Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.Die Rindviehzucht. In neuerer Zeit werden nach dem Vorgange L. Rütimeyer's 1) die RinderracenMitteleuropa's je nach ihrer Schädelbildung, welche gegenüber dem Rumpfe und den übrigen Körpertheilen noch am meisten Unveränderlichkeit besitzt, und nach ihrer muth- maßlichen Abstammung unterschieden in: A. die Primigenius- (Ur-) Racen, B. die Brachyceros- (kurzhornigen) Racen und C. die Frontosus- (großstirnigen) Racen. An diese mitteleuropäischen Rinderstammracen schließen sich D. die Landracen, E. die englischen und F. die französischen Rindviehracen an, welche ihrer Abstammung nach der einen oder anderen der drei vorgenannten, mitteleuropäischen Racen zuzuzählen sind. A. Die Primigenius-Racen. Als Stammvater der Primigenius-Racen wird der ausgestorbene, ursprünglich Im Schädelbaue, Fig. 43, Zu denselben zählen das [Abbildung]
Fig. 43. Schädel der Niederungsrace (Primigeniusrace) 1) Dr. L. Rütimeyer, Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz, Basel 1861
und Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes in seinen Beziehungen zu den Wiederkäuern im Allgemeinen. Neue Denkschriften der allg. schweizerischen Gesellschaft für die ges. Naturwissenschaft. Bd. XXII., 1867 u. XXIII., 1868. Die Rindviehzucht. In neuerer Zeit werden nach dem Vorgange L. Rütimeyer’s 1) die RinderracenMitteleuropa’s je nach ihrer Schädelbildung, welche gegenüber dem Rumpfe und den übrigen Körpertheilen noch am meiſten Unveränderlichkeit beſitzt, und nach ihrer muth- maßlichen Abſtammung unterſchieden in: A. die Primigenius- (Ur-) Racen, B. die Brachyceros- (kurzhornigen) Racen und C. die Frontoſus- (großſtirnigen) Racen. An dieſe mitteleuropäiſchen Rinderſtammracen ſchließen ſich D. die Landracen, E. die engliſchen und F. die franzöſiſchen Rindviehracen an, welche ihrer Abſtammung nach der einen oder anderen der drei vorgenannten, mitteleuropäiſchen Racen zuzuzählen ſind. A. Die Primigenius-Racen. Als Stammvater der Primigenius-Racen wird der ausgeſtorbene, urſprünglich Im Schädelbaue, Fig. 43, Zu denſelben zählen das [Abbildung]
Fig. 43. Schädel der Niederungsrace (Primigeniusrace) 1) Dr. L. Rütimeyer, Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz, Baſel 1861
und Verſuch einer natürlichen Geſchichte des Rindes in ſeinen Beziehungen zu den Wiederkäuern im Allgemeinen. Neue Denkſchriften der allg. ſchweizeriſchen Geſellſchaft für die geſ. Naturwiſſenſchaft. Bd. XXII., 1867 u. XXIII., 1868. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0105" n="89"/><fw place="top" type="header">Die Rindviehzucht.</fw><lb/> In neuerer Zeit werden nach dem Vorgange L. Rütimeyer’s <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Dr.</hi> L. Rütimeyer, Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz, Baſel 1861<lb/> und Verſuch einer natürlichen Geſchichte des Rindes in ſeinen Beziehungen zu den<lb/> Wiederkäuern im Allgemeinen. Neue Denkſchriften der allg. ſchweizeriſchen Geſellſchaft für<lb/> die geſ. Naturwiſſenſchaft. Bd. <hi rendition="#aq">XXII.</hi>, 1867 u. <hi rendition="#aq">XXIII.</hi>, 1868.</note> die Rinderracen<lb/> Mitteleuropa’s je nach ihrer Schädelbildung, welche gegenüber dem Rumpfe und den<lb/> übrigen Körpertheilen noch am meiſten Unveränderlichkeit beſitzt, und nach ihrer muth-<lb/> maßlichen Abſtammung unterſchieden in: <hi rendition="#aq">A.</hi> die Primigenius- (Ur-) Racen, <hi rendition="#aq">B.</hi> die<lb/> Brachyceros- (kurzhornigen) Racen und <hi rendition="#aq">C.</hi> die Frontoſus- (großſtirnigen) Racen.<lb/> An dieſe mitteleuropäiſchen Rinderſtammracen ſchließen ſich <hi rendition="#aq">D.