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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Bodenbearbeitung.
5. Das Pflügen.

Ueber die Art und Zeit der Anwendung des Pfluges und der übrigen Boden-
bearbeitungsgeräthe zur Herstellung eines geeigneten Standortes für die Cultur-
pflanzen entscheidet die genaue Erwägung des jeweiligen Zustandes, in welchem sich
der zu bearbeitende Boden durch die Einwirkung der vorausgegangenen Pflanze, der
vorausgegangenen Cultur und der jeweiligen Witterung befindet. Wenn nun auch
manche allgemeine Winke für die zeitgemäße Bearbeitung des Bodens gegeben
werden können, so giebt doch erst langjährige Beobachtung des Bodens oder die
praktische Erfahrung Anhaltspunkte, welche mit voller Sicherheit den Erfolg gewähr-
leisten. Im Allgemeinen wird das Pflügen derart einzurichten sein, daß durch mög-
lichste Vermehrung des den Pflanzen zugänglichen Bodenvolumens, oder durch mög-
lichstes Vertiefen der Ackerkrume oder durch die günstige Veränderung der Ab-
sorptionsfähigkeit und der physikalischen Eigenschaften des Bodens -- durch möglichste
Vergrößerung der der Luft ausgesetzten Bodenoberfläche und durch entsprechende
Lockerung des Bodens -- der Zweck der Bodenbearbeitung -- die Fruchtbarkeit
des Feldes zu steigern -- mit dem geringsten Aufwande an Kraft und Zeit erreicht
werde. Bei der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge ist daher zu beachten:
1. der Zeitpunkt für das Pflügen, 2. die Tiefe und Breite des Pflügens, 3. die
Tiefcultur, 4. die Gestaltung der Bodenoberfläche und die Richtung der Bear-
beitung, 5. die Zahl der Pflugfurchen, 6. die Brachbearbeitung und 7. die Leistungs-
fähigkeit des Pfluges.

1. Der Zeitpunkt für das Pflügen.

Die Wirkung der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge erhöht sich wesent-
lich, wenn die richtige Zeit für das Pflügen gewählt wird. Dieser Zeitpunkt hängt
von dem jeweiligen Feuchtigkeitszustande des zu bearbeitenden Bodens ab. Der
Boden darf weder zu trocken noch zu naß sein, sondern muß eine gewisse Menge
an Feuchtigkeit aufgenommen haben, bei welcher derselbe den geringsten Zusammen-
halt hat und dem Eindringen des Pfluges den wenigsten Widerstand entgegenstellt.
Der praktische Landwirth bezeichnet diesen Bodenzustand als "abgetrocknet", ohne daß
es jedoch möglich wäre, zifferisch anzugeben, bei welchem Wassergehalte der Boden in
diesen Zustand kommt.

Im Frühjahre vor der Saatbestellung und bei Thon- oder Lehmboden, je
bindiger dieselben sind, muß am forgfältigsten ein nasses Pflügen vermieden werden.
Weniger Gefahr bringt das Naßpflügen vor Winter oder bei einem leichten, sandigen
Boden. Beim Feuchtpflügen glatschen die Furchenstreifen, ohne gekrümelt zu werden,
zusammen. Nach ihrem Austrocknen bilden sie dann harte Schollen, welche sich nur
schwer verkleinern lassen. Ein weiterer Zweck des Pflügens, die Vertilgung des Un-
krautes, wird dann gleichfalls nur mangelhaft erreicht, indem aus dem feuchten Boden
das Unkraut nicht herausgebracht wird.

Wird bindiger Thon- oder Lehmboden im trockenen Zustande gepflügt, so wird
der Boden, wenn seine Verhärtung überhaupt ein Pflügen zuläßt, in großen, harten

Die Bodenbearbeitung.
5. Das Pflügen.

Ueber die Art und Zeit der Anwendung des Pfluges und der übrigen Boden-
bearbeitungsgeräthe zur Herſtellung eines geeigneten Standortes für die Cultur-
pflanzen entſcheidet die genaue Erwägung des jeweiligen Zuſtandes, in welchem ſich
der zu bearbeitende Boden durch die Einwirkung der vorausgegangenen Pflanze, der
vorausgegangenen Cultur und der jeweiligen Witterung befindet. Wenn nun auch
manche allgemeine Winke für die zeitgemäße Bearbeitung des Bodens gegeben
werden können, ſo giebt doch erſt langjährige Beobachtung des Bodens oder die
praktiſche Erfahrung Anhaltspunkte, welche mit voller Sicherheit den Erfolg gewähr-
leiſten. Im Allgemeinen wird das Pflügen derart einzurichten ſein, daß durch mög-
lichſte Vermehrung des den Pflanzen zugänglichen Bodenvolumens, oder durch mög-
lichſtes Vertiefen der Ackerkrume oder durch die günſtige Veränderung der Ab-
ſorptionsfähigkeit und der phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens — durch möglichſte
Vergrößerung der der Luft ausgeſetzten Bodenoberfläche und durch entſprechende
Lockerung des Bodens — der Zweck der Bodenbearbeitung — die Fruchtbarkeit
des Feldes zu ſteigern — mit dem geringſten Aufwande an Kraft und Zeit erreicht
werde. Bei der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge iſt daher zu beachten:
1. der Zeitpunkt für das Pflügen, 2. die Tiefe und Breite des Pflügens, 3. die
Tiefcultur, 4. die Geſtaltung der Bodenoberfläche und die Richtung der Bear-
beitung, 5. die Zahl der Pflugfurchen, 6. die Brachbearbeitung und 7. die Leiſtungs-
fähigkeit des Pfluges.

