mit der Sprache der Hofleute, mit ihrer Art sich gegen einander zu betragen, mit den Conventio¬ nen im Umgange bekannt; aber verleugne nicht innere Würde, Character und Wahrheit!
5.
Es lassen sich ohnmöglich allgemeine Re¬ geln geben, wie weit man in Nachahmung der Hofsitten gehn dürfe. Ein verständiger und redlicher Mann wird das am besten selbst nach seiner Lage, Gemüthsart und nach seinem Ge¬ wissen abmessen können. Doch nur so viel! Un¬ schädliche Thorheiten, die man nicht Lust hat nachzuahmen, hat man deswegen nicht immer Beruf zu bekämpfen, und gleichgültige Gewohn¬ heiten und Sitten, die weiter keinen Einfluß auf den Character haben, kann man, ja! muß man zuweilen auf kurze Zeit mitmachen, und darf sich das um so weniger übelnehmen, wenn man dadurch manches größere Gute zu bewür¬ ken in den Stand gesetzt wird.
Es giebt auch Moden in Litteratur und Kunst, im Geschmacke, in gewissen Vergnügun¬ gen und Schauspielen, in dem Beyfalle, den irgend eine Sängerinn, irgend ein Tonkünstler,
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mit der Sprache der Hofleute, mit ihrer Art ſich gegen einander zu betragen, mit den Conventio¬ nen im Umgange bekannt; aber verleugne nicht innere Wuͤrde, Character und Wahrheit!
5.
Es laſſen ſich ohnmoͤglich allgemeine Re¬ geln geben, wie weit man in Nachahmung der Hofſitten gehn duͤrfe. Ein verſtaͤndiger und redlicher Mann wird das am beſten ſelbſt nach ſeiner Lage, Gemuͤthsart und nach ſeinem Ge¬ wiſſen abmeſſen koͤnnen. Doch nur ſo viel! Un¬ ſchaͤdliche Thorheiten, die man nicht Luſt hat nachzuahmen, hat man deswegen nicht immer Beruf zu bekaͤmpfen, und gleichguͤltige Gewohn¬ heiten und Sitten, die weiter keinen Einfluß auf den Character haben, kann man, ja! muß man zuweilen auf kurze Zeit mitmachen, und darf ſich das um ſo weniger uͤbelnehmen, wenn man dadurch manches groͤßere Gute zu bewuͤr¬ ken in den Stand geſetzt wird.
Es giebt auch Moden in Litteratur und Kunſt, im Geſchmacke, in gewiſſen Vergnuͤgun¬ gen und Schauſpielen, in dem Beyfalle, den irgend eine Saͤngerinn, irgend ein Tonkuͤnſtler,
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mit der Sprache der Hofleute, mit ihrer Art ſich
gegen einander zu betragen, mit den Conventio¬
nen im Umgange bekannt; aber verleugne nicht
innere Wuͤrde, Character und Wahrheit!
5.
Es laſſen ſich ohnmoͤglich allgemeine Re¬
geln geben, wie weit man in Nachahmung der
Hofſitten gehn duͤrfe. Ein verſtaͤndiger und
redlicher Mann wird das am beſten ſelbſt nach
ſeiner Lage, Gemuͤthsart und nach ſeinem Ge¬
wiſſen abmeſſen koͤnnen. Doch nur ſo viel! Un¬
ſchaͤdliche Thorheiten, die man nicht Luſt hat
nachzuahmen, hat man deswegen nicht immer
Beruf zu bekaͤmpfen, und gleichguͤltige Gewohn¬
heiten und Sitten, die weiter keinen Einfluß
auf den Character haben, kann man, ja! muß
man zuweilen auf kurze Zeit mitmachen, und
darf ſich das um ſo weniger uͤbelnehmen, wenn
man dadurch manches groͤßere Gute zu bewuͤr¬
ken in den Stand geſetzt wird.
Es giebt auch Moden in Litteratur und
Kunſt, im Geſchmacke, in gewiſſen Vergnuͤgun¬
gen und Schauſpielen, in dem Beyfalle, den
irgend eine Saͤngerinn, irgend ein Tonkuͤnſtler,
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/73>, abgerufen am 21.11.2024.
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