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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 36. Die richterlichen Reichsbehörden.
gelten für den Geschäftsgang beim Disciplinarhof dieselben Vor-
schriften, welche für die Disciplinarkammern erlassen sind.

2. Das Reichs-Oberhandelsgericht und
Das Bundesamt für das Heimathwesen

entscheiden in erster und letzter Instanz über ihre Mitglieder 1)
in denjenigen Fällen, in welchen nach den §§. 23--26 des Gesetzes
vom 12. Juni 1869 Amtsverlust, Suspension vom Amte oder
unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand zulässig ist 2). Das
Reichs-Oberhandelsgericht ist außerdem gegen die Rechtsanwalte
und Advokaten, welche in den bei demselben anhängigen Rechts-
sachen thätig sind, mit denjenigen Disciplinarbefugnissen ausge-
stattet, welche dem obersten Gerichtshofe des Bundesstaates, an
dessen Stelle das Reichs-Oberhandelsgericht getreten ist, unter
gleichen Umständen zustehen würden 3).

Ueber das Preuß. General-Auditoriat als Disciplinarhof für
die Auditeure der Kaiserl. Marine siehe oben S. 373 Note 1.

C. Reichs-Verwaltungsgerichte.

Hierher gehören diejenigen Behörden des Reiches, welche über
die Anwendung und Auslegung von Verwaltungsgesetzen Urtheile
von rechtlicher Wirksamkeit abgeben und hinsichtlich dieser Thätigkeit
der oberen Leitung des Reichskanzlers oder einer anderen Verwal-
tungsbehörde nicht unterworfen sind, sondern ihre Entscheidungen
nach unabhängiger individueller Rechtsüberzeugung fällen. Hiermit
ist von selbst auch die eigene Verantwortlichkeit dieser Behörden
für ihre amtliche Wirksamkeit und der Ausschluß der Verantwort-

1) Hinsichtlich der übrigen Beamten dieser Behörden ist die Kompetenz
der Disciplinarkammern und des Disciplinarhofes nicht beschränkt.
2) Gesetz vom 12. Juni 1869 a. a. O. Gesetz vom 6. Juni 1870 §. 43.
Gesetz vom 31. März 1873 §. 158. Die Mitglieder und Beamten des Rech-
nungshofes
unterliegen der Disciplinar-Gewalt des Reiches oder einer
Reichsbehörde überhaupt gar nicht, sondern derjenigen Preußens, welche
durch das Obertribunal für den Präsidenten und die Mitglieder, durch die
Ober-Rechnungskammer für die übrigen Beamten ausgeübt wird. Preuß.
Gesetz vom 27. März 1872
§. 5 u. §. 6. (Preuß. Ges.-Samml. S. 278.)
Nur übt hinsichtlich der vom Reiche angestellten Mitglieder der Reichskanzler
die im §. 5 cit. dem Preuß. Staatsministerium und Justizminister zugewie-
sene Zuständigkeit aus. Vgl. Kanngießer a. a. O. S. 249.
3) Die näheren Anordnungen enthält das Gesetz vvm 29. März 1873.
(R.-G.-Bl. S. 60. 61.)

§. 36. Die richterlichen Reichsbehörden.
gelten für den Geſchäftsgang beim Disciplinarhof dieſelben Vor-
ſchriften, welche für die Disciplinarkammern erlaſſen ſind.

2. Das Reichs-Oberhandelsgericht und
Das Bundesamt für das Heimathweſen

entſcheiden in erſter und letzter Inſtanz über ihre Mitglieder 1)
in denjenigen Fällen, in welchen nach den §§. 23—26 des Geſetzes
vom 12. Juni 1869 Amtsverluſt, Suspenſion vom Amte oder
unfreiwillige Verſetzung in den Ruheſtand zuläſſig iſt 2). Das
Reichs-Oberhandelsgericht iſt außerdem gegen die Rechtsanwalte
und Advokaten, welche in den bei demſelben anhängigen Rechts-
ſachen thätig ſind, mit denjenigen Disciplinarbefugniſſen ausge-
ſtattet, welche dem oberſten Gerichtshofe des Bundesſtaates, an
deſſen Stelle das Reichs-Oberhandelsgericht getreten iſt, unter
gleichen Umſtänden zuſtehen würden 3).

Ueber das Preuß. General-Auditoriat als Disciplinarhof für
die Auditeure der Kaiſerl. Marine ſiehe oben S. 373 Note 1.

