debauches mehrentheils die glänzendste Rolle spielen, und in manchen, besonders männlichen Cirkeln, die Unterhaltung auf Zoten und Zwey¬ deutigkeiten hinausgehn, wodurch die Phantasie junger Leute erhitzt, mit schlüpfrigen Bildern erfüllt, und die Corruption weiter ausgebreitet wird. Zu diesem allgemeinen Verderbnisse der Sitten, zu Unterdrückung, vielleicht gar zu Ver¬ achtung der Keuschheit, Nüchternheit, Mäßig¬ keit und Schamhaftigkeit darf kein redlicher Mann auch nur das Mindeste beytragen. Er muß vielmehr, so viel an ihm ist, ohne Ansehn der Person, sein Misfallen daran bestimmt zu erkennen geben, und, wenn er Menschen, die auf dem Wege des Lasters wandeln, durch freund¬ schaftliche Warnung und Hinlenkung ihrer Thä¬ tigkeit auf würdigere Gegenstände, nicht bessern kann, ihnen wenigstens zeigen, daß er den Sinn für Reinigkeit und Tugend nicht verlohren habe, und daß in seiner Gegenwart die Unschuld re¬ spectirt werden müsse.
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Einen ganz eignen Abschnitt verdienen die Enthusiasten, überspannten, romanhaf¬
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débauchés mehrentheils die glaͤnzendſte Rolle ſpielen, und in manchen, beſonders maͤnnlichen Cirkeln, die Unterhaltung auf Zoten und Zwey¬ deutigkeiten hinausgehn, wodurch die Phantaſie junger Leute erhitzt, mit ſchluͤpfrigen Bildern erfuͤllt, und die Corruption weiter ausgebreitet wird. Zu dieſem allgemeinen Verderbniſſe der Sitten, zu Unterdruͤckung, vielleicht gar zu Ver¬ achtung der Keuſchheit, Nuͤchternheit, Maͤßig¬ keit und Schamhaftigkeit darf kein redlicher Mann auch nur das Mindeſte beytragen. Er muß vielmehr, ſo viel an ihm iſt, ohne Anſehn der Perſon, ſein Misfallen daran beſtimmt zu erkennen geben, und, wenn er Menſchen, die auf dem Wege des Laſters wandeln, durch freund¬ ſchaftliche Warnung und Hinlenkung ihrer Thaͤ¬ tigkeit auf wuͤrdigere Gegenſtaͤnde, nicht beſſern kann, ihnen wenigſtens zeigen, daß er den Sinn fuͤr Reinigkeit und Tugend nicht verlohren habe, und daß in ſeiner Gegenwart die Unſchuld re¬ ſpectirt werden muͤſſe.
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Einen ganz eignen Abſchnitt verdienen die Enthuſiaſten, uͤberſpannten, romanhaf¬
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débauchés mehrentheils die glaͤnzendſte Rolle
ſpielen, und in manchen, beſonders maͤnnlichen
Cirkeln, die Unterhaltung auf Zoten und Zwey¬
deutigkeiten hinausgehn, wodurch die Phantaſie
junger Leute erhitzt, mit ſchluͤpfrigen Bildern
erfuͤllt, und die Corruption weiter ausgebreitet
wird. Zu dieſem allgemeinen Verderbniſſe der
Sitten, zu Unterdruͤckung, vielleicht gar zu Ver¬
achtung der Keuſchheit, Nuͤchternheit, Maͤßig¬
keit und Schamhaftigkeit darf kein redlicher
Mann auch nur das Mindeſte beytragen. Er
muß vielmehr, ſo viel an ihm iſt, ohne Anſehn
der Perſon, ſein Misfallen daran beſtimmt zu
erkennen geben, und, wenn er Menſchen, die auf
dem Wege des Laſters wandeln, durch freund¬
ſchaftliche Warnung und Hinlenkung ihrer Thaͤ¬
tigkeit auf wuͤrdigere Gegenſtaͤnde, nicht beſſern
kann, ihnen wenigſtens zeigen, daß er den Sinn
fuͤr Reinigkeit und Tugend nicht verlohren habe,
und daß in ſeiner Gegenwart die Unſchuld re¬
ſpectirt werden muͤſſe.
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/281>, abgerufen am 21.12.2024.
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