebt ſich, daß das Wahlrecht an drei Vorausſetzungen geknüpft iſt, Reichsangehörigkeit, Alter von mindeſtens 25 Jahren und männliches Geſchlecht. Andere Voraus- ſetzungen, welche zugleich Beſchränkungen des Wahlrechts ſein würden, kennt das Reichsrecht nicht. Jedoch fällt in gewiſſen Fällen die Ausübung des Wahlrechts fort, theils in der Art, daß die Berechtigung zum wählen ruht, d. h. quoad ius fortdauert, theils in der Art, daß ſie zeitweilig ganz aufgehoben (ſuspendirt) iſt. 1) Die Berechtigung zum Wählen iſt quoad ius vorhanden, ihre Ausübung aber ruht: a) für Perſonen des Soldatenſtandes des Heeres und der Marine ſo lange, als dieſelben ſich bei der Fahne befinden 4). Unter den Perſonen des Soldatenſtandes ſind zu verſtehen „die zum aktiven Heere gehörigen Militärperſonen, mit Ausnahme der Mili- tärbeamten 5).“ b) für Perſonen, welche ſich zur Zeit der Wahl nicht in einem Wahlbezirke aufhalten, in welchem ſie ihren Wohnſitz haben. Nur wenn eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke getheilt iſt, genügt es, wenn der Wähler in einem derſelben zur Zeit der Wahl ſeinen Wohnſitz hat 6). Eine beſtimmte Dauer des Wohnſitzes wird nicht 1) Eine gute Bearbeitung dieſes Materials enthält die Schrift von Rob. von Mohl. Kritiſche Bemerkungen über die Wahlen zum Deutſchen Reichs- tage. Tübingen 1874. (Abdruck aus der Zeitſchr. für die geſ. Staatswiſſen- ſchaft Bd. 30.) 2) Wahlgeſ. §. 1. 3) v. Mohl Reichsſtaatsr. S. 342. 4) Wahlgeſ. §. 2. 5) Militärgeſ. v. 2. Mai 1874 §. 49. Welche Perſonen zum aktiven Heere gehören, definirt daſſelbe Geſetz im §. 38. 6) Wahlgeſ. §. 7. „Wer das Wahlrecht in einem Wahlbezirke ausüben will, muß in demſelben oder, im Falle eine Gemeinde in mehrere Wahlbezirke getheilt iſt, in einem derſelben zur Zeit der Wahl ſeinen Wohnſitz haben. — Jeder darf nur an Einem Orte wählen.“ Wahlbezirk iſt nicht identiſch mit Wahlkreis, ſondern mit Abſtimmungsbezirk. Siehe unten.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/545>, abgerufen am 21.11.2024.