übrigen menschlichen Dingen, in allen andern, den Geist aufklärenden, das Herz bildenden Kenntnissen unerfahren, treten sie dann in öf¬ fentliche Aemter. Ihr barbarischer Styl, ihre bogenlangen Perioden, ihre Gabe, die einfachste, deutlichste Sache weitschweifig und unverständ¬ lich zu machen, erfüllt Jeden, der Geschmack und Gefühl für Klarheit hat, mit Eckel und Ungeduld. Wenn Du auch nicht das Unglück erlebst, daß Deine Angelegenheit einem eigen¬ nützigen, partheyischen, faulen, oder schwach¬ köpfigten Richter in die Hände fällt; so ist es schon genug, daß Dein oder Deines Gegners Advocat ein Mensch ohne Gefühl, ein gewinn¬ süchtiger Gauner, ein Pinsel, oder ein Chica¬ neur sey, um bey einem Rechtsstreite, den jeder unbefangene gesunde Kopf in einer Stunde schlichten könnte, viel Jahre lang hingehalten zu werden, ganze Zimmer voll Acten zusammen¬ geschmiert zu sehn, und dreymal so viel an Un¬ kosten zu bezahlen, als der Gegenstand des gan¬ zen Streits werth ist, ja! am Ende die gerech¬ teste Sache zu verliehren, und Dein offenbares Eigenthum fremden Händen preiszugeben. Und wäre beydes nicht der Fall; wären Richter und
Sach¬
uͤbrigen menſchlichen Dingen, in allen andern, den Geiſt aufklaͤrenden, das Herz bildenden Kenntniſſen unerfahren, treten ſie dann in oͤf¬ fentliche Aemter. Ihr barbariſcher Styl, ihre bogenlangen Perioden, ihre Gabe, die einfachſte, deutlichſte Sache weitſchweifig und unverſtaͤnd¬ lich zu machen, erfuͤllt Jeden, der Geſchmack und Gefuͤhl fuͤr Klarheit hat, mit Eckel und Ungeduld. Wenn Du auch nicht das Ungluͤck erlebſt, daß Deine Angelegenheit einem eigen¬ nuͤtzigen, partheyiſchen, faulen, oder ſchwach¬ koͤpfigten Richter in die Haͤnde faͤllt; ſo iſt es ſchon genug, daß Dein oder Deines Gegners Advocat ein Menſch ohne Gefuͤhl, ein gewinn¬ ſuͤchtiger Gauner, ein Pinſel, oder ein Chica¬ neur ſey, um bey einem Rechtsſtreite, den jeder unbefangene geſunde Kopf in einer Stunde ſchlichten koͤnnte, viel Jahre lang hingehalten zu werden, ganze Zimmer voll Acten zuſammen¬ geſchmiert zu ſehn, und dreymal ſo viel an Un¬ koſten zu bezahlen, als der Gegenſtand des gan¬ zen Streits werth iſt, ja! am Ende die gerech¬ teſte Sache zu verliehren, und Dein offenbares Eigenthum fremden Haͤnden preiszugeben. Und waͤre beydes nicht der Fall; waͤren Richter und
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uͤbrigen menſchlichen Dingen, in allen andern,
den Geiſt aufklaͤrenden, das Herz bildenden
Kenntniſſen unerfahren, treten ſie dann in oͤf¬
fentliche Aemter. Ihr barbariſcher Styl, ihre
bogenlangen Perioden, ihre Gabe, die einfachſte,
deutlichſte Sache weitſchweifig und unverſtaͤnd¬
lich zu machen, erfuͤllt Jeden, der Geſchmack
und Gefuͤhl fuͤr Klarheit hat, mit Eckel und
Ungeduld. Wenn Du auch nicht das Ungluͤck
erlebſt, daß Deine Angelegenheit einem eigen¬
nuͤtzigen, partheyiſchen, faulen, oder ſchwach¬
koͤpfigten Richter in die Haͤnde faͤllt; ſo iſt es
ſchon genug, daß Dein oder Deines Gegners
Advocat ein Menſch ohne Gefuͤhl, ein gewinn¬
ſuͤchtiger Gauner, ein Pinſel, oder ein Chica¬
neur ſey, um bey einem Rechtsſtreite, den jeder
unbefangene geſunde Kopf in einer Stunde
ſchlichten koͤnnte, viel Jahre lang hingehalten
zu werden, ganze Zimmer voll Acten zuſammen¬
geſchmiert zu ſehn, und dreymal ſo viel an Un¬
koſten zu bezahlen, als der Gegenſtand des gan¬
zen Streits werth iſt, ja! am Ende die gerech¬
teſte Sache zu verliehren, und Dein offenbares
Eigenthum fremden Haͤnden preiszugeben. Und
waͤre beydes nicht der Fall; waͤren Richter und
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/138>, abgerufen am 04.12.2024.
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