Lachend gingen seine Gesellen mit ihm fort. Auf dem Wege er¬ öffnete er ihnen, daß er diese Nacht in ihrem Hause bei ihrer Schwe¬ ster zuzubringen gesonnen sei. Sie fanden das in der Ordnung und ließen ihn mit sich ein.
13.
Und nun den letzten Kuß! sagte Friedrich, als kaum der Morgen graute. Das Scheiden und Meiden ist ein schlechtes Handwerk, und der bös' Gott woll's dem behüten, dem's zuerst eingefallen ist, aber es muß nun einmal sein.
Wenn ich nicht Sorg' hätt', mein Vater oder Mutter könnt' auf¬ wachen, so ließ' ich dich noch nicht fort, sagte Christine unwillkürlich seinen Arm umklammernd. Es hat sich ja noch nicht einmal ein Hahnenschrei hören lassen.
Sie werden bald krähen, und dann währt's nicht lang mehr, so wird's lebendig im Ort und ich kann nicht mehr unbeschrieen fort¬ kommen, was mir unlieb wär', weil ich des Geschwätzes mit den Leuten überdrüssig bin und nicht jedem auf die Nas' binden mag, warum ich in die Fremde soll. Fort muß ich ja doch einmal, und so ist's eins, ob wir den bittern Kelch jetzt trinken oder ein wenig später. Denk' dir, wir seien verheirathet, was wir ja auch eigentlich sind, und ich müss' verreisen auf längere Zeit. Wie Mancher hat schon von Weib und Kind weg in Krieg müssen, und ist gar nicht wieder kommen.
Wann wirst auch du wieder zu mir kommen? seufzte Christine.
Am Sanct Nimmerlestag, wo die Eulen bocken. Frag' nicht so schäckig, weißt ja doch selber wohl, daß ich komm', wenn ich kann und darf. Soll ich dir denn Alles wieder herleiern, was ich dir ge¬ sagt hab' und worauf unsre Hoffnung steht? Ich müßt' mich ja heiser predigen.
Christine schluchzte überlaut. Mein Herz sagt mir, wir sehen ein¬ ander nie wieder und ich werd' in Schand' und Noth verlassen sein.
Lachend gingen ſeine Geſellen mit ihm fort. Auf dem Wege er¬ öffnete er ihnen, daß er dieſe Nacht in ihrem Hauſe bei ihrer Schwe¬ ſter zuzubringen geſonnen ſei. Sie fanden das in der Ordnung und ließen ihn mit ſich ein.
13.
Und nun den letzten Kuß! ſagte Friedrich, als kaum der Morgen graute. Das Scheiden und Meiden iſt ein ſchlechtes Handwerk, und der böſ' Gott woll's dem behüten, dem's zuerſt eingefallen iſt, aber es muß nun einmal ſein.
Wenn ich nicht Sorg' hätt', mein Vater oder Mutter könnt' auf¬ wachen, ſo ließ' ich dich noch nicht fort, ſagte Chriſtine unwillkürlich ſeinen Arm umklammernd. Es hat ſich ja noch nicht einmal ein Hahnenſchrei hören laſſen.
Sie werden bald krähen, und dann währt's nicht lang mehr, ſo wird's lebendig im Ort und ich kann nicht mehr unbeſchrieen fort¬ kommen, was mir unlieb wär', weil ich des Geſchwätzes mit den Leuten überdrüſſig bin und nicht jedem auf die Naſ' binden mag, warum ich in die Fremde ſoll. Fort muß ich ja doch einmal, und ſo iſt's eins, ob wir den bittern Kelch jetzt trinken oder ein wenig ſpäter. Denk' dir, wir ſeien verheirathet, was wir ja auch eigentlich ſind, und ich müſſ' verreiſen auf längere Zeit. Wie Mancher hat ſchon von Weib und Kind weg in Krieg müſſen, und iſt gar nicht wieder kommen.
Wann wirſt auch du wieder zu mir kommen? ſeufzte Chriſtine.
Am Sanct Nimmerlestag, wo die Eulen bocken. Frag' nicht ſo ſchäckig, weißt ja doch ſelber wohl, daß ich komm', wenn ich kann und darf. Soll ich dir denn Alles wieder herleiern, was ich dir ge¬ ſagt hab' und worauf unſre Hoffnung ſteht? Ich müßt' mich ja heiſer predigen.
