Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
eine lächerliche Figur werd' ich da spielen! Und gar
als Freywerber. Ha! ha! ha! -- Nun, ich habe
so manches ertragen; warum sollt' ich nicht, einem
Freunde zu Liebe, eine böse Stunde mehr in den
Kalender meines Lebens schreiben?
(ab.)
Fünfter Auftritt.
(Zimmer im Schloß.)
Lotte allein.
Nein, Frau Gräfin, wenn Sie sich hier auf dem
Lande einsperren wollen; so bin ich Ihre gehorsame
Dienerin. Ich bin nicht für das Landleben geschaf-
fen; ich bin in der großen Welt erzogen.
(sie gähnt.)
Wahrhaftig, ich habe in den paar Stunden schon
öfter gegähnt, als in allen Predigten zusammen ge-
nommen, die ich in meinem Leben gehört habe. --
Unerträglich! Nicht einmal ein vernünftiger Kam-
merdiener, der mir die Cour machte. Und wenn
ich vollends an die Madam Müller denke; da
möchte ein Mädchen von Stande sich die gelbe
Sucht an den Hals ärgern.

eine laͤcherliche Figur werd’ ich da ſpielen! Und gar
als Freywerber. Ha! ha! ha! — Nun, ich habe
ſo manches ertragen; warum ſollt’ ich nicht, einem
Freunde zu Liebe, eine boͤſe Stunde mehr in den
Kalender meines Lebens ſchreiben?
(ab.)
Fuͤnfter Auftritt.
(Zimmer im Schloß.)
Lotte allein.
Nein, Frau Graͤfin, wenn Sie ſich hier auf dem
Lande einſperren wollen; ſo bin ich Ihre gehorſame
Dienerin. Ich bin nicht fuͤr das Landleben geſchaf-
fen; ich bin in der großen Welt erzogen.
(ſie gähnt.)
Wahrhaftig, ich habe in den paar Stunden ſchon
oͤfter gegaͤhnt, als in allen Predigten zuſammen ge-
nommen, die ich in meinem Leben gehoͤrt habe. —
Unertraͤglich! Nicht einmal ein vernuͤnftiger Kam-
merdiener, der mir die Cour machte. Und wenn
ich vollends an die Madam Muͤller denke; da
moͤchte ein Maͤdchen von Stande ſich die gelbe
Sucht an den Hals aͤrgern.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#UNBE">
              <p><pb facs="#f0132" n="124"/>
eine la&#x0364;cherliche Figur werd&#x2019; ich da &#x017F;pielen! Und gar<lb/>
als Freywerber. Ha! ha! ha! &#x2014; Nun, ich habe<lb/>
&#x017F;o manches ertragen; warum &#x017F;ollt&#x2019; ich nicht, einem<lb/>
Freunde zu Liebe, eine bo&#x0364;&#x017F;e Stunde mehr in den<lb/>
Kalender meines Lebens &#x017F;chreiben?</p>
              <stage> <hi rendition="#et">(ab.)</hi> </stage>
            </sp>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nfter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/>
            <stage>(Zimmer im Schloß.)</stage><lb/>
            <sp who="#LOT">
              <speaker>Lotte</speaker>
              <stage>allein.</stage><lb/>
              <p>Nein, Frau Gra&#x0364;fin, wenn Sie &#x017F;ich hier auf dem<lb/>
Lande ein&#x017F;perren wollen; &#x017F;o bin ich Ihre gehor&#x017F;ame<lb/>
Dienerin. Ich bin nicht fu&#x0364;r das Landleben ge&#x017F;chaf-<lb/>
fen; ich bin in der großen Welt erzogen.</p>
              <stage>(&#x017F;ie gähnt.)</stage><lb/>
              <p>Wahrhaftig, ich habe in den paar Stunden &#x017F;chon<lb/>
o&#x0364;fter gega&#x0364;hnt, als in allen Predigten zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
nommen, die ich in meinem Leben geho&#x0364;rt habe. &#x2014;<lb/>
Unertra&#x0364;glich! Nicht einmal ein vernu&#x0364;nftiger Kam-<lb/>
merdiener, der mir die Cour machte. Und wenn<lb/>
ich vollends an die Madam Mu&#x0364;ller denke; da<lb/>
mo&#x0364;chte ein Ma&#x0364;dchen von Stande &#x017F;ich die gelbe<lb/>
Sucht an den Hals a&#x0364;rgern.</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0132] eine laͤcherliche Figur werd’ ich da ſpielen! Und gar als Freywerber. Ha! ha! ha! — Nun, ich habe ſo manches ertragen; warum ſollt’ ich nicht, einem Freunde zu Liebe, eine boͤſe Stunde mehr in den Kalender meines Lebens ſchreiben? (ab.) Fuͤnfter Auftritt. (Zimmer im Schloß.) Lotte allein. Nein, Frau Graͤfin, wenn Sie ſich hier auf dem Lande einſperren wollen; ſo bin ich Ihre gehorſame Dienerin. Ich bin nicht fuͤr das Landleben geſchaf- fen; ich bin in der großen Welt erzogen. (ſie gähnt.) Wahrhaftig, ich habe in den paar Stunden ſchon oͤfter gegaͤhnt, als in allen Predigten zuſammen ge- nommen, die ich in meinem Leben gehoͤrt habe. — Unertraͤglich! Nicht einmal ein vernuͤnftiger Kam- merdiener, der mir die Cour machte. Und wenn ich vollends an die Madam Muͤller denke; da moͤchte ein Maͤdchen von Stande ſich die gelbe Sucht an den Hals aͤrgern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/132
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/132>, abgerufen am 30.12.2024.