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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Allgemeine Thierzuchtlehre.
III.
Die Ernährung und Pflege.

Die Züchtung gewährt nur dann den sichersten Erfolg in der Thierzucht, wenn
ihr Werk durch sachgemäße Fütterung und Haltung vervollständigt wird. Durch die
Fütterung während der Aufzucht können selbst Züchtungsfehler bis zu einem gewissen
Grade vermindert und weniger hervortretend gemacht werden. Ist das Thier soweit
entwickelt, daß es zur Gewinnung von thierischen Produkten, wie Milch, Arbeits-
kraft, Fleisch, Wolle etc. herangezogen werden kann, so ist es Aufgabe der Fütterung
durch richtige Auswahl der Futterstoffe mit den wirthschaftlich zulässigen, größten
Nährstoffmengen die höchste thierische Nutzung herbeizuführen.

Die Fütterungslehre 1) hat von der Kenntniß des Futters auszugehen, um
weiterhin die zweckmäßigste Verwendung desselben zur Fütterung ermitteln zu können.

Bei dem Futter sind zu beachten 1. die Bestandtheile der Futtermittel, 2. die
Verdaulichkeit der Futternährstoffe, 3. die Form und Zubereitung des Futters, 4. die
Futterbereitungsmaschinen, 5. die Futterarten und ihr Nährstoffgehalt.

Bei der Fütterung sind zu berücksichtigen 6. die Futtermenge, 7. das Futter-
nährstoffverhältniß, 8. die Berechnung von Futtermischungen und 9. die Verabreichung
des Futters.

Der Erfolg der Fütterung wird schließlich durch eine entsprechende Haltung
und Pflege
der Thiere wesentlich unterstützt.

Die Fütterungslehre hat im Verlaufe der Zeit mannigfaltige Wandlungen durch-
gemacht und befindet sich gegenwärtig in einem noch nicht abgeschlossenen Entwickelungs-
stadium. In der Hauptsache stehen diese Wandlungen mit den jeweilig herrschenden Wirth-
schaftssystemen und mit der jeweiligen Erkenntniß der Ernährungsvorgänge im Zusammen-
hange. Zur Zeit der vorherrschenden Dreifelderwirthschaft wurde das Vieh den Sommer
über auf dem Brachschlage oder auf ständigen Weiden, im Winter mit Heu von den Wiesen
genährt, während das Stroh als Streu Verwendung fand. In dem Maße als durch die
Verbreitung der Fruchtwechselwirthschaft der Anbau von Wurzelfrüchten, Klee, Feldfutter in
Aufnahme kam, vermehrte sich die Zahl der Futtermittel. Man suchte nunmehr nach einem
Maßstabe zur Vergleichung des Nähreffectes der einzelnen Futtermittel und glaubte den-

1) Für weitere Studien über die Fütterungslehre sind zu empfehlen: Dr. Emil Wolff,
Die Ernährung der landwirthschaftlichen Nutzthiere. Gekrönte Preisschrift, Berlin 1876;
Dr. Emil Wolff, Die rationelle Fütterung der landwirthschaftlichen Nutzthiere, Berlin 1874;
Dr. Th. v. Gohren, Die Naturgesetze der Fütterung der landwirthschaftlichen Nutzthiere,
Leipzig 1872; Dr. H. Settegast, Die landwirthschaftliche Fütterungslehre, Breslau 1872;
Dr. W. Henneberg und Dr. F. Stohmann, Beiträge zur Begründung einer rationellen
Fütterung der Wiederkäuer, Braunschweig 1860; W. Henneberg, Neue Beiträge zur Be-
gründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer, Göttingen 1872; Dr. G. C. Haubner,
Die Gesundheitspflege der landwirthschaftlichen Haussäugethiere mit besonderer Berücksich-
tigung ihrer Nutzleistungen, 3. Aufl., Dresden 1872.
Allgemeine Thierzuchtlehre.
III.
Die Ernährung und Pflege.

