Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Ruhm, Beyfall, Lob; zu stiftender Nutzen;
einzunehmender Gewinn; Hofnung auf Un¬
sterblichkeit -- das alles ist seine Sache, und
es geht auf seine Gefahr, wenn er sich dem
Schimpfe aussetzt, entweder in der Stille zu
Fuße vom Parnasse wieder herunterschleichen zu
müssen, oder von der Meute der Rezensenten
parforce gejagt zu werden.

2.

Wenn also ein Autor nichts Schädliches
und nichts Unsinniges sagt; so muß man ihm
erlauben, seine Gedanken drucken zu lassen;
Wenn er etwas Nützliches sagt, so macht er sich
ein Verdienst um das Publicum -- Aber wird
deswegen sein Buch auch gewiß gefallen? Das
ist wieder eine ganz andre Frage. Allgemeiner
Beyfall, von Guten und Bösen, von Weisen
und Thoren, von Hohen und Niedern? -- Ey
nun! wer wird so eitel seyn, darauf Anspruch
zu machen? Aber um auch nur dem größten
Theile der Lesewelt zu gefallen; welche niedrige
Mittel wählt da nicht mancher Schriftsteller?
-- Wer sich nicht, in Ansehung der Form, der
Einkleidung, des Titels seines Buchs, nach dem

Ge¬
U 4

Ruhm, Beyfall, Lob; zu ſtiftender Nutzen;
einzunehmender Gewinn; Hofnung auf Un¬
ſterblichkeit — das alles iſt ſeine Sache, und
es geht auf ſeine Gefahr, wenn er ſich dem
Schimpfe ausſetzt, entweder in der Stille zu
Fuße vom Parnaſſe wieder herunterſchleichen zu
muͤſſen, oder von der Meute der Rezenſenten
parforce gejagt zu werden.

2.

Wenn alſo ein Autor nichts Schaͤdliches
und nichts Unſinniges ſagt; ſo muß man ihm
erlauben, ſeine Gedanken drucken zu laſſen;
Wenn er etwas Nuͤtzliches ſagt, ſo macht er ſich
ein Verdienſt um das Publicum — Aber wird
deswegen ſein Buch auch gewiß gefallen? Das
iſt wieder eine ganz andre Frage. Allgemeiner
Beyfall, von Guten und Boͤſen, von Weiſen
und Thoren, von Hohen und Niedern? — Ey
nun! wer wird ſo eitel ſeyn, darauf Anſpruch
zu machen? Aber um auch nur dem groͤßten
Theile der Leſewelt zu gefallen; welche niedrige
Mittel waͤhlt da nicht mancher Schriftſteller?
— Wer ſich nicht, in Anſehung der Form, der
Einkleidung, des Titels ſeines Buchs, nach dem

Ge¬
U 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0333" n="311"/>
Ruhm, Beyfall, Lob; zu &#x017F;tiftender Nutzen;<lb/>
einzunehmender Gewinn; Hofnung auf Un¬<lb/>
&#x017F;terblichkeit &#x2014; das alles i&#x017F;t <hi rendition="#fr">&#x017F;eine Sache</hi>, und<lb/>
es geht auf &#x017F;eine Gefahr, wenn er &#x017F;ich dem<lb/>
Schimpfe aus&#x017F;etzt, entweder in der Stille zu<lb/>
Fuße vom Parna&#x017F;&#x017F;e wieder herunter&#x017F;chleichen zu<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, oder von der Meute der Rezen&#x017F;enten<lb/>
parforce gejagt zu werden.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>2.<lb/></head>
            <p>Wenn al&#x017F;o ein Autor nichts Scha&#x0364;dliches<lb/>
und nichts Un&#x017F;inniges &#x017F;agt; &#x017F;o muß man ihm<lb/>
erlauben, &#x017F;eine Gedanken drucken zu la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
Wenn er etwas Nu&#x0364;tzliches &#x017F;agt, &#x017F;o macht er &#x017F;ich<lb/>
ein Verdien&#x017F;t um das Publicum &#x2014; Aber wird<lb/>
deswegen &#x017F;ein Buch auch gewiß gefallen? Das<lb/>
i&#x017F;t wieder eine ganz andre Frage. Allgemeiner<lb/>
Beyfall, von Guten und Bo&#x0364;&#x017F;en, von Wei&#x017F;en<lb/>
und Thoren, von Hohen und Niedern? &#x2014; Ey<lb/>
nun! wer wird &#x017F;o eitel &#x017F;eyn, darauf An&#x017F;pruch<lb/>
zu machen? Aber um auch nur dem gro&#x0364;ßten<lb/>
Theile der Le&#x017F;ewelt zu gefallen; welche niedrige<lb/>
Mittel wa&#x0364;hlt da nicht mancher Schrift&#x017F;teller?<lb/>
&#x2014; Wer &#x017F;ich nicht, in An&#x017F;ehung der Form, der<lb/>
Einkleidung, des Titels &#x017F;eines Buchs, nach dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 4<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">Ge¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0333] Ruhm, Beyfall, Lob; zu ſtiftender Nutzen; einzunehmender Gewinn; Hofnung auf Un¬ ſterblichkeit — das alles iſt ſeine Sache, und es geht auf ſeine Gefahr, wenn er ſich dem Schimpfe ausſetzt, entweder in der Stille zu Fuße vom Parnaſſe wieder herunterſchleichen zu muͤſſen, oder von der Meute der Rezenſenten parforce gejagt zu werden. 2. Wenn alſo ein Autor nichts Schaͤdliches und nichts Unſinniges ſagt; ſo muß man ihm erlauben, ſeine Gedanken drucken zu laſſen; Wenn er etwas Nuͤtzliches ſagt, ſo macht er ſich ein Verdienſt um das Publicum — Aber wird deswegen ſein Buch auch gewiß gefallen? Das iſt wieder eine ganz andre Frage. Allgemeiner Beyfall, von Guten und Boͤſen, von Weiſen und Thoren, von Hohen und Niedern? — Ey nun! wer wird ſo eitel ſeyn, darauf Anſpruch zu machen? Aber um auch nur dem groͤßten Theile der Leſewelt zu gefallen; welche niedrige Mittel waͤhlt da nicht mancher Schriftſteller? — Wer ſich nicht, in Anſehung der Form, der Einkleidung, des Titels ſeines Buchs, nach dem Ge¬ U 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/333
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/333>, abgerufen am 21.11.2024.