Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
ANTHONII NERI Fünfftes Buch/
Das 90. Capitel.

Erinnerungen/ betreffende die Pasten und ihre Farben.

ES ist zu mercken/ daß die Farben in obiger Pasten völliger oder
schwächer/ je nachdem es einen beliebet/ oder nachdem es die Ge-
schirre erfordern/ können verfertiget werden; Denn es erfordern die
kleinern Ringe eine dicke Farbe/ hergegen die grössern eine dünne/ die
vergüldeten oder eingefasten Sachen aber/ und die Halsgehänge eine
volle Farbe; Und ist diese gantze Kunst an der Erfahrenheit des verstän-
digen Arbeiters gelegen; denn solches kan mit keinen gewissen Regeln
eingeschrencket werden.

Und obwohl hiervon einige Regeln von mir sind gegeben wor-
den/ so dienen solche nur/ dem emsigen und verständigen Künstler einen
Weg zu zeigen/ wie man dergleichen noch bessere Regeln erfinden solle.

Der Farben/ ausser des Grünspans/ Zafferae und der Magnesie/
geschiehet allhier keine Erinnerung; der Hoffnung/ daß ein iedweder fleis-
sig- und sorgfältiger Künstler/ wird aus dem Gold eine Verwunde-
rungs-schöne rothe Farbe extrahiren können; Jngleichen eine andere
schöne rothe Farbe aus dem Eisen/ eine überaus schöne grüne Farbe aus
dem Grünspan/ eine Gold-Farbe aus dem Bley/ eine blaue aus dem
Silber/ und aus dem Böhmischen Granaten eine sehr schöne Lufft- oder
Himmel-Farbe: Denn diese Granaten/ weil sie nicht groß sind/ kom-
men gar in einen wohlfeilen Preiß/ und geben doch eine sürtreffliche
schöne Tinctur/ welches ich in Flandern zum öfftern erfahren habe.

Dieses ist auch/ gleicher Weise/ von dem Rubin/ Sapphier und
dergleichen Edelgesteinen zu verstehen; welches die jenigen wohl wissen/
die in den Chymischen Operationen wohl geübet sind; welches alles/ so
ichs so deutlich und weitläufftig/ gleich wie in den vorhergehenden/ be-
schreiben wolte/ ein weitläufftiges Werck machen würde; über dieses/ so
sind die besagten Farben oder Pasten genug/ mancherley schöne Wercke
und Arbeit zu verfertigen. Jch kehre mich aber wiederumb zu dem
Haupt-Zweck dieses Wercks/ welcher ist/ daß die Tiegel/ eh und bevor die
materia wohl gekochet/ und gereiniget sey/ nicht zerbrechen; Denn die
Pasten/ so sie von einem in den andern Tiegel kommen/ wegen der an-
hangenden Unreinigkeit des Tiegels/ Rauch/ schuppicht/ und gäntzlich
zum Werck untüchtig werden; Derowegen muß man den Tiegel/ wenn
die Pasten noch nicht genugsam ausgekochet sind/ nicht zerbrechen/ son-

dern
ANTHONII NERI Fuͤnfftes Buch/
Das 90. Capitel.

Erinnerungen/ betreffende die Paſten und ihre Farben.

ES iſt zu mercken/ daß die Farben in obiger Paſten voͤlliger oder
ſchwaͤcher/ je nachdem es einen beliebet/ oder nachdem es die Ge-
ſchirre erfordern/ koͤnnen verfertiget werden; Denn es erfordern die
kleinern Ringe eine dicke Farbe/ hergegen die groͤſſern eine duͤnne/ die
verguͤldeten oder eingefaſten Sachen aber/ und die Halsgehaͤnge eine
volle Farbe; Und iſt dieſe gantze Kunſt an der Erfahrenheit des verſtaͤn-
digen Arbeiters gelegen; denn ſolches kan mit keinen gewiſſen Regeln
eingeſchrencket werden.

Und obwohl hiervon einige Regeln von mir ſind gegeben wor-
den/ ſo dienen ſolche nur/ dem emſigen und verſtaͤndigen Kuͤnſtler einen
Weg zu zeigen/ wie man dergleichen noch beſſere Regeln erfinden ſolle.

Der Farben/ auſſer des Gruͤnſpans/ Zafferæ und der Magneſie/
geſchiehet allhier keine Erinnerung; der Hoffnung/ daß ein iedweder fleiſ-
ſig- und ſorgfaͤltiger Kuͤnſtler/ wird aus dem Gold eine Verwunde-
rungs-ſchoͤne rothe Farbe extrahiren koͤnnen; Jngleichen eine andere
ſchoͤne rothe Farbe aus dem Eiſen/ eine uͤberaus ſchoͤne gruͤne Farbe aus
dem Gruͤnſpan/ eine Gold-Farbe aus dem Bley/ eine blaue aus dem
Silber/ und aus dem Boͤhmiſchen Granaten eine ſehr ſchoͤne Lufft- oder
Himmel-Farbe: Denn dieſe Granaten/ weil ſie nicht groß ſind/ kom-
men gar in einen wohlfeilen Preiß/ und geben doch eine ſuͤrtreffliche
ſchoͤne Tinctur/ welches ich in Flandern zum oͤfftern erfahren habe.

