Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite
Besondere Pflanzenbaulehre.
VI.
Die Blattpflanzen.

Der Anbau jener Gewächse, von welchen die Laubblätter zur technischen Ver-
werthung gelangen, erfordert eine gartenmäßige Cultur, welche sich nur mit Auf-
wendung von viel Handarbeitskraft durchführen läßt. Zur Zeit wird nur der Tabak
aus der Familie der Solaneen ausschließlich wegen seiner Blätter cultivirt. Die
hohen Roherträge, welche derselbe zu gewähren vermag, machen denselben zu einer
der wichtigsten Handels- und Fabrikspflanze, durch welche ausgedehnte Bodenflächen
nutzbar gemacht werden.

1. Der Tabak.

Der Tabak (Nicotiana), ein aus dem tropischen Theile Amerika's stammendes
Culturgewächs, besitzt eine trichterförmige, nicht selten mit langer Röhre und einem
fünfzähnigen oder fünfklappigen, gefalteten Saume versehene Blumenkrone. Die
Frucht ist zum Unterschiede von anderen Solaneen keine Beere, sondern eine zwei-
fächerige, halb vierklappige Kapsel, welche eine große Zahl kleiner (0.7 Mm.), brauner
Samen enthält. Auf einer Pflanze finden sich bis 400,000 Samen.

Die Arten des Tabakes unterscheiden sich durch die Farbe der Blüthe und die
Form der Blätter. Fast sämmtliche Arten bilden wieder eine sehr große Zahl von
Spielarten. Bei uns werden folgende Arten cultivirt:

A. Tabak mit langröhriger, hellrother Blumenkrone; Stengel einfach, 1.25 bis
2 Meter hoch:

1. Großblättriger oder Maryland Tabak, Bauernknaster (Nicotiana macrophylla
Spr.)
Sun. Blätter aufrecht oder wagrecht, breit eirund, stumpf, stengelumfassend-sitzend,
die Seitenrippen stehen von der Mittelrippe fast unter einem rechten Winkel ab;
Blüthen in zusammengezogenen Rispen. Varietäten 1): kurzblätteriger (in der Ha-
vanna, in Ungarn gebaut; Rauchtabak-Pfeifengut), Duten- oder Schaufeltabak,
länglichblätterig (Ungarn, Elsaß; Pfeifengut, feine Cigarrendeckblätter), breit-
blätteriger Marylandtabak (Magdeburg, Nürnberg; Carottengut-Schnupftabak).

2. Gemeiner oder virginischer Tabak (Nicotiana tabacum L.) Sun. Blätte[r]
meist hängend, länglich-lanzettlich, lang zugespitzt, Seitenrippen von der mittleren unter
spitzem Winkel auslaufend. Blüthen in weitausgebreiteten Rispen. Als am meisten
gebaute Varietäten führt Langethal 2) die folgenden an: Goundietabak (Virginien,
Pfalz; Pfeifen- und Carottengut, Deckblatt), Friedrichsthaler oder Achtertabak (Pfalz;
Pfeifengut), Amersforter, Virginier (Deckblatt) etc.


1) E. Kolaczek. Lehrbuch der Botanik. Wien 1856, S. 284.
2) Langethal. Handbuch der landwirthschaftl. Pflanzenkunde und des Pflanzenbaues.
5. Auflg. Brlin 1874. III. Theil, S. 52.
Beſondere Pflanzenbaulehre.
VI.
Die Blattpflanzen.

Der Anbau jener Gewächſe, von welchen die Laubblätter zur techniſchen Ver-
werthung gelangen, erfordert eine gartenmäßige Cultur, welche ſich nur mit Auf-
wendung von viel Handarbeitskraft durchführen läßt. Zur Zeit wird nur der Tabak
aus der Familie der Solaneen ausſchließlich wegen ſeiner Blätter cultivirt. Die
hohen Roherträge, welche derſelbe zu gewähren vermag, machen denſelben zu einer
der wichtigſten Handels- und Fabrikspflanze, durch welche ausgedehnte Bodenflächen
nutzbar gemacht werden.

1. Der Tabak.

Der Tabak (Nicotiana), ein aus dem tropiſchen Theile Amerika’s ſtammendes
Culturgewächs, beſitzt eine trichterförmige, nicht ſelten mit langer Röhre und einem
fünfzähnigen oder fünfklappigen, gefalteten Saume verſehene Blumenkrone. Die
Frucht iſt zum Unterſchiede von anderen Solaneen keine Beere, ſondern eine zwei-
fächerige, halb vierklappige Kapſel, welche eine große Zahl kleiner (0.7 Mm.), brauner
Samen enthält. Auf einer Pflanze finden ſich bis 400,000 Samen.