Die Züchtung gewährt nur dann den ſicherſten Erfolg in der Thierzucht, wenn
ihr Werk durch ſachgemäße Fütterung und Haltung vervollſtändigt wird. Durch die
Fütterung während der Aufzucht können ſelbſt Züchtungsfehler bis zu einem gewiſſen
Grade vermindert und weniger hervortretend gemacht werden. Iſt das Thier ſoweit
entwickelt, daß es zur Gewinnung von thieriſchen Produkten, wie Milch, Arbeits-
kraft, Fleiſch, Wolle ꝛc. herangezogen werden kann, ſo iſt es Aufgabe der Fütterung
durch richtige Auswahl der Futterſtoffe mit den wirthſchaftlich zuläſſigen, größten
Nährſtoffmengen die höchſte thieriſche Nutzung herbeizuführen.

Die Fütterungslehre 1) hat von der Kenntniß des Futters auszugehen, um
weiterhin die zweckmäßigſte Verwendung deſſelben zur Fütterung ermitteln zu können.

Bei dem Futter ſind zu beachten 1. die Beſtandtheile der Futtermittel, 2. die
Verdaulichkeit der Futternährſtoffe, 3. die Form und Zubereitung des Futters, 4. die
Futterbereitungsmaſchinen, 5. die Futterarten und ihr Nährſtoffgehalt.

Bei der Fütterung ſind zu berückſichtigen 6. die Futtermenge, 7. das Futter-
nährſtoffverhältniß, 8. die Berechnung von Futtermiſchungen und 9. die Verabreichung
des Futters.

Der Erfolg der Fütterung wird ſchließlich durch eine entſprechende Haltung
und Pflege
der Thiere weſentlich unterſtützt.

Die Fütterungslehre hat im Verlaufe der Zeit mannigfaltige Wandlungen durch-
gemacht und befindet ſich gegenwärtig in einem noch nicht abgeſchloſſenen Entwickelungs-
ſtadium. In der Hauptſache ſtehen dieſe Wandlungen mit den jeweilig herrſchenden Wirth-
ſchaftsſyſtemen und mit der jeweiligen Erkenntniß der Ernährungsvorgänge im Zuſammen-
hange. Zur Zeit der vorherrſchenden Dreifelderwirthſchaft wurde das Vieh den Sommer
über auf dem Brachſchlage oder auf ſtändigen Weiden, im Winter mit Heu von den Wieſen
genährt, während das Stroh als Streu Verwendung fand. In dem Maße als durch die
Verbreitung der Fruchtwechſelwirthſchaft der Anbau von Wurzelfrüchten, Klee, Feldfutter in
Aufnahme kam, vermehrte ſich die Zahl der Futtermittel. Man ſuchte nunmehr nach einem
Maßſtabe zur Vergleichung des Nähreffectes der einzelnen Futtermittel und glaubte den-