Dieſes iſt auch/ gleicher Weiſe/ von dem Rubin/ Sapphier und
dergleichen Edelgeſteinen zu verſtehen; welches die jenigen wohl wiſſen/
die in den Chymiſchen Operationen wohl geuͤbet ſind; welches alles/ ſo
ichs ſo deutlich und weitlaͤufftig/ gleich wie in den vorhergehenden/ be-
ſchreiben wolte/ ein weitlaͤufftiges Werck machen wuͤrde; uͤber dieſes/ ſo
ſind die beſagten Farben oder Paſten genug/ mancherley ſchoͤne Wercke
und Arbeit zu verfertigen. Jch kehre mich aber wiederumb zu dem
Haupt-Zweck dieſes Wercks/ welcher iſt/ daß die Tiegel/ eh und bevor die
materia wohl gekochet/ und gereiniget ſey/ nicht zerbrechen; Denn die
Paſten/ ſo ſie von einem in den andern Tiegel kommen/ wegen der an-
hangenden Unreinigkeit des Tiegels/ Rauch/ ſchuppicht/ und gaͤntzlich
zum Werck untuͤchtig werden; Derowegen muß man den Tiegel/ wenn
die Paſten noch nicht genugſam ausgekochet ſind/ nicht zerbrechen/ ſon-