</hi> die Landracen, <hi rendition="#aq">E.</hi> die<lb/> engliſchen und <hi rendition="#aq">F.</hi> die franzöſiſchen Rindviehracen an, welche ihrer Abſtammung nach<lb/> der einen oder anderen der drei vorgenannten, mitteleuropäiſchen Racen zuzuzählen ſind.</p><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A.</hi><hi rendition="#g">Die Primigenius-Racen</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Als Stammvater der Primigenius-Racen wird der ausgeſtorbene, urſprünglich<lb/> in Europa wild vorkommende Ur, Auerochs (<hi rendition="#aq">Bos taurus primigenius</hi>) angeſehen.</p><lb/> <p>Im Schädelbaue, Fig. 43,<lb/> zeichnen ſich die Primigenius-<lb/> Racen durch geſtreckte Geſtalt im<lb/> Gehirn- und Geſichtstheile, auf-<lb/> fallend geradlinige Umriſſe des<lb/> Schädels aus. Die Stirnlänge<lb/> beträgt 47 % der Schädellänge.<lb/> Die Hornzapfen ſind dicht ange-<lb/> ſetzt ohne ſtielartige Erweiterung,<lb/> erheben ſich anfangs über die<lb/> ſanft ausgebuchtete Stirn, krüm-<lb/> men ſich etwas nach hinten und<lb/> weiterhin nach vorne mit nach<lb/> aufwärts gerichteter Spitze. Die<lb/> Backenzahnreihe iſt auffallend kurz,<lb/> daher der zahnloſe Theil des<lb/> Oberkiefers ſehr lang.</p><lb/> <p>Zu denſelben zählen das<lb/> Grauvieh Oſt- und Süd-Euro-<lb/> pa’s, die Niederungsracen an der<lb/> Nord- und Oſtſeeküſte, und das<lb/> engliſche Rothvieh (mittelhornige<lb/> Racen).</p><lb/> <figure> <head>Fig. 43. </head> <p>Schädel der Niederungsrace (Primigeniusrace)<lb/> nach Rütimeyer.</p> </figure><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0105]
Die Rindviehzucht.
In neuerer Zeit werden nach dem Vorgange L. Rütimeyer’s 1) die Rinderracen
Mitteleuropa’s je nach ihrer Schädelbildung, welche gegenüber dem Rumpfe und den
übrigen Körpertheilen noch am meiſten Unveränderlichkeit beſitzt, und nach ihrer muth-
maßlichen Abſtammung unterſchieden in: A. die Primigenius- (Ur-) Racen, B. die
Brachyceros- (kurzhornigen) Racen und C. die Frontoſus- (großſtirnigen) Racen.
An dieſe mitteleuropäiſchen Rinderſtammracen ſchließen ſich D. die Landracen, E. die
engliſchen und F. die franzöſiſchen Rindviehracen an, welche ihrer Abſtammung nach
der einen oder anderen der drei vorgenannten, mitteleuropäiſchen Racen zuzuzählen ſind.
A. Die Primigenius-Racen.
Als Stammvater der Primigenius-Racen wird der ausgeſtorbene, urſprünglich
in Europa wild vorkommende Ur, Auerochs (Bos taurus primigenius) angeſehen.
Im Schädelbaue, Fig. 43,
zeichnen ſich die Primigenius-
Racen durch geſtreckte Geſtalt im
Gehirn- und Geſichtstheile, auf-
fallend geradlinige Umriſſe des
Schädels aus. Die Stirnlänge
beträgt 47 % der Schädellänge.
Die Hornzapfen ſind dicht ange-
ſetzt ohne ſtielartige Erweiterung,
erheben ſich anfangs über die
ſanft ausgebuchtete Stirn, krüm-
men ſich etwas nach hinten und
weiterhin nach vorne mit nach
aufwärts gerichteter Spitze. Die
Backenzahnreihe iſt auffallend kurz,
daher der zahnloſe Theil des
Oberkiefers ſehr lang.
Zu denſelben zählen das
Grauvieh Oſt- und Süd-Euro-
pa’s, die Niederungsracen an der
Nord- und Oſtſeeküſte, und das
engliſche Rothvieh (mittelhornige
Racen).
[Abbildung Fig. 43. Schädel der Niederungsrace (Primigeniusrace)
nach Rütimeyer.]
1) Dr. L. Rütimeyer, Die Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz, Baſel 1861
und Verſuch einer natürlichen Geſchichte des Rindes in ſeinen Beziehungen zu den
Wiederkäuern im Allgemeinen. Neue Denkſchriften der allg. ſchweizeriſchen Geſellſchaft für
die geſ. Naturwiſſenſchaft. Bd. XXII., 1867 u. XXIII., 1868.
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