Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
betrügen, wenn sie dieses schuppenähnliche bey den ver-
steinerten Fischen für würkliche Schuppen halten. Der
Beweiß, daß dieses keine Schuppen, sondern Fleisch sey,
ist so leicht und natürlich, daß es mich Wunder nimmt,
daß man dieses nicht schon längstens eingesehen hat.
Denn wenn man einen solchen Schiefer von einander
spaltet, so findet man ihn auf beyden Seiten abgedruckt,
und nun möchte ich gerne wissen, wie es möglich wäre,
daß man auf beyden Stücken des Schiefers die Schuppen
erblickte. Denn natürlicher weise bekömmt man zwey
Stücken Fleisch zu sehen, wenn man einen Fisch in der
Mitten von einander schneidet. Warum aber dieses Fleisch
die Gestalt der Schuppen habe, und lauter geschobene
Vierecke vorstelle, ist ein Rätzel, welches wir unten auf-
lösen wollen.

§. 46.

Der Schiefer hat seinen Ursprung aus einer sumpfig-
ten Erde, und da in einen blosen Sumpfe kein Fisch le-
ben kan: So muß ehemals über diesen Schiefer Wasser
gewesen seyn, welches aber allen Ansehen nach verrauchet
ist. Man kan dieses auch aus der Horizontallage der
Fische in den Flötze abnehmen, und die gekrümmte Ge-
stalt der meisten ist ein deutlicher Beweiß, daß sie nicht
verschlemmt und in die Erde oder Morast begraben wor-
den sind, indem sie sich darinnen ohnmöglich so frey hät-
ten krümmen können, sondern es kömmt ihre Lage mit
derjenigen vollkommen überein, die sie anzunehmen pfle-
gen, wenn sie in Wasser gesotten werden. Da nun auch
ihr Fleisch eben so als das Fleisch eines in Wasser gesotte-
nen Fisches beschaffen ist; sollte man nicht auf die Ver-
muthung gebracht werden, daß diese Fische nicht sowol
durch die Sündfluth, als vielmehr durch eine allzugrosse
Hitze ihr Leben hätten endigen müssen. Wenn man aber
dieses annehmen wollte, so würde schon ein grosser Theil

derer
F 2

in den alleraͤlteſten Zeiten.
betruͤgen, wenn ſie dieſes ſchuppenaͤhnliche bey den ver-
ſteinerten Fiſchen fuͤr wuͤrkliche Schuppen halten. Der
Beweiß, daß dieſes keine Schuppen, ſondern Fleiſch ſey,
iſt ſo leicht und natuͤrlich, daß es mich Wunder nimmt,
daß man dieſes nicht ſchon laͤngſtens eingeſehen hat.
Denn wenn man einen ſolchen Schiefer von einander
ſpaltet, ſo findet man ihn auf beyden Seiten abgedruckt,
und nun moͤchte ich gerne wiſſen, wie es moͤglich waͤre,
daß man auf beyden Stuͤcken des Schiefers die Schuppen
erblickte. Denn natuͤrlicher weiſe bekoͤmmt man zwey
Stuͤcken Fleiſch zu ſehen, wenn man einen Fiſch in der
Mitten von einander ſchneidet. Warum aber dieſes Fleiſch
die Geſtalt der Schuppen habe, und lauter geſchobene
Vierecke vorſtelle, iſt ein Raͤtzel, welches wir unten auf-
loͤſen wollen.

§. 46.

Der Schiefer hat ſeinen Urſprung aus einer ſumpfig-
ten Erde, und da in einen bloſen Sumpfe kein Fiſch le-
ben kan: So muß ehemals uͤber dieſen Schiefer Waſſer
geweſen ſeyn, welches aber allen Anſehen nach verrauchet
iſt. Man kan dieſes auch aus der Horizontallage der
Fiſche in den Floͤtze abnehmen, und die gekruͤmmte Ge-
ſtalt der meiſten iſt ein deutlicher Beweiß, daß ſie nicht
verſchlemmt und in die Erde oder Moraſt begraben wor-
den ſind, indem ſie ſich darinnen ohnmoͤglich ſo frey haͤt-
ten kruͤmmen koͤnnen, ſondern es koͤmmt ihre Lage mit
derjenigen vollkommen uͤberein, die ſie anzunehmen pfle-
gen, wenn ſie in Waſſer geſotten werden. Da nun auch
ihr Fleiſch eben ſo als das Fleiſch eines in Waſſer geſotte-
nen Fiſches beſchaffen iſt; ſollte man nicht auf die Ver-
muthung gebracht werden, daß dieſe Fiſche nicht ſowol
durch die Suͤndfluth, als vielmehr durch eine allzugroſſe
Hitze ihr Leben haͤtten endigen muͤſſen. Wenn man aber
dieſes annehmen wollte, ſo wuͤrde ſchon ein groſſer Theil