1) Für weitere Studien über die Fütterungslehre ſind zu empfehlen: Dr. Emil Wolff,
Die Ernährung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere. Gekrönte Preisſchrift, Berlin 1876;
Dr. Emil Wolff, Die rationelle Fütterung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere, Berlin 1874;
Dr. Th. v. Gohren, Die Naturgeſetze der Fütterung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere,
Leipzig 1872; Dr. H. Settegaſt, Die landwirthſchaftliche Fütterungslehre, Breslau 1872;
Dr. W. Henneberg und Dr. F. Stohmann, Beiträge zur Begründung einer rationellen
Fütterung der Wiederkäuer, Braunſchweig 1860; W. Henneberg, Neue Beiträge zur Be-
gründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer, Göttingen 1872; Dr. G. C. Haubner,
Die Geſundheitspflege der landwirthſchaftlichen Hausſäugethiere mit beſonderer Berückſich-
tigung ihrer Nutzleiſtungen, 3. Aufl., Dresden 1872.
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[44/0060] Allgemeine Thierzuchtlehre. III. Die Ernährung und Pflege. Die Züchtung gewährt nur dann den ſicherſten Erfolg in der Thierzucht, wenn ihr Werk durch ſachgemäße Fütterung und Haltung vervollſtändigt wird. Durch die Fütterung während der Aufzucht können ſelbſt Züchtungsfehler bis zu einem gewiſſen Grade vermindert und weniger hervortretend gemacht werden. Iſt das Thier ſoweit entwickelt, daß es zur Gewinnung von thieriſchen Produkten, wie Milch, Arbeits- kraft, Fleiſch, Wolle ꝛc. herangezogen werden kann, ſo iſt es Aufgabe der Fütterung durch richtige Auswahl der Futterſtoffe mit den wirthſchaftlich zuläſſigen, größten Nährſtoffmengen die höchſte thieriſche Nutzung herbeizuführen. Die Fütterungslehre 1) hat von der Kenntniß des Futters auszugehen, um weiterhin die zweckmäßigſte Verwendung deſſelben zur Fütterung ermitteln zu können. Bei dem Futter ſind zu beachten 1. die Beſtandtheile der Futtermittel, 2. die Verdaulichkeit der Futternährſtoffe, 3. die Form und Zubereitung des Futters, 4. die Futterbereitungsmaſchinen, 5. die Futterarten und ihr Nährſtoffgehalt. Bei der Fütterung ſind zu berückſichtigen 6. die Futtermenge, 7. das Futter- nährſtoffverhältniß, 8. die Berechnung von Futtermiſchungen und 9. die Verabreichung des Futters. Der Erfolg der Fütterung wird ſchließlich durch eine entſprechende Haltung und Pflege der Thiere weſentlich unterſtützt. Die Fütterungslehre hat im Verlaufe der Zeit mannigfaltige Wandlungen durch- gemacht und befindet ſich gegenwärtig in einem noch nicht abgeſchloſſenen Entwickelungs- ſtadium. In der Hauptſache ſtehen dieſe Wandlungen mit den jeweilig herrſchenden Wirth- ſchaftsſyſtemen und mit der jeweiligen Erkenntniß der Ernährungsvorgänge im Zuſammen- hange. Zur Zeit der vorherrſchenden Dreifelderwirthſchaft wurde das Vieh den Sommer über auf dem Brachſchlage oder auf ſtändigen Weiden, im Winter mit Heu von den Wieſen genährt, während das Stroh als Streu Verwendung fand. In dem Maße als durch die Verbreitung der Fruchtwechſelwirthſchaft der Anbau von Wurzelfrüchten, Klee, Feldfutter in Aufnahme kam, vermehrte ſich die Zahl der Futtermittel. Man ſuchte nunmehr nach einem Maßſtabe zur Vergleichung des Nähreffectes der einzelnen Futtermittel und glaubte den- 1) Für weitere Studien über die Fütterungslehre ſind zu empfehlen: Dr. Emil Wolff, Die Ernährung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere. Gekrönte Preisſchrift, Berlin 1876; Dr. Emil Wolff, Die rationelle Fütterung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere, Berlin 1874; Dr. Th. v. Gohren, Die Naturgeſetze der Fütterung der landwirthſchaftlichen Nutzthiere, Leipzig 1872; Dr. H. Settegaſt, Die landwirthſchaftliche Fütterungslehre, Breslau 1872; Dr. W. Henneberg und Dr. F. Stohmann, Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer, Braunſchweig 1860; W. Henneberg, Neue Beiträge zur Be- gründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer, Göttingen 1872; Dr. G. C. Haubner, Die Geſundheitspflege der landwirthſchaftlichen Hausſäugethiere mit beſonderer Berückſich- tigung ihrer Nutzleiſtungen, 3. Aufl., Dresden 1872.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/60>, abgerufen am 20.11.2024.