Manne Freude gewähren. Wer mir daher einen schönen Vogel in einem Bauer schenken will, dem kann ich vorhersagen, daß das einzige Vergnügen, welches er mir dadurch verschaffen kann, das seyn wird, sein Baur zu öfnen, und das arme Thier aus der Sclaverei in Gottes freye Luft hinausfliegen zu lassen; Auch ist eine Menagerie, in welcher wilde Thiere mit großen Kosten in kleinen Verschlägen aufbewahrt wer¬ den, meiner Meinung nach, ein sehr ärmlicher Gegenstand der Unterhaltung.
5.
Noch abgeschmackter aber scheint es mir, wenn man sich an einem Vogel ergötzt, der sei¬ nen schönen wilden Gesang hat vergessen müs¬ sen, um vom Morgen bis zu dem Abend die Melodie einer elenden Polonaise zu pfeifen, oder wenn man Geld ausgiebt, um einen Hund zu sehn, den man gelehrt hat, einen Reverenz wie ein Tanzmeister zu machen, und auf den Wink seines Meisters anzudeuten, wie viel schöne Junggesellen in der Versammlung sind.
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Manne Freude gewaͤhren. Wer mir daher einen ſchoͤnen Vogel in einem Bauer ſchenken will, dem kann ich vorherſagen, daß das einzige Vergnuͤgen, welches er mir dadurch verſchaffen kann, das ſeyn wird, ſein Baur zu oͤfnen, und das arme Thier aus der Sclaverei in Gottes freye Luft hinausfliegen zu laſſen; Auch iſt eine Menagerie, in welcher wilde Thiere mit großen Koſten in kleinen Verſchlaͤgen aufbewahrt wer¬ den, meiner Meinung nach, ein ſehr aͤrmlicher Gegenſtand der Unterhaltung.
5.
Noch abgeſchmackter aber ſcheint es mir, wenn man ſich an einem Vogel ergoͤtzt, der ſei¬ nen ſchoͤnen wilden Geſang hat vergeſſen muͤſ¬ ſen, um vom Morgen bis zu dem Abend die Melodie einer elenden Polonaiſe zu pfeifen, oder wenn man Geld ausgiebt, um einen Hund zu ſehn, den man gelehrt hat, einen Reverenz wie ein Tanzmeiſter zu machen, und auf den Wink ſeines Meiſters anzudeuten, wie viel ſchoͤne Junggeſellen in der Verſammlung ſind.
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Manne Freude gewaͤhren. Wer mir daher
einen ſchoͤnen Vogel in einem Bauer ſchenken
will, dem kann ich vorherſagen, daß das einzige
Vergnuͤgen, welches er mir dadurch verſchaffen
kann, das ſeyn wird, ſein Baur zu oͤfnen, und
das arme Thier aus der Sclaverei in Gottes
freye Luft hinausfliegen zu laſſen; Auch iſt eine
Menagerie, in welcher wilde Thiere mit großen
Koſten in kleinen Verſchlaͤgen aufbewahrt wer¬
den, meiner Meinung nach, ein ſehr aͤrmlicher
Gegenſtand der Unterhaltung.
5.
Noch abgeſchmackter aber ſcheint es mir,
wenn man ſich an einem Vogel ergoͤtzt, der ſei¬
nen ſchoͤnen wilden Geſang hat vergeſſen muͤſ¬
ſen, um vom Morgen bis zu dem Abend die
Melodie einer elenden Polonaiſe zu pfeifen, oder
wenn man Geld ausgiebt, um einen Hund zu
ſehn, den man gelehrt hat, einen Reverenz wie
ein Tanzmeiſter zu machen, und auf den Wink
ſeines Meiſters anzudeuten, wie viel ſchoͤne
Junggeſellen in der Verſammlung ſind.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/320>, abgerufen am 21.11.2024.
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