derer
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0097" n="83"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
betru&#x0364;gen, wenn &#x017F;ie die&#x017F;es &#x017F;chuppena&#x0364;hnliche bey den ver-<lb/>
&#x017F;teinerten Fi&#x017F;chen fu&#x0364;r wu&#x0364;rkliche Schuppen halten. Der<lb/>
Beweiß, daß die&#x017F;es keine Schuppen, &#x017F;ondern Flei&#x017F;ch &#x017F;ey,<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o leicht und natu&#x0364;rlich, daß es mich Wunder nimmt,<lb/>
daß man die&#x017F;es nicht &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;tens einge&#x017F;ehen hat.<lb/>
Denn wenn man einen &#x017F;olchen Schiefer von einander<lb/>
&#x017F;paltet, &#x017F;o findet man ihn auf beyden Seiten abgedruckt,<lb/>
und nun mo&#x0364;chte ich gerne wi&#x017F;&#x017F;en, wie es mo&#x0364;glich wa&#x0364;re,<lb/>
daß man auf beyden Stu&#x0364;cken des Schiefers die Schuppen<lb/>
erblickte. Denn natu&#x0364;rlicher wei&#x017F;e beko&#x0364;mmt man zwey<lb/>
Stu&#x0364;cken Flei&#x017F;ch zu &#x017F;ehen, wenn man einen Fi&#x017F;ch in der<lb/>
Mitten von einander &#x017F;chneidet. Warum aber die&#x017F;es Flei&#x017F;ch<lb/>
die Ge&#x017F;talt der Schuppen habe, und lauter ge&#x017F;chobene<lb/>
Vierecke vor&#x017F;telle, i&#x017F;t ein Ra&#x0364;tzel, welches wir unten auf-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en wollen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 46.</head><lb/>
        <p>Der Schiefer hat &#x017F;einen Ur&#x017F;prung aus einer &#x017F;umpfig-<lb/>
ten Erde, und da in einen blo&#x017F;en Sumpfe kein Fi&#x017F;ch le-<lb/>
ben kan: So muß ehemals u&#x0364;ber die&#x017F;en Schiefer Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, welches aber allen An&#x017F;ehen nach verrauchet<lb/>
i&#x017F;t. Man kan die&#x017F;es auch aus der Horizontallage der<lb/>
Fi&#x017F;che in den Flo&#x0364;tze abnehmen, und die gekru&#x0364;mmte Ge-<lb/>
&#x017F;talt der mei&#x017F;ten i&#x017F;t ein deutlicher Beweiß, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
ver&#x017F;chlemmt und in die Erde oder Mora&#x017F;t begraben wor-<lb/>
den &#x017F;ind, indem &#x017F;ie &#x017F;ich darinnen ohnmo&#x0364;glich &#x017F;o frey ha&#x0364;t-<lb/>
ten kru&#x0364;mmen ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern es ko&#x0364;mmt ihre Lage mit<lb/>
derjenigen vollkommen u&#x0364;berein, die &#x017F;ie anzunehmen pfle-<lb/>
gen, wenn &#x017F;ie in Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;otten werden. Da nun auch<lb/>
ihr Flei&#x017F;ch eben &#x017F;o als das Flei&#x017F;ch eines in Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;otte-<lb/>
nen Fi&#x017F;ches be&#x017F;chaffen i&#x017F;t; &#x017F;ollte man nicht auf die Ver-<lb/>
muthung gebracht werden, daß die&#x017F;e Fi&#x017F;che nicht &#x017F;owol<lb/>
durch die Su&#x0364;ndfluth, als vielmehr durch eine allzugro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Hitze ihr Leben ha&#x0364;tten endigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Wenn man aber<lb/>
die&#x017F;es annehmen wollte, &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;chon ein gro&#x017F;&#x017F;er Theil<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">derer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0097] in den alleraͤlteſten Zeiten. betruͤgen, wenn ſie dieſes ſchuppenaͤhnliche bey den ver- ſteinerten Fiſchen fuͤr wuͤrkliche Schuppen halten. Der Beweiß, daß dieſes keine Schuppen, ſondern Fleiſch ſey, iſt ſo leicht und natuͤrlich, daß es mich Wunder nimmt, daß man dieſes nicht ſchon laͤngſtens eingeſehen hat. Denn wenn man einen ſolchen Schiefer von einander ſpaltet, ſo findet man ihn auf beyden Seiten abgedruckt, und nun moͤchte ich gerne wiſſen, wie es moͤglich waͤre, daß man auf beyden Stuͤcken des Schiefers die Schuppen erblickte. Denn natuͤrlicher weiſe bekoͤmmt man zwey Stuͤcken Fleiſch zu ſehen, wenn man einen Fiſch in der Mitten von einander ſchneidet. Warum aber dieſes Fleiſch die Geſtalt der Schuppen habe, und lauter geſchobene Vierecke vorſtelle, iſt ein Raͤtzel, welches wir unten auf- loͤſen wollen. §. 46. Der Schiefer hat ſeinen Urſprung aus einer ſumpfig- ten Erde, und da in einen bloſen Sumpfe kein Fiſch le- ben kan: So muß ehemals uͤber dieſen Schiefer Waſſer geweſen ſeyn, welches aber allen Anſehen nach verrauchet iſt. Man kan dieſes auch aus der Horizontallage der Fiſche in den Floͤtze abnehmen, und die gekruͤmmte Ge- ſtalt der meiſten iſt ein deutlicher Beweiß, daß ſie nicht verſchlemmt und in die Erde oder Moraſt begraben wor- den ſind, indem ſie ſich darinnen ohnmoͤglich ſo frey haͤt- ten kruͤmmen koͤnnen, ſondern es koͤmmt ihre Lage mit derjenigen vollkommen uͤberein, die ſie anzunehmen pfle- gen, wenn ſie in Waſſer geſotten werden. Da nun auch ihr Fleiſch eben ſo als das Fleiſch eines in Waſſer geſotte- nen Fiſches beſchaffen iſt; ſollte man nicht auf die Ver- muthung gebracht werden, daß dieſe Fiſche nicht ſowol durch die Suͤndfluth, als vielmehr durch eine allzugroſſe Hitze ihr Leben haͤtten endigen muͤſſen. Wenn man aber dieſes annehmen wollte, ſo wuͤrde ſchon ein groſſer Theil derer F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/97
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/97>, abgerufen am 21.12.2024.