dern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0164" n="124"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ANTHONII NERI</hi></hi> Fu&#x0364;nfftes Buch/</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Das 90. Capitel.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Erinnerungen/ betreffende die Pa&#x017F;ten und ihre Farben.</hi> </hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t zu mercken/ daß die Farben in obiger Pa&#x017F;ten vo&#x0364;lliger oder<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cher/ je nachdem es einen beliebet/ oder nachdem es die Ge-<lb/>
&#x017F;chirre erfordern/ ko&#x0364;nnen verfertiget werden; Denn es erfordern die<lb/>
kleinern Ringe eine dicke Farbe/ hergegen die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern eine du&#x0364;nne/ die<lb/>
vergu&#x0364;ldeten oder eingefa&#x017F;ten Sachen aber/ und die Halsgeha&#x0364;nge eine<lb/>
volle Farbe; Und i&#x017F;t die&#x017F;e gantze Kun&#x017F;t an der Erfahrenheit des ver&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
digen Arbeiters gelegen; denn &#x017F;olches kan mit keinen gewi&#x017F;&#x017F;en Regeln<lb/>
einge&#x017F;chrencket werden.</p><lb/>
            <p>Und obwohl hiervon einige Regeln von mir &#x017F;ind gegeben wor-<lb/>
den/ &#x017F;o dienen &#x017F;olche nur/ dem em&#x017F;igen und ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Ku&#x0364;n&#x017F;tler einen<lb/>
Weg zu zeigen/ wie man dergleichen noch be&#x017F;&#x017F;ere Regeln erfinden &#x017F;olle.</p><lb/>
            <p>Der Farben/ au&#x017F;&#x017F;er des Gru&#x0364;n&#x017F;pans/ <hi rendition="#aq">Zafferæ</hi> und der Magne&#x017F;ie/<lb/>
ge&#x017F;chiehet allhier keine Erinnerung; der Hoffnung/ daß ein iedweder flei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig- und &#x017F;orgfa&#x0364;ltiger Ku&#x0364;n&#x017F;tler/ wird aus dem Gold eine Verwunde-<lb/>
rungs-&#x017F;cho&#x0364;ne rothe Farbe <hi rendition="#aq">extrahi</hi>ren ko&#x0364;nnen; Jngleichen eine andere<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne rothe Farbe aus dem Ei&#x017F;en/ eine u&#x0364;beraus &#x017F;cho&#x0364;ne gru&#x0364;ne Farbe aus<lb/>
dem Gru&#x0364;n&#x017F;pan/ eine Gold-Farbe aus dem Bley/ eine blaue aus dem<lb/>
Silber/ und aus dem Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Granaten eine &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;ne Lufft- oder<lb/>
Himmel-Farbe: Denn die&#x017F;e Granaten/ weil &#x017F;ie nicht groß &#x017F;ind/ kom-<lb/>
men gar in einen wohlfeilen Preiß/ und geben doch eine &#x017F;u&#x0364;rtreffliche<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Tinctur/ welches ich in Flandern zum o&#x0364;fftern erfahren habe.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t auch/ gleicher Wei&#x017F;e/ von dem Rubin/ Sapphier und<lb/>
dergleichen Edelge&#x017F;teinen zu ver&#x017F;tehen; welches die jenigen wohl wi&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
die in den Chymi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Operatio</hi>nen wohl geu&#x0364;bet &#x017F;ind; welches alles/ &#x017F;o<lb/>
ichs &#x017F;o deutlich und weitla&#x0364;ufftig/ gleich wie in den vorhergehenden/ be-<lb/>
&#x017F;chreiben wolte/ ein weitla&#x0364;ufftiges Werck machen wu&#x0364;rde; u&#x0364;ber die&#x017F;es/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind die be&#x017F;agten Farben oder Pa&#x017F;ten genug/ mancherley &#x017F;cho&#x0364;ne Wercke<lb/>
und Arbeit zu verfertigen. Jch kehre mich aber wiederumb zu dem<lb/>
Haupt-Zweck die&#x017F;es Wercks/ welcher i&#x017F;t/ daß die Tiegel/ eh und bevor die<lb/><hi rendition="#aq">materia</hi> wohl gekochet/ und gereiniget &#x017F;ey/ nicht zerbrechen; Denn die<lb/>
Pa&#x017F;ten/ &#x017F;o &#x017F;ie von einem in den andern Tiegel kommen/ wegen der an-<lb/>
hangenden Unreinigkeit des Tiegels/ Rauch/ &#x017F;chuppicht/ und ga&#x0364;ntzlich<lb/>
zum Werck untu&#x0364;chtig werden; Derowegen muß man den Tiegel/ wenn<lb/>
die Pa&#x017F;ten noch nicht genug&#x017F;am ausgekochet &#x017F;ind/ nicht zerbrechen/ &#x017F;on-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0164] ANTHONII NERI Fuͤnfftes Buch/ Das 90. Capitel. Erinnerungen/ betreffende die Paſten und ihre Farben. ES iſt zu mercken/ daß die Farben in obiger Paſten voͤlliger oder ſchwaͤcher/ je nachdem es einen beliebet/ oder nachdem es die Ge- ſchirre erfordern/ koͤnnen verfertiget werden; Denn es erfordern die kleinern Ringe eine dicke Farbe/ hergegen die groͤſſern eine duͤnne/ die verguͤldeten oder eingefaſten Sachen aber/ und die Halsgehaͤnge eine volle Farbe; Und iſt dieſe gantze Kunſt an der Erfahrenheit des verſtaͤn- digen Arbeiters gelegen; denn ſolches kan mit keinen gewiſſen Regeln eingeſchrencket werden. Und obwohl hiervon einige Regeln von mir ſind gegeben wor- den/ ſo dienen ſolche nur/ dem emſigen und verſtaͤndigen Kuͤnſtler einen Weg zu zeigen/ wie man dergleichen noch beſſere Regeln erfinden ſolle. Der Farben/ auſſer des Gruͤnſpans/ Zafferæ und der Magneſie/ geſchiehet allhier keine Erinnerung; der Hoffnung/ daß ein iedweder fleiſ- ſig- und ſorgfaͤltiger Kuͤnſtler/ wird aus dem Gold eine Verwunde- rungs-ſchoͤne rothe Farbe extrahiren koͤnnen; Jngleichen eine andere ſchoͤne rothe Farbe aus dem Eiſen/ eine uͤberaus ſchoͤne gruͤne Farbe aus dem Gruͤnſpan/ eine Gold-Farbe aus dem Bley/ eine blaue aus dem Silber/ und aus dem Boͤhmiſchen Granaten eine ſehr ſchoͤne Lufft- oder Himmel-Farbe: Denn dieſe Granaten/ weil ſie nicht groß ſind/ kom- men gar in einen wohlfeilen Preiß/ und geben doch eine ſuͤrtreffliche ſchoͤne Tinctur/ welches ich in Flandern zum oͤfftern erfahren habe. Dieſes iſt auch/ gleicher Weiſe/ von dem Rubin/ Sapphier und dergleichen Edelgeſteinen zu verſtehen; welches die jenigen wohl wiſſen/ die in den Chymiſchen Operationen wohl geuͤbet ſind; welches alles/ ſo ichs ſo deutlich und weitlaͤufftig/ gleich wie in den vorhergehenden/ be- ſchreiben wolte/ ein weitlaͤufftiges Werck machen wuͤrde; uͤber dieſes/ ſo ſind die beſagten Farben oder Paſten genug/ mancherley ſchoͤne Wercke und Arbeit zu verfertigen. Jch kehre mich aber wiederumb zu dem Haupt-Zweck dieſes Wercks/ welcher iſt/ daß die Tiegel/ eh und bevor die materia wohl gekochet/ und gereiniget ſey/ nicht zerbrechen; Denn die Paſten/ ſo ſie von einem in den andern Tiegel kommen/ wegen der an- hangenden Unreinigkeit des Tiegels/ Rauch/ ſchuppicht/ und gaͤntzlich zum Werck untuͤchtig werden; Derowegen muß man den Tiegel/ wenn die Paſten noch nicht genugſam ausgekochet ſind/ nicht zerbrechen/ ſon- dern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/164
Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/164>, abgerufen am 21.12.2024.