C. Reichs-Verwaltungsgerichte.

Hierher gehören diejenigen Behörden des Reiches, welche über
die Anwendung und Auslegung von Verwaltungsgeſetzen Urtheile
von rechtlicher Wirkſamkeit abgeben und hinſichtlich dieſer Thätigkeit
der oberen Leitung des Reichskanzlers oder einer anderen Verwal-
tungsbehörde nicht unterworfen ſind, ſondern ihre Entſcheidungen
nach unabhängiger individueller Rechtsüberzeugung fällen. Hiermit
iſt von ſelbſt auch die eigene Verantwortlichkeit dieſer Behörden
für ihre amtliche Wirkſamkeit und der Ausſchluß der Verantwort-

1) Hinſichtlich der übrigen Beamten dieſer Behörden iſt die Kompetenz
der Disciplinarkammern und des Disciplinarhofes nicht beſchränkt.
2) Geſetz vom 12. Juni 1869 a. a. O. Geſetz vom 6. Juni 1870 §. 43.
Geſetz vom 31. März 1873 §. 158. Die Mitglieder und Beamten des Rech-
nungshofes
unterliegen der Disciplinar-Gewalt des Reiches oder einer
Reichsbehörde überhaupt gar nicht, ſondern derjenigen Preußens, welche
durch das Obertribunal für den Präſidenten und die Mitglieder, durch die
Ober-Rechnungskammer für die übrigen Beamten ausgeübt wird. Preuß.
Geſetz vom 27. März 1872
§. 5 u. §. 6. (Preuß. Geſ.-Samml. S. 278.)
Nur übt hinſichtlich der vom Reiche angeſtellten Mitglieder der Reichskanzler
die im §. 5 cit. dem Preuß. Staatsminiſterium und Juſtizminiſter zugewie-
ſene Zuſtändigkeit aus. Vgl. Kanngießer a. a. O. S. 249.
3) Die näheren Anordnungen enthält das Geſetz vvm 29. März 1873.
(R.-G.-Bl. S. 60. 61.)
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[376/0396] §. 36. Die richterlichen Reichsbehörden. gelten für den Geſchäftsgang beim Disciplinarhof dieſelben Vor- ſchriften, welche für die Disciplinarkammern erlaſſen ſind. 2. Das Reichs-Oberhandelsgericht und Das Bundesamt für das Heimathweſen entſcheiden in erſter und letzter Inſtanz über ihre Mitglieder 1) in denjenigen Fällen, in welchen nach den §§. 23—26 des Geſetzes vom 12. Juni 1869 Amtsverluſt, Suspenſion vom Amte oder unfreiwillige Verſetzung in den Ruheſtand zuläſſig iſt 2). Das Reichs-Oberhandelsgericht iſt außerdem gegen die Rechtsanwalte und Advokaten, welche in den bei demſelben anhängigen Rechts- ſachen thätig ſind, mit denjenigen Disciplinarbefugniſſen ausge- ſtattet, welche dem oberſten Gerichtshofe des Bundesſtaates, an deſſen Stelle das Reichs-Oberhandelsgericht getreten iſt, unter gleichen Umſtänden zuſtehen würden 3). Ueber das Preuß. General-Auditoriat als Disciplinarhof für die Auditeure der Kaiſerl. Marine ſiehe oben S. 373 Note 1. C. Reichs-Verwaltungsgerichte. Hierher gehören diejenigen Behörden des Reiches, welche über die Anwendung und Auslegung von Verwaltungsgeſetzen Urtheile von rechtlicher Wirkſamkeit abgeben und hinſichtlich dieſer Thätigkeit der oberen Leitung des Reichskanzlers oder einer anderen Verwal- tungsbehörde nicht unterworfen ſind, ſondern ihre Entſcheidungen nach unabhängiger individueller Rechtsüberzeugung fällen. Hiermit iſt von ſelbſt auch die eigene Verantwortlichkeit dieſer Behörden für ihre amtliche Wirkſamkeit und der Ausſchluß der Verantwort- 1) Hinſichtlich der übrigen Beamten dieſer Behörden iſt die Kompetenz der Disciplinarkammern und des Disciplinarhofes nicht beſchränkt. 2) Geſetz vom 12. Juni 1869 a. a. O. Geſetz vom 6. Juni 1870 §. 43. Geſetz vom 31. März 1873 §. 158. Die Mitglieder und Beamten des Rech- nungshofes unterliegen der Disciplinar-Gewalt des Reiches oder einer Reichsbehörde überhaupt gar nicht, ſondern derjenigen Preußens, welche durch das Obertribunal für den Präſidenten und die Mitglieder, durch die Ober-Rechnungskammer für die übrigen Beamten ausgeübt wird. Preuß. Geſetz vom 27. März 1872 §. 5 u. §. 6. (Preuß. Geſ.-Samml. S. 278.) Nur übt hinſichtlich der vom Reiche angeſtellten Mitglieder der Reichskanzler die im §. 5 cit. dem Preuß. Staatsminiſterium und Juſtizminiſter zugewie- ſene Zuſtändigkeit aus. Vgl. Kanngießer a. a. O. S. 249. 3) Die näheren Anordnungen enthält das Geſetz vvm 29. März 1873. (R.-G.-Bl. S. 60. 61.)

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/396>, abgerufen am 21.11.2024.