nicht, daß wir Alle unsre Schwachheiten haben, die man brüderlich ertragen muß!
Leute, die etwas darinn suchen, sich durch ihr Betragen in unwesentlichen Dingen von An¬ dern zu unterscheiden; nicht eigentlich aus Ue¬ berzeugung, daß es so besser sey als anders, son¬ dern hauptsächlich darum, weil sie das zu thun vorziehen, was Andre nicht thun; solche Leute nennt man Sonderlinge. Sie sehen es gern, wenn man ihre Weise bemerkt, und ein verstän¬ diger Mann muß in seinem Betragen gegen sie wohl überlegen, ob ihre Bizarrerien von un¬ schädlicher Art, und ob sie Männer sind, die in irgend einer Rücksicht Schonung verdienen, um darnach im Umgange mit ihnen zu verfahren, wie es Vernunft und Duldung fordern.
23.
Dumme Leute, die ihre Schwäche füh¬ len, sich von vernünftigen Menschen leiten las¬ sen, und zwar, einem natürlich gutmüthigen, wohlwollenden, sanften Temperamente gemäß, sich leicht zum Guten und schwer zum Bösen leiten lassen; die sind nicht zu verachten. Es
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nicht, daß wir Alle unſre Schwachheiten haben, die man bruͤderlich ertragen muß!
Leute, die etwas darinn ſuchen, ſich durch ihr Betragen in unweſentlichen Dingen von An¬ dern zu unterſcheiden; nicht eigentlich aus Ue¬ berzeugung, daß es ſo beſſer ſey als anders, ſon¬ dern hauptſaͤchlich darum, weil ſie das zu thun vorziehen, was Andre nicht thun; ſolche Leute nennt man Sonderlinge. Sie ſehen es gern, wenn man ihre Weiſe bemerkt, und ein verſtaͤn¬ diger Mann muß in ſeinem Betragen gegen ſie wohl uͤberlegen, ob ihre Bizarrerien von un¬ ſchaͤdlicher Art, und ob ſie Maͤnner ſind, die in irgend einer Ruͤckſicht Schonung verdienen, um darnach im Umgange mit ihnen zu verfahren, wie es Vernunft und Duldung fordern.
23.
Dumme Leute, die ihre Schwaͤche fuͤh¬ len, ſich von vernuͤnftigen Menſchen leiten laſ¬ ſen, und zwar, einem natuͤrlich gutmuͤthigen, wohlwollenden, ſanften Temperamente gemaͤß, ſich leicht zum Guten und ſchwer zum Boͤſen leiten laſſen; die ſind nicht zu verachten. Es
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nicht, daß wir Alle unſre Schwachheiten haben,
die man bruͤderlich ertragen muß!
Leute, die etwas darinn ſuchen, ſich durch
ihr Betragen in unweſentlichen Dingen von An¬
dern zu unterſcheiden; nicht eigentlich aus Ue¬
berzeugung, daß es ſo beſſer ſey als anders, ſon¬
dern hauptſaͤchlich darum, weil ſie das zu thun
vorziehen, was Andre nicht thun; ſolche Leute
nennt man Sonderlinge. Sie ſehen es gern,
wenn man ihre Weiſe bemerkt, und ein verſtaͤn¬
diger Mann muß in ſeinem Betragen gegen ſie
wohl uͤberlegen, ob ihre Bizarrerien von un¬
ſchaͤdlicher Art, und ob ſie Maͤnner ſind, die in
irgend einer Ruͤckſicht Schonung verdienen, um
darnach im Umgange mit ihnen zu verfahren,
wie es Vernunft und Duldung fordern.
23.
Dumme Leute, die ihre Schwaͤche fuͤh¬
len, ſich von vernuͤnftigen Menſchen leiten laſ¬
ſen, und zwar, einem natuͤrlich gutmuͤthigen,
wohlwollenden, ſanften Temperamente gemaͤß,
ſich leicht zum Guten und ſchwer zum Boͤſen
leiten laſſen; die ſind nicht zu verachten. Es
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/270>, abgerufen am 21.12.2024.
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