Chriſtine ſchluchzte überlaut. Mein Herz ſagt mir, wir ſehen ein¬ ander nie wieder und ich werd' in Schand' und Noth verlaſſen ſein.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0166"n="150"/><p>Lachend gingen ſeine Geſellen mit ihm fort. Auf dem Wege er¬<lb/>
öffnete er ihnen, daß er dieſe Nacht in ihrem Hauſe bei ihrer Schwe¬<lb/>ſter zuzubringen geſonnen ſei. Sie fanden das in der Ordnung und<lb/>
ließen ihn mit ſich ein.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="1"><head>13.<lb/></head><p>Und nun den letzten Kuß! ſagte Friedrich, als kaum der Morgen<lb/>
graute. Das Scheiden und Meiden iſt ein ſchlechtes Handwerk, und<lb/>
der böſ' Gott woll's dem behüten, dem's zuerſt eingefallen iſt, aber<lb/>
es muß nun einmal ſein.</p><lb/><p>Wenn ich nicht Sorg' hätt', mein Vater oder Mutter könnt' auf¬<lb/>
wachen, ſo ließ' ich dich noch nicht fort, ſagte Chriſtine unwillkürlich<lb/>ſeinen Arm umklammernd. Es hat ſich ja noch nicht einmal ein<lb/>
Hahnenſchrei hören laſſen.</p><lb/><p>Sie werden bald krähen, und dann währt's nicht lang mehr, ſo<lb/>
wird's lebendig im Ort und ich kann nicht mehr unbeſchrieen fort¬<lb/>
kommen, was mir unlieb wär', weil ich des Geſchwätzes mit den<lb/>
Leuten überdrüſſig bin und nicht jedem auf die Naſ' binden mag,<lb/>
warum ich in die Fremde ſoll. Fort muß ich ja doch einmal, und ſo<lb/>
iſt's eins, ob wir den bittern Kelch jetzt trinken oder ein wenig ſpäter.<lb/>
Denk' dir, wir ſeien verheirathet, was wir ja auch eigentlich ſind,<lb/>
und ich müſſ' verreiſen auf längere Zeit. Wie Mancher hat ſchon<lb/>
von Weib und Kind weg in Krieg müſſen, und iſt gar nicht wieder<lb/>
kommen.</p><lb/><p>Wann wirſt auch du wieder zu mir kommen? ſeufzte Chriſtine.</p><lb/><p>Am Sanct Nimmerlestag, wo die Eulen bocken. Frag' nicht ſo<lb/>ſchäckig, weißt ja doch ſelber wohl, daß ich komm', wenn ich kann<lb/>
und darf. Soll ich dir denn Alles wieder herleiern, was ich dir ge¬<lb/>ſagt hab' und worauf unſre Hoffnung ſteht? Ich müßt' mich ja<lb/>
heiſer predigen.</p><lb/><p>Chriſtine ſchluchzte überlaut. Mein Herz ſagt mir, wir ſehen ein¬<lb/>
ander nie wieder und ich werd' in Schand' und Noth verlaſſen ſein.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[150/0166]
Lachend gingen ſeine Geſellen mit ihm fort. Auf dem Wege er¬
öffnete er ihnen, daß er dieſe Nacht in ihrem Hauſe bei ihrer Schwe¬
ſter zuzubringen geſonnen ſei. Sie fanden das in der Ordnung und
ließen ihn mit ſich ein.
13.
Und nun den letzten Kuß! ſagte Friedrich, als kaum der Morgen
graute. Das Scheiden und Meiden iſt ein ſchlechtes Handwerk, und
der böſ' Gott woll's dem behüten, dem's zuerſt eingefallen iſt, aber
es muß nun einmal ſein.
Wenn ich nicht Sorg' hätt', mein Vater oder Mutter könnt' auf¬
wachen, ſo ließ' ich dich noch nicht fort, ſagte Chriſtine unwillkürlich
ſeinen Arm umklammernd. Es hat ſich ja noch nicht einmal ein
Hahnenſchrei hören laſſen.
Sie werden bald krähen, und dann währt's nicht lang mehr, ſo
wird's lebendig im Ort und ich kann nicht mehr unbeſchrieen fort¬
kommen, was mir unlieb wär', weil ich des Geſchwätzes mit den
Leuten überdrüſſig bin und nicht jedem auf die Naſ' binden mag,
warum ich in die Fremde ſoll. Fort muß ich ja doch einmal, und ſo
iſt's eins, ob wir den bittern Kelch jetzt trinken oder ein wenig ſpäter.
Denk' dir, wir ſeien verheirathet, was wir ja auch eigentlich ſind,
und ich müſſ' verreiſen auf längere Zeit. Wie Mancher hat ſchon
von Weib und Kind weg in Krieg müſſen, und iſt gar nicht wieder
kommen.
Wann wirſt auch du wieder zu mir kommen? ſeufzte Chriſtine.
Am Sanct Nimmerlestag, wo die Eulen bocken. Frag' nicht ſo
ſchäckig, weißt ja doch ſelber wohl, daß ich komm', wenn ich kann
und darf. Soll ich dir denn Alles wieder herleiern, was ich dir ge¬
ſagt hab' und worauf unſre Hoffnung ſteht? Ich müßt' mich ja
heiſer predigen.
Chriſtine ſchluchzte überlaut. Mein Herz ſagt mir, wir ſehen ein¬
ander nie wieder und ich werd' in Schand' und Noth verlaſſen ſein.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/166>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.