Die Arten des Tabakes unterſcheiden ſich durch die Farbe der Blüthe und die
Form der Blätter. Faſt ſämmtliche Arten bilden wieder eine ſehr große Zahl von
Spielarten. Bei uns werden folgende Arten cultivirt:

A. Tabak mit langröhriger, hellrother Blumenkrone; Stengel einfach, 1.25 bis
2 Meter hoch:

1. Großblättriger oder Maryland Tabak, Bauernknaſter (Nicotiana macrophylla
Spr.)
☉. Blätter aufrecht oder wagrecht, breit eirund, ſtumpf, ſtengelumfaſſend-ſitzend,
die Seitenrippen ſtehen von der Mittelrippe faſt unter einem rechten Winkel ab;
Blüthen in zuſammengezogenen Rispen. Varietäten 1): kurzblätteriger (in der Ha-
vanna, in Ungarn gebaut; Rauchtabak-Pfeifengut), Duten- oder Schaufeltabak,
länglichblätterig (Ungarn, Elſaß; Pfeifengut, feine Cigarrendeckblätter), breit-
blätteriger Marylandtabak (Magdeburg, Nürnberg; Carottengut-Schnupftabak).

2. Gemeiner oder virginiſcher Tabak (Nicotiana tabacum L.) ☉. Blätte[r]
meiſt hängend, länglich-lanzettlich, lang zugeſpitzt, Seitenrippen von der mittleren unter
ſpitzem Winkel auslaufend. Blüthen in weitausgebreiteten Rispen. Als am meiſten
gebaute Varietäten führt Langethal 2) die folgenden an: Goundietabak (Virginien,
Pfalz; Pfeifen- und Carottengut, Deckblatt), Friedrichsthaler oder Achtertabak (Pfalz;
Pfeifengut), Amersforter, Virginier (Deckblatt) ꝛc.


