Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
8.

Und willst Du auch nur dies eitle Lob da¬
von tragen; so darfst Du selbst nicht einmal mer¬
ken lassen, daß Du von besserm Stoffe bist, als
der große Haufen jener hirnlosen Müßiggänger.
Der klügere und edlere Mann, bequemte er sich
auch noch so pünctlich nach den Sitten der so
genannten feinen Societät, wird dennoch dem
Neide, der Verleumdung und den unaufhörli¬
chen Neckereyen und Klatschereyen, welche hier
herrschen, nicht ausweichen; denn um schalen
Köpfen zu gefallen, muß man selbst ein schaler
Kopf seyn. Ich rathe dann, sich das gar nicht
anfechten zu lassen, vor allen Dingen aber kei¬
nen Verdruß, keine Unruhe zu äussern, sonst
bekömmt man nie Frieden. Man gehe also
seinen Gang fort, folge seinem Systeme, und
lasse die Thoren schwätzen, bis sie müde werden!
Hier sind auch alle Erläuterungen, alle Ent¬
schuldigungen übel angebracht, und menn Du
mit Wiederlegung Einer Verleumdung fertig
bist; so wird man schon eine andre in Bereit¬
schaft haben.

9.
8.

Und willſt Du auch nur dies eitle Lob da¬
von tragen; ſo darfſt Du ſelbſt nicht einmal mer¬
ken laſſen, daß Du von beſſerm Stoffe biſt, als
der große Haufen jener hirnloſen Muͤßiggaͤnger.
Der kluͤgere und edlere Mann, bequemte er ſich
auch noch ſo puͤnctlich nach den Sitten der ſo
genannten feinen Societaͤt, wird dennoch dem
Neide, der Verleumdung und den unaufhoͤrli¬
chen Neckereyen und Klatſchereyen, welche hier
herrſchen, nicht ausweichen; denn um ſchalen
Koͤpfen zu gefallen, muß man ſelbſt ein ſchaler
Kopf ſeyn. Ich rathe dann, ſich das gar nicht
anfechten zu laſſen, vor allen Dingen aber kei¬
nen Verdruß, keine Unruhe zu aͤuſſern, ſonſt
bekoͤmmt man nie Frieden. Man gehe alſo
ſeinen Gang fort, folge ſeinem Syſteme, und
laſſe die Thoren ſchwaͤtzen, bis ſie muͤde werden!
Hier ſind auch alle Erlaͤuterungen, alle Ent¬
ſchuldigungen uͤbel angebracht, und menn Du
mit Wiederlegung Einer Verleumdung fertig
biſt; ſo wird man ſchon eine andre in Bereit¬
ſchaft haben.

9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0078" n="56"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>8.<lb/></head>
            <p>Und will&#x017F;t Du auch nur dies eitle Lob da¬<lb/>
von tragen; &#x017F;o darf&#x017F;t Du &#x017F;elb&#x017F;t nicht einmal mer¬<lb/>
ken la&#x017F;&#x017F;en, daß Du von be&#x017F;&#x017F;erm Stoffe bi&#x017F;t, als<lb/>
der große Haufen jener hirnlo&#x017F;en Mu&#x0364;ßigga&#x0364;nger.<lb/>
Der klu&#x0364;gere und edlere Mann, bequemte er &#x017F;ich<lb/>
auch noch &#x017F;o pu&#x0364;nctlich nach den Sitten der &#x017F;o<lb/>
genannten feinen Societa&#x0364;t, wird dennoch dem<lb/>
Neide, der Verleumdung und den unaufho&#x0364;rli¬<lb/>
chen Neckereyen und Klat&#x017F;chereyen, welche hier<lb/>
herr&#x017F;chen, nicht ausweichen; denn um &#x017F;chalen<lb/>
Ko&#x0364;pfen zu gefallen, muß man &#x017F;elb&#x017F;t ein &#x017F;chaler<lb/>
Kopf &#x017F;eyn. Ich rathe dann, &#x017F;ich das gar nicht<lb/>
anfechten zu la&#x017F;&#x017F;en, vor allen Dingen aber kei¬<lb/>
nen Verdruß, keine Unruhe <hi rendition="#fr">zu a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern</hi>, &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
beko&#x0364;mmt man nie Frieden. Man gehe al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;einen Gang fort, folge &#x017F;einem Sy&#x017F;teme, und<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e die Thoren &#x017F;chwa&#x0364;tzen, bis &#x017F;ie mu&#x0364;de werden!<lb/>
Hier &#x017F;ind auch alle Erla&#x0364;uterungen, alle Ent¬<lb/>
&#x017F;chuldigungen u&#x0364;bel angebracht, und menn Du<lb/>
mit Wiederlegung Einer Verleumdung fertig<lb/>
bi&#x017F;t; &#x017F;o wird man &#x017F;chon eine andre in Bereit¬<lb/>
&#x017F;chaft haben.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">9.<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0078] 8. Und willſt Du auch nur dies eitle Lob da¬ von tragen; ſo darfſt Du ſelbſt nicht einmal mer¬ ken laſſen, daß Du von beſſerm Stoffe biſt, als der große Haufen jener hirnloſen Muͤßiggaͤnger. Der kluͤgere und edlere Mann, bequemte er ſich auch noch ſo puͤnctlich nach den Sitten der ſo genannten feinen Societaͤt, wird dennoch dem Neide, der Verleumdung und den unaufhoͤrli¬ chen Neckereyen und Klatſchereyen, welche hier herrſchen, nicht ausweichen; denn um ſchalen Koͤpfen zu gefallen, muß man ſelbſt ein ſchaler Kopf ſeyn. Ich rathe dann, ſich das gar nicht anfechten zu laſſen, vor allen Dingen aber kei¬ nen Verdruß, keine Unruhe zu aͤuſſern, ſonſt bekoͤmmt man nie Frieden. Man gehe alſo ſeinen Gang fort, folge ſeinem Syſteme, und laſſe die Thoren ſchwaͤtzen, bis ſie muͤde werden! Hier ſind auch alle Erlaͤuterungen, alle Ent¬ ſchuldigungen uͤbel angebracht, und menn Du mit Wiederlegung Einer Verleumdung fertig biſt; ſo wird man ſchon eine andre in Bereit¬ ſchaft haben. 9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/78
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/78>, abgerufen am 21.12.2024.