1. Der Zeitpunkt für das Pflügen.

Die Wirkung der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge erhöht ſich weſent-
lich, wenn die richtige Zeit für das Pflügen gewählt wird. Dieſer Zeitpunkt hängt
von dem jeweiligen Feuchtigkeitszuſtande des zu bearbeitenden Bodens ab. Der
Boden darf weder zu trocken noch zu naß ſein, ſondern muß eine gewiſſe Menge
an Feuchtigkeit aufgenommen haben, bei welcher derſelbe den geringſten Zuſammen-
halt hat und dem Eindringen des Pfluges den wenigſten Widerſtand entgegenſtellt.
Der praktiſche Landwirth bezeichnet dieſen Bodenzuſtand als „abgetrocknet“, ohne daß
es jedoch möglich wäre, zifferiſch anzugeben, bei welchem Waſſergehalte der Boden in
dieſen Zuſtand kommt.

Im Frühjahre vor der Saatbeſtellung und bei Thon- oder Lehmboden, je
bindiger dieſelben ſind, muß am forgfältigſten ein naſſes Pflügen vermieden werden.
Weniger Gefahr bringt das Naßpflügen vor Winter oder bei einem leichten, ſandigen
Boden. Beim Feuchtpflügen glatſchen die Furchenſtreifen, ohne gekrümelt zu werden,
zuſammen. Nach ihrem Austrocknen bilden ſie dann harte Schollen, welche ſich nur
ſchwer verkleinern laſſen. Ein weiterer Zweck des Pflügens, die Vertilgung des Un-
krautes, wird dann gleichfalls nur mangelhaft erreicht, indem aus dem feuchten Boden
das Unkraut nicht herausgebracht wird.

Wird bindiger Thon- oder Lehmboden im trockenen Zuſtande gepflügt, ſo wird
der Boden, wenn ſeine Verhärtung überhaupt ein Pflügen zuläßt, in großen, harten

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[121/0139] Die Bodenbearbeitung. 5. Das Pflügen. Ueber die Art und Zeit der Anwendung des Pfluges und der übrigen Boden- bearbeitungsgeräthe zur Herſtellung eines geeigneten Standortes für die Cultur- pflanzen entſcheidet die genaue Erwägung des jeweiligen Zuſtandes, in welchem ſich der zu bearbeitende Boden durch die Einwirkung der vorausgegangenen Pflanze, der vorausgegangenen Cultur und der jeweiligen Witterung befindet. Wenn nun auch manche allgemeine Winke für die zeitgemäße Bearbeitung des Bodens gegeben werden können, ſo giebt doch erſt langjährige Beobachtung des Bodens oder die praktiſche Erfahrung Anhaltspunkte, welche mit voller Sicherheit den Erfolg gewähr- leiſten. Im Allgemeinen wird das Pflügen derart einzurichten ſein, daß durch mög- lichſte Vermehrung des den Pflanzen zugänglichen Bodenvolumens, oder durch mög- lichſtes Vertiefen der Ackerkrume oder durch die günſtige Veränderung der Ab- ſorptionsfähigkeit und der phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens — durch möglichſte Vergrößerung der der Luft ausgeſetzten Bodenoberfläche und durch entſprechende Lockerung des Bodens — der Zweck der Bodenbearbeitung — die Fruchtbarkeit des Feldes zu ſteigern — mit dem geringſten Aufwande an Kraft und Zeit erreicht werde. Bei der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge iſt daher zu beachten: 1. der Zeitpunkt für das Pflügen, 2. die Tiefe und Breite des Pflügens, 3. die Tiefcultur, 4. die Geſtaltung der Bodenoberfläche und die Richtung der Bear- beitung, 5. die Zahl der Pflugfurchen, 6. die Brachbearbeitung und 7. die Leiſtungs- fähigkeit des Pfluges. 1. Der Zeitpunkt für das Pflügen. Die Wirkung der Bearbeitung des Bodens mit dem Pfluge erhöht ſich weſent- lich, wenn die richtige Zeit für das Pflügen gewählt wird. Dieſer Zeitpunkt hängt von dem jeweiligen Feuchtigkeitszuſtande des zu bearbeitenden Bodens ab. Der Boden darf weder zu trocken noch zu naß ſein, ſondern muß eine gewiſſe Menge an Feuchtigkeit aufgenommen haben, bei welcher derſelbe den geringſten Zuſammen- halt hat und dem Eindringen des Pfluges den wenigſten Widerſtand entgegenſtellt. Der praktiſche Landwirth bezeichnet dieſen Bodenzuſtand als „abgetrocknet“, ohne daß es jedoch möglich wäre, zifferiſch anzugeben, bei welchem Waſſergehalte der Boden in dieſen Zuſtand kommt. Im Frühjahre vor der Saatbeſtellung und bei Thon- oder Lehmboden, je bindiger dieſelben ſind, muß am forgfältigſten ein naſſes Pflügen vermieden werden. Weniger Gefahr bringt das Naßpflügen vor Winter oder bei einem leichten, ſandigen Boden. Beim Feuchtpflügen glatſchen die Furchenſtreifen, ohne gekrümelt zu werden, zuſammen. Nach ihrem Austrocknen bilden ſie dann harte Schollen, welche ſich nur ſchwer verkleinern laſſen. Ein weiterer Zweck des Pflügens, die Vertilgung des Un- krautes, wird dann gleichfalls nur mangelhaft erreicht, indem aus dem feuchten Boden das Unkraut nicht herausgebracht wird. Wird bindiger Thon- oder Lehmboden im trockenen Zuſtande gepflügt, ſo wird der Boden, wenn ſeine Verhärtung überhaupt ein Pflügen zuläßt, in großen, harten

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/139>, abgerufen am 21.11.2024.