1) E. Kolaczek. Lehrbuch der Botanik. Wien 1856, S. 284.
2) Langethal. Handbuch der landwirthſchaftl. Pflanzenkunde und des Pflanzenbaues.
5. Auflg. Brlin 1874. III. Theil, S. 52.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0126" n="112"/>
        <fw place="top" type="header">Be&#x017F;ondere Pflanzenbaulehre.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Die Blattpflanzen.</hi> </head><lb/>
          <p>Der Anbau jener Gewäch&#x017F;e, von welchen die Laubblätter zur techni&#x017F;chen Ver-<lb/>
werthung gelangen, erfordert eine gartenmäßige Cultur, welche &#x017F;ich nur mit Auf-<lb/>
wendung von viel Handarbeitskraft durchführen läßt. Zur Zeit wird nur der Tabak<lb/>
aus der Familie der <hi rendition="#g">Solaneen</hi> aus&#x017F;chließlich wegen &#x017F;einer Blätter cultivirt. Die<lb/>
hohen Roherträge, welche der&#x017F;elbe zu gewähren vermag, machen den&#x017F;elben zu einer<lb/>
der wichtig&#x017F;ten Handels- und Fabrikspflanze, durch welche ausgedehnte Bodenflächen<lb/>
nutzbar gemacht werden.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">1. Der Tabak.</hi> </head><lb/>
            <p>Der Tabak <hi rendition="#aq">(Nicotiana),</hi> ein aus dem tropi&#x017F;chen Theile Amerika&#x2019;s &#x017F;tammendes<lb/>
Culturgewächs, be&#x017F;itzt eine trichterförmige, nicht &#x017F;elten mit langer Röhre und einem<lb/>
fünfzähnigen oder fünfklappigen, gefalteten Saume ver&#x017F;ehene Blumenkrone. Die<lb/>
Frucht i&#x017F;t zum Unter&#x017F;chiede von anderen Solaneen keine Beere, &#x017F;ondern eine zwei-<lb/>
fächerige, halb vierklappige Kap&#x017F;el, welche eine große Zahl kleiner (0.7 Mm.), brauner<lb/>
Samen enthält. Auf einer Pflanze finden &#x017F;ich bis 400,000 Samen.</p><lb/>
            <p>Die Arten des Tabakes unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich durch die Farbe der Blüthe und die<lb/>
Form der Blätter. Fa&#x017F;t &#x017F;ämmtliche Arten bilden wieder eine &#x017F;ehr große Zahl von<lb/>
Spielarten. Bei uns werden folgende Arten cultivirt:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">A.</hi> Tabak mit langröhriger, hellrother Blumenkrone; Stengel einfach, 1.25 bis<lb/>
2 Meter hoch:</p><lb/>
            <p>1. Großblättriger oder <hi rendition="#g">Maryland Tabak,</hi> Bauernkna&#x017F;ter <hi rendition="#aq">(Nicotiana macrophylla<lb/>
Spr.)</hi> &#x2609;. Blätter aufrecht oder wagrecht, breit eirund, &#x017F;tumpf, &#x017F;tengelumfa&#x017F;&#x017F;end-&#x017F;itzend,<lb/>
die Seitenrippen &#x017F;tehen von der Mittelrippe fa&#x017F;t unter einem rechten Winkel ab;<lb/>
Blüthen in zu&#x017F;ammengezogenen Rispen. Varietäten <note place="foot" n="1)">E. Kolaczek. Lehrbuch der Botanik. Wien 1856, S. 284.</note>: kurzblätteriger (in der Ha-<lb/>
vanna, in Ungarn gebaut; Rauchtabak-Pfeifengut), Duten- oder Schaufeltabak,<lb/>
länglichblätterig (Ungarn, El&#x017F;aß; Pfeifengut, feine Cigarrendeckblätter), breit-<lb/>
blätteriger Marylandtabak (Magdeburg, Nürnberg; Carottengut-Schnupftabak).</p><lb/>
            <p>2. Gemeiner oder <hi rendition="#g">virgini&#x017F;cher Tabak</hi> <hi rendition="#aq">(Nicotiana tabacum L.)</hi> &#x2609;. Blätte<supplied>r</supplied><lb/>
mei&#x017F;t hängend, länglich-lanzettlich, lang zuge&#x017F;pitzt, Seitenrippen von der mittleren unter<lb/>
&#x017F;pitzem Winkel auslaufend. Blüthen in weitausgebreiteten Rispen. Als am mei&#x017F;ten<lb/>
gebaute Varietäten führt Langethal <note place="foot" n="2)">Langethal. Handbuch der landwirth&#x017F;chaftl. Pflanzenkunde und des Pflanzenbaues.<lb/>
5. Auflg. Brlin 1874. <hi rendition="#aq">III.</hi> Theil, S. 52.</note> die folgenden an: Goundietabak (Virginien,<lb/>
Pfalz; Pfeifen- und Carottengut, Deckblatt), Friedrichsthaler oder Achtertabak (Pfalz;<lb/>
Pfeifengut), Amersforter, Virginier (Deckblatt) &#xA75B;c.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] Beſondere Pflanzenbaulehre. VI. Die Blattpflanzen. Der Anbau jener Gewächſe, von welchen die Laubblätter zur techniſchen Ver- werthung gelangen, erfordert eine gartenmäßige Cultur, welche ſich nur mit Auf- wendung von viel Handarbeitskraft durchführen läßt. Zur Zeit wird nur der Tabak aus der Familie der Solaneen ausſchließlich wegen ſeiner Blätter cultivirt. Die hohen Roherträge, welche derſelbe zu gewähren vermag, machen denſelben zu einer der wichtigſten Handels- und Fabrikspflanze, durch welche ausgedehnte Bodenflächen nutzbar gemacht werden. 1. Der Tabak. Der Tabak (Nicotiana), ein aus dem tropiſchen Theile Amerika’s ſtammendes Culturgewächs, beſitzt eine trichterförmige, nicht ſelten mit langer Röhre und einem fünfzähnigen oder fünfklappigen, gefalteten Saume verſehene Blumenkrone. Die Frucht iſt zum Unterſchiede von anderen Solaneen keine Beere, ſondern eine zwei- fächerige, halb vierklappige Kapſel, welche eine große Zahl kleiner (0.7 Mm.), brauner Samen enthält. Auf einer Pflanze finden ſich bis 400,000 Samen. Die Arten des Tabakes unterſcheiden ſich durch die Farbe der Blüthe und die Form der Blätter. Faſt ſämmtliche Arten bilden wieder eine ſehr große Zahl von Spielarten. Bei uns werden folgende Arten cultivirt: A. Tabak mit langröhriger, hellrother Blumenkrone; Stengel einfach, 1.25 bis 2 Meter hoch: 1. Großblättriger oder Maryland Tabak, Bauernknaſter (Nicotiana macrophylla Spr.) ☉. Blätter aufrecht oder wagrecht, breit eirund, ſtumpf, ſtengelumfaſſend-ſitzend, die Seitenrippen ſtehen von der Mittelrippe faſt unter einem rechten Winkel ab; Blüthen in zuſammengezogenen Rispen. Varietäten 1): kurzblätteriger (in der Ha- vanna, in Ungarn gebaut; Rauchtabak-Pfeifengut), Duten- oder Schaufeltabak, länglichblätterig (Ungarn, Elſaß; Pfeifengut, feine Cigarrendeckblätter), breit- blätteriger Marylandtabak (Magdeburg, Nürnberg; Carottengut-Schnupftabak). 2. Gemeiner oder virginiſcher Tabak (Nicotiana tabacum L.) ☉. Blätter meiſt hängend, länglich-lanzettlich, lang zugeſpitzt, Seitenrippen von der mittleren unter ſpitzem Winkel auslaufend. Blüthen in weitausgebreiteten Rispen. Als am meiſten gebaute Varietäten führt Langethal 2) die folgenden an: Goundietabak (Virginien, Pfalz; Pfeifen- und Carottengut, Deckblatt), Friedrichsthaler oder Achtertabak (Pfalz; Pfeifengut), Amersforter, Virginier (Deckblatt) ꝛc. 1) E. Kolaczek. Lehrbuch der Botanik. Wien 1856, S. 284. 2) Langethal. Handbuch der landwirthſchaftl. Pflanzenkunde und des Pflanzenbaues. 5. Auflg. Brlin 1874. III. Theil, S. 52.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/126
Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/126>, abgerufen am 